Teilstationäre TherapiePsychiatrische Tagesklinik in Mechernich ist eröffnet
Mechernich – Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch in seinem Leben psychisch erkrankt, liegt laut Studien der Krankenkassen bei 25 Prozent. „Das bedeutet, dass jeder Vierte mindestens einmal in seinem Leben einer psychologischen Behandlung bedarf“, sagte Landrat Markus Ramers, als am Freitag die Psychiatrische Tagesklinik des Marien-Hospitals Euskirchen am Standort Mechernich eröffnet wurde.
Unterversorgung im Südkreis
Trotz dieses hohen Bedarfs habe es im Kreis Euskirchen aber lange eine Versorgungslücke gegeben. Bisher konnten psychisch erkrankte Menschen teilstationär nur in der Tagesklinik des Marien-Hospitals in Euskirchen und in der Fachklinik Marienborn in Zülpich versorgt werden.
„Im Südkreis hingegen gab es lange Zeit eine psychiatrische Unterversorgung“, sagte der Geschäftsführer der neuen Tagesklinik, Andreas Schultz. Thomas Hambach, Erster Beigeordneter der Stadt Mechernich, schloss sich an: Bei einer Bedarfsanalyse sei die Unterversorgung des Südkreises festgestellt worden.
Patienten hätten bisher erhebliche Wege in Kauf nehmen müssen, um zu ihrem Behandlungsort zu gelangen. Um diese Versorgungslücke zu schließen, entstand die neue Tagesklinik. Die Bauzeit betrug 18 Monate. „Pünktlich zum 25. Jubiläum der Euskirchener Klinik“, so Dr. Dirk Arenz, Chefarzt für Klinische Psychiatrie und Psychotherapie. Die Pläne für die neue Einrichtung hatten Arenz zufolge schon seit 2015 in der Schublade gelegen. Sieben Jahre habe die Planung in Anspruch genommen.
Teilstationäre Behandlung
Die Einrichtung bietet 20 Plätze zur teilstationären Behandlung. Von dem Angebot der Tageskliniken in Euskirchen und Mechernich profitierten all diejenigen, die keine vollstationäre Behandlung benötigten, denen aber eine ambulante Psychotherapie für eine vollständige Genesung nicht ausreiche, so Arenz.
Der Schwerpunkt beider Kliniken liege in der lösungsorientierten und bedarfsgerechten Behandlung von Patienten mit psychischen Erkrankungen. Dies seien unter anderem Depressionen, Angsterkrankungen, Ess- oder posttraumatische Belastungsstörungen.
Mehr psychische Erkrankungen
Der Chefarzt: „Die Anzahl derjenigen, die unter einer psychischen Erkrankung leiden, ist in den vergangenen Jahren gestiegen.“ Für ihn stelle sich aber auch die Frage, ob wirklich mehr Menschen an diesen Erkrankungen litten oder ob es in der Gesellschaft einfach eine größere Bereitschaft gebe, darüber auch zu sprechen. Eng damit verbunden: „Die Menschen haben mehr Mut, sich Hilfe zu suchen.“
Wo aber mehr Menschen den Mut dazu aufbringen, sich Hilfe zu suchen, muss auch das Hilfsangebot ausgebaut werden. Ramers sagte: „Wenn jemand im Kreis feststellt, dass er eine psychische Erkrankung hat und zum Schluss kommt, dass er eine Therapie braucht, können Wartezeiten von sechs bis zwölf Monaten anstehen – für die zum Teil lebenswichtige Behandlung.“
Katastrophensituationen
Der Landrat gab weiterhin zu bedenken, dass auch die Coronapandemie, während der Menschen ihren Job verloren haben oder in ihren Wohnungen vereinsamten, genauso wie der Kriegsausbruch und die damit verbundene Gaskrise ins Kontor schlagen. Im Kreis kommen auch noch Verluste durch das Hochwasser hinzu.
Ramers betonte: „Wir brauchen eine Betreuung, die über die Notfallversorgung hinausgeht.“ Und der Standort Mechernich sei auf eine langfristige und bedarfsgerechte Therapie angelegt: zeitgemäße Architektur, helles Holz und Skulpturen von Marti Faber im Eingangsbereich.
Ramers: „Allein die ersten Meter auf dem Gelände wirken auf mich nicht wie eine Klinik.“ Es gibt Fitnessgeräte, eine Sporthalle, einen Ergotherapieraum zum kreativen Werken und meditativen Malen. „Hier kann man sehen, dass Therapie eben nicht nur auf dem Sofa stattfindet, das wir alle kennen“, sagte Ramers.
Therapeutisches Angebot
Der Ergotherapieraum ist teilbar, so dass die Betreuung in Gruppen oder einzeln stattfinden kann. Die Psychologin Samantha Hansmann erklärte: „Wir wissen, dass nicht alles für jeden funktioniert. Wir wollen hier gezielt herausfinden, welche individuellen Behandlungsmöglichkeiten für welche Patienten wirksam und hilfreich sind.“
Und die Behandlungsmöglichkeiten sind vielfältig. Es gibt unter anderem Tanztherapie, Achtsamkeits- und Stressbewältigungsgruppen. „Es kann auch mal passieren, dass wir in einer größeren Gruppe über die Flut sprechen.“ Das helfe zu begreifen, was passiert sei und dass man nicht allein ist, so die Psychologin. „Die Klinik wird aus Patientensicht gedacht“, sagte Schulz zu diesem Ansatz.