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Krieg in der UkraineDetlef Seif: „Putin ist ein Staatsverbrecher“

Lesezeit 4 Minuten
Ukraine_Hilfsgruppe

Die Kinderstation im Tschernobyl-Hospital im ukrainischen  Lviv wurde mithilfe der Hilfsgruppe Eifel um Willi Greuel (M.) und Kurt Engels (r.) 2004 erneuert. Foto: Reiner Züll

Kreis Euskirchen – Über Nacht hat der Krieg Themen wie Corona und Karneval in den Hintergrund gedrängt. Die Redaktion hat Reaktionen von Menschen und Einrichtungen aus dem Kreis zusammengetragen.

Reaktionen aus dem Kreis Euskirchen

Die Hilfsgruppe Eifel

Bei der Hilfsgruppe Eifel ist man bestürzt über den Einmarsch des russischen Militärs in die Ukraine. „Wenn man die Nachrichten sieht, kann einem flau werden“, sagt Vorsitzender Willi Greuel.

2003 und 2004 hat die Hilfsgruppe in der Ukraine einige Projekte realisiert. Im Gegenzug haben Ärzte einer Klinik in Truskawetz kranken Kindern aus der Eifel geholfen. Dr. Wolodymyr Koziavkin etwa hat dort zwei Kinder aus der Gemeinde Nettersheim mit frühkindlichen Gehirnschäden erfolgreich behandelt. In der Folgezeit schickte die Hilfsgruppe weitere Kinder zu dem Neurologen, der Chefarzt und Direktor des Reha-Zentrums „Elita“ in Lviv war und später das Reha-Zentrum in Truskawetz gründete. Über ihn haben Mitglieder der Hilfsgruppe von unhaltbaren Zuständen in der Kinderklinik des Tschernobyl-Hospitals in Lviv erfahren.

Willi Greuel und seine Mitstreiter schauten sich diese Klinik an und entschieden schnell, ein ursprünglich geplantes Projekt fallen zu lassen und sich stattdessen der maroden Kinderstation des Hospitals in Lviv zu widmen. Rund 200000 Euro investierte die Hilfsgruppe für die Kompletterneuerung. „Wir wollten ein Zeichen setzen“, sagt Greuel dazu. Auch wenn die Hilfsgruppe heute keine Kontakte mehr dorthin hat, hofft man nun, dass diese Hilfe nicht umsonst war und das Land nicht in Kriegswirren versinkt. (rha/sü)

Die Wirtschaft

Nur einige wenige Unternehmen aus dem Kreis haben enge wirtschaftliche Beziehungen ins Krisengebiet. Die in Euskirchen ansässigen Weltkonzerne Nestlé Purina, Procter & Gamble und Miele sind mit Niederlassungen oder Tochterfirmen in Russland oder der Ukraine vertreten.

„Bitte haben Sie Verständnis, dass wir aktuell mögliche Auswirkungen auf unseren Standort in Euskirchen noch nicht kommentieren“, sagte Alexander Antonoff, Sprecher der Nestlé Deutschland AG. Paul Berners, Geschäftsführer der gleichnamigen Spedition aus Obergartzem, ist froh, dass keiner seiner Fahrer in der Krisenregion unterwegs ist: „Wir sind international zum Glück meist nur im EU-Raum tätig.“ Christof Gladow, stellvertretender Leiter der Kreis-Wirtschaftsförderung, weist auf eine für den 14. März geplante Veranstaltung der IHK Aachen hin. Dabei geht es um zu erwartende Einschränkungen bei Handelsbeziehungen mit Russland. (thw)

Die Friedrich-Joseph-Haass-Gesellschaft

Die Friedrich-Joseph-Haass-Gesellschaft aus Bad Münstereifel unterstützt seit Jahren Hilfsprojekte in der Ukraine. „Ich habe versucht, Kontakt nach Odessa zu bekommen, aber das ist im Augenblick schwierig“, so Vorsitzender Wilhelm Stein. Zuletzt habe man vor zwei bis drei Wochen Kontakt gehabt, da sei man in der Ukraine sehr besorgt gewesen, habe aber das Wort Krieg nicht in den Mund nehmen wollen. Ex-Bürgermeister Armin Ahrendt sagt: „Wir können nicht mehr tun, als auf die Politik zu hoffen.“ Putin könne man nichts mehr glauben. (ets)

Das Lebensmittelgeschäft

Im Mixmarkt in Euskirchen, einem Lebensmittelgeschäft, das Produkte aus Russland und anderen osteuropäischen Ländern verkauft, wollen sich nur wenige Kunden äußern. „Ich hätte nicht gedacht, dass Putin angreift“,so eine Frau aus Kasachstan: „Jetzt beginnen schwere Zeiten, wir hier können daran nichts ändern.“ Ihre Mutter stamme zwar aus der Ukraine, sie selbst habe aber kaum Kontakte dorthin. Eine andere Kasachin sagt: „Krieg ist nie gut. Ich glaube aber, dass es schon bald wieder ruhiger wird.“ (ejb)

Markus Ramers (SPD), Landrat

„Die Nachrichten aus der Ukraine sind extrem verstörend und haben mich sehr betroffen gemacht. Ich hätte nicht gedacht, dass Krieg in Europa wieder so nah rückt und dass bestehende und völkerrechtlich anerkannte Grenzen angetastet werden.“ (tom)

Detlef Seif (CDU), Bundestagsabgeordneter

„Wladimir Putin ist ein Staatsverbrecher. Er geht rücksichtslos über das Völkerrecht. Für mich sind das Morde, die dort stattfinden, weil die Kampfhandlungen nicht legitimiert sind. Wir werden sicherlich nicht militärisch reagieren. Wir müssen die Sanktionsspirale aber sehr eng anziehen. Bei Putin kommt der Geheimdienstler durch. Es scheint in ihm drin zu sein, dass er sich nicht so verhalten kann, wie man es von gesitteten Menschen erwarten kann. Ich bin der Meinung, dass wir Waffen in die Ukraine schicken, damit sich die Ukrainer selbst verteidigen können.“ (tom)

Dagmar Andres (SPD), MdB

„Ich bin fassungslos. Die Lage ist außerordentlich besorgniserregend, dennoch war es richtig, dass Deutschland den diplomatischen Weg gegangen ist und weiterhin gehen wird. Der Kriegsverbrecher Putin hat mit diesem völkerrechtswidrigen Krieg die europäische Sicherheitsordnung auf den Kopf gestellt. Dieser Krieg wird die Zukunft mehrerer Generationen stark beeinflussen, selbst wenn er nicht über die Ukraine hinausgehen sollte.“ (tom)

Markus Herbrand (FDP), MdB

„Der Angriff kann nur auf das allerschärfste verurteilt werden. Russland bricht auf eklatante Art und Weise Völkerrecht und Verträge. Alles, was der russische Präsident Wladimir Putin als Begründung vorbringt, sind fadenscheinige Vorwände, denn Russland ist in keiner Weise durch die Ukrainer provoziert worden. Es ist schwierig, in diesen Zeiten an ökonomische Sachverhalte zu denken. Mir scheinen aber harte wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen unausweichlich. Dennoch muss die Diplomatie am Laufen bleiben.“ (tom)