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Nachhaltig einkaufenErster Unverpacktladen im Kreis Euskirchen hat eröffnet

Lesezeit 4 Minuten
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Im „Haferflöckchen“ können Kunden ohne Müll einkaufen.

Mechernich – Vor dem kleinen Laden bildet sich eine Schlange. Bei fünf Grad und Regen warten Kundinnen und Kunden geduldig darauf, dass im Geschäft die Menschen ihre Gläser wiegen, befüllen und bezahlen.

Es ist Dienstagnachmittag. Der neue Unverpacktladen an der Bahnstraße 24 in Mechernich hat den zweiten Tag geöffnet und die Menschen kommen sogar aus Schmidtheim, um möglichst müllfrei einkaufen zu gehen, sagen die Inhaber Mike und Felicitas Bauernschmidt. Eigentlich wollten sie den Laden bereits Ende vergangenen Jahres eröffnen, doch die Handwerker zu bekommen sei gar nicht so einfach gewesen, erzählen die Inhaber.

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Die Inhaber Felicitas und Mike Bauernschmidt.

Auch ich habe einige Gläser zum Einkaufen dabei. Bevor es losgeht, wiege ich die Gläser einzeln und schreibe ihr Leergewicht auf den Deckel. So kann später an der Kasse das Gewicht des Glases abgezogen werden und ich bezahle nur den Inhalt. Auf meinem Einkaufszettel stehen grobe Haferflocken, Dinkel-Crunchy und Mandeln. Viele der Lebensmittel sind in hohen Behältern abgefüllt, bei denen ich einfach mein Glas drunter halten kann. Durch das Drücken eines Hebels fallen die Lebensmittel dann in das Glas.

Im „Haferflöckchen“ gibt es Öle, Puddingpulver und Gemüsebrühe unverpackt

Neben den typischen trockenen Lebensmitteln wie Nudeln, Reis und Haferflocken gibt es im „Haferflöckchen“ auch Speiseöle, trockene Gemüsebrühe, Puddingpulver, verschiedene Mehlsorten und eine ganze Reihe an Süßigkeiten. In einem Kühlschrank steht Milch in Glasflaschen. Viele Produkte gibt es auch in einer glutenfreien oder veganen Variante.

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Neben trockenen Zutaten können Kunden auch Öle einkaufen. Ab kommender Woche wird es auch ein „Nussmus der Woche“ geben.

„Unser Hauptkriterium ist, dass es schmeckt“, sagt Mike Bauernschmidt. Warum dann nicht auf eine vegane Variante umstellen, wenn es geschmacklich keinen Unterschied gebe, so Mike Bauernschmidt. „Vegane Haushalte sind vom Angebot schon ganz überrascht gewesen.“ Auf Nachfrage dürfen Kunden ihnen unbekannte Produkte auch probieren.

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Das Prinzip ist kinderleicht: Wiegen, abfüllen, bezahlen.

Neben dem Geschmack der Produkte ist Familie Bauernschmidt auch wichtig, dass sie aus der Region kommen: „Unser Getreide kommt aus Zülpich und Nettersheim, den Kaffee bekommen wir von einer Rösterei 200 Meter weiter.“ Bald soll eine Getreidemühle aufgestellt werden, damit die Kunden ihr Mehl selbst mahlen können. Und ab kommender Woche sei ein „Nussmus der Woche“ geplant, verrät Felicitas Bauernschmidt. „Darauf haben wir in der Einführungswoche bewusst verzichtet, um nicht zu viel anzubieten.“ Doch dann soll das Mus direkt für die Kunden gemacht werden. „Wir lassen uns jede Woche ein neues Mus einfallen. Mal Mandelmus, mal Erdnussmus. Wir haben im Vorfeld experimentiert und ein Mus aus Cashewkernen, Kokos und Ananas gemacht. Das schmeckt wie Piña colada“, sagt Felicitas Bauernschmidt lachend.

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Spaghetti und Lasagneplatten können mit Handschuhen entnommen werden. Für den Rest gibt es Löffel, Zangen und kleine Schaufeln, die nach jedem benutzen gereinigt werden.

Zero-Waste-Artikel in Mechernich erhältlich

Neben Lebensmitteln gibt es auch eine große Auswahl an Zero-Waste-Artikeln wie fester Zahnpasta, Shampoo, Spülmittel oder Vaxtücher. Waschmittel sei schon bestellt, so Bauernschmidts. Da brauche der Lieferant derzeit länger. Die Kunden begrüßen das Konzept: „Ich kenne es nur vom Lesen und Hören aus Großstädten“, sagt eine Kundin, „finde das Konzept toll. Man kann mal in kleinen Mengen etwas ausprobieren.“

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Die Lebensmittel werden direkt in die mitgebrachten Gläser gefüllt.

Viele waren an diesem Abend zum ersten Mal in einem Unverpacktladen. Das bestätigte die Umfrage, die die Bauernschmidts auf ihrem Instagramkanal einige Tage vor der Eröffnung gemacht haben: „Etwa 75 Prozent der Teilnehmer kannten das Konzept nicht“, so Mike Bauernschmidt.

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Aus diesem Grund nehmen sich die Inhaber besonders zu Beginn die Zeit, um jeden Kunden zu begrüßen und das Konzept zu erklären. „Es gibt ein paar Dinge zu beachten, besonders in Sachen Hygiene. Aber eigentlich ist es kinderleicht“, sagt Mike Bauernschmidt. Wichtig sei nur, die Waren ausschließlich mit den bereitgestellten Schaufeln, Zangen oder Handschuhen anzufassen und für jede Sorte ein neues Besteck zu nehmen. Das benutzte Besteck sammeln Bauernschmidts ein und reinigen es.

Meinen Einkauf bezahle ich zum Schluss an der Kasse – insgesamt nur ein wenig mehr als im Supermarkt. Dafür aber ohne Müll und so gut es geht regional.

Die Eröffnungswoche läuft noch bis Samstag, 5. Februar. Hier kommen Sie zur Instagram-Seite des „Haferflöckchens“.

Unverpacktladen in Euskirchen soll bald eröffnen

Auch in Euskirchen soll es bald einen Unverpacktladen geben. Eröffnen wird ihn Emrah Salihi an der Neustraße 5 – dort, wo über Jahrzehnte Foto Regh beheimatet war.

Finanziell unter die Arme greift die Stadt Jung-Unternehmer Salihi mithilfe eines Landes-Sofortprogramms. Und auch der Vermieter spielt mit. Bis der Laden eröffnen wird, werden aber noch Wochen vergehen. (tom)