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Schiri erscheint nichtTrotz Fair Play kochen beim Derby in Euskirchen die Emotionen hoch

Lesezeit 4 Minuten
Klaus Dietsch steht am Spielfeldrand.

Stotzheims Trainer Klaus Dietsch (M.) erhielt von Trainern der JSG Kirchheim/Arloff/Flamersheim viel Lob für seine Entscheidung, eine Rote Karte für die JSG zurücknehmen zu lassen.

Durch die Intervention von Klaus Dietsch wird eine frühe Rote Karte zurückgenommen. Der Trainer wird für seine Aktion vom Gegner gelobt.

Fair Play und Fußball müssen sich nicht ausschließen. Der lebende Beweis: Klaus Dietsch, B-Junioren-Trainer bei Schwarz-Weiß Stotzheim.

Das Derby gegen die JSG Kirchheim/Arloff/Flamersheim ist gerade einmal fünf Minuten alt, da muss der Unparteiische eine möglicherweise spielentscheidende Entscheidung treffen. Rot wegen Notbremse? Der Mann an der Pfeife, Christopher Bellstädt, ist vieles. Er ist im erweiterten Trainerstab der JSG. Er ist Vater eines JSG-Spielers. Aber er ist eigentlich kein Schiedsrichter.

Kein Spiel darf ausfallen: Laie muss als Schiedsrichter einspringen

Weil der angesetzte Unparteiische nicht kommt, pfeift „Belle“. So geben es die Regeln des Fußballverbands Mittelrhein her. Demnach darf kein Spiel ausfallen. Zuerst wird der Gast gefragt, ob jemand pfeifen möchte, dann die Heimmannschaft.

Bellstädt muss nach eben jenen fünf Minuten einem Akteur der Gäste, also „seiner“ Mannschaft, die Rote Karte zeigen. „Für mich war das ein klarer Platzverweis wegen Notbremse“, sagt Bellstädt. JSG-Trainer Stephan Dürholt sieht es genauso. „In der Bundesliga würde man auch Rot dafür bekommen. Eine harte, aber völlig vertretbare Entscheidung“, so Dürholt.

Nur der Coach der Gastgeber, Klaus Dietsch, relativiert die Situation: „Es war ein Laufduell. Beide stolpern. Da tut es auch eine fünfminütige Zeitstrafe“, so Dietsch. Zudem sei noch so viel Restspielzeit übrig gewesen. Bellstädt sagt, er habe von der Möglichkeit der Zeitstrafe nichts gewusst.

Klaus hat allein dafür einen Fair-Play-Preis verdient.
JSG-Trainer Stephan Dürholt

Nach einem Gespräch mit beiden Trainern nahm der Unparteiische die Rote Karte zurück. Es ging weiter mit Elf gegen Elf. „Klaus hat allein dafür einen Fair-Play-Preis verdient“, sagt Dürholt. Die Aktion von Dietsch erhält eine zusätzliche Note: Die Dürholt-Schützlinge, die eigentlich nur noch zu zehnt auf dem Platz sein dürften, erzielen in der Nachspielzeit den 3:3-Ausgleich.

Viel Frust bei den Schwarz-Weißen über späten Ausgleich

Während die JSG jubelt, ist der Frust aufseiten der Schwarz-Weißen groß, vor allem bei Eltern und Spielern. Die geben vor allem Trainer Dietsch die Schuld am Remis. „Ich habe abends lange mit Klaus telefoniert. Er hatte sogar kurz überlegt, die Brocken hinzuwerfen“, sagt JSG-Coach Dürholt.

Der Trainer der Schwarz-Weißen relativiert: „Da waren viele Emotionen im Spiel – im wahrsten Sinne. Das gehört zum Sport einfach dazu.“ Natürlich habe er sich Vorwürfe anhören müssen. Aber wer kassiert schon gerne den Ausgleich in der Schlussminute, fragt Dietsch rhetorisch. Es gebe aber Dinge, die größer, wichtiger seien als Fußball.

„Weil ich die Jungs einfach liebe“ – Dietsch will Trainer bleiben

Er bleibe auf jeden Fall Trainer bei den Schwarz-Weißen, weil „ich die Jungs einfach liebe“. Dietsch hat mit seiner Mannschaft schon die eine oder andere Hürde zu meistern gehabt. Begonnen haben seine Schützlinge und er bei der JSG Erft. Dann ging es als Komplettpaket zum SC Roitzheim, weil die Mannschaft jahrelang im Schatten von Kevin Greuels Mannschaft stand.

Der Wechsel nach Roitzheim war ein Volltreffer. Schließlich zog man sofort ins Finale des Kreispokals ein – und traf dort auf die Mannschaft von Kevin Greuel, gegen die man deutlich den Kürzeren zog. Und das in einem Jahr, in dem die Flut die sportliche Heimat in Roitzheim komplett zerstörte. Zwischen den sportlichen Welten hängend, zog die Mannschaft weiter nach Stotzheim, wo man nun in der Kreissonderliga kickt und möglichst um den Aufstieg in die Bezirksliga spielen möchte. „Das Ziel ist klar ausgegeben, und daran ändert auch ein Remis zum Auftakt nichts“, sagt der SW-Übungsleiter.

Was sich manche Eltern erlauben, ist schon frech und demotivierend.
Christopher Bellstädt, Trainerstab JSG

Und was sagt der Schiedsrichter? Der überlegt sich, ob er beim nächsten Mal nicht einfach Trainer und Vater bleibt. „Nicht wegen der Übungsleiter, sondern wegen der ganzen Knallköpfe am Seitenrand. Was sich manche Eltern erlauben, ist schon frech und demotivierend“, sagt Bellstädt.

Zumal er nach der Rücknahme der Roten Karte gesagt haben will: „Ich mache das gerne, will dann aber später keinen Strick daraus gedreht bekommen.“ Und genau das sei passiert, als der zwischenzeitliche Ausgleich zum 2:2 durch einen Spieler der JSG strittig wegen einer möglichen Abseitsposition gefallen war. „Für mich war das kein Abseits“, erzählt Bellstädt. SW-Trainer Dietsch sah das anders: „Das waren vielleicht zwei Meter.“

Fair Play lässt die Emotionen hochkochen

Entsprechend seien Rufe aus Richtung der Stotzheimer laut geworden nach dem Motto: „Wir haben Fair Play gespielt, also könnte doch nun bitte auch die JSG fair sein und das Tor zurücknehmen.“

„Das geht gar nicht. Ich entscheide für mich nach bestem Wissen und Gewissen. Und dann das?“, ärgert sich Bellstädt, dem das Spiel – wie wahrscheinlich allen Beteiligten – noch länger in Erinnerung bleiben dürfte.

Ein Spieler, der früher für die JSG aufgelaufen ist, nun aber für die Schwarz-Weißen kickt, sei ihn aus den Emotionen heraus verbal angegangen. „Er hat sich aber per Whatsapp über meinen Sohn dafür entschuldigt. Das zeigt Größe“, so Bellstädt.