AboAbonnieren

BundeswehrEin Soldat aus Mechernich erzählt: So ist Weihnachten im Auslandseinsatz

Lesezeit 6 Minuten
Hauptmann Nadine L. nimmt ein Geschenk, das in rotes Papier verpackt ist, und steckt es in ein Paket. Eine Zivil-Beschäftigte der Bundeswehr hält die Kiste auf.

Hauptmann Nadine L. (in Uniform) packt mit an und ein: Auch ihr Mann wird eines der Päckchen bekommen.

3200 Pakete werden in Mechernich verpackt. Ein Soldat berichtet, was es bedeutet, ein solches Präsent im Camp fern der Heimat zu erhalten.

Es ist nicht zu übersehen, dass Sarah hier gerne mit anpackt. „Klar bin ich dabei“, sagt die Zivilbeschäftigte der Bundeswehr in Mechernich, während sie gerade ein Paket zuklebt. Wie sie das macht, das sieht schon sehr gekonnt aus.

Kein Wunder, denn bereits seit Anfang des Monats packen sie und ihre Mitstreiter die Weihnachtspäckchen für die Soldatinnen und Soldaten, die sich an den Festtagen bei Einsätzen und einsatzähnlichen Missionen im Ausland befinden. Jeder Griff sitzt, rasch geht es zu. Denn die Geschenke sollen schließlich rechtzeitig ankommen. Sarah ist schon im vierten Jahr dabei.

Die Beteiligten haben sich um einige aufgestapelte Pakete aufgestellt.

Mit viel Herzblut beteiligen sich die zivilen und uniformierten Bundeswehrangehörigen an der Weihnachtspaket-Aktion – sehr zur Freude der Leiterin des Materiallagers, Hauptmann Nadine L. (l.) und des Standortältesten Oberstleutnant Jochen Schnabel (r.)

3200 Päckchen werden im Bundeswehrdepot West in Mechernich gefüllt, reisefertig verpackt und dann für ihren Abtransport vorbereitet, damit sie zu den Schiffen, Flugzeugen oder Transportern gebracht werden können. Die Lkw stehen an der Laderampe. Seit 2016 findet die Aktion in Mechernich statt. Von hier gehen alle Weihnachtspakete für die Soldaten der Bundeswehr im Ausland auf den Weg.

Demnächst werden noch 15 Weihnachtsbäume von hier aus abgeschickt – „kurz vor knapp“, wie ein Mitarbeiter erklärt. Sie sollen ja an Heiligabend nicht schon nadeln. „Es ist immer wieder eine Freude“, sagt Sarah über ihre Arbeit, „weil es eine Abwechslung ist und wir den Soldaten zeigen, dass wir an sie denken und dass sie auch im Einsatz nicht vergessen werden.“

Mechernich: 3200 Pakete für Bundeswehr-Angehörige werden verpackt

Genau das ist auch das Gefühl, das Oberstleutnant Jochen Schnabel vor einem Jahr erlebt hat. Der Standortälteste am Standort Mechernich leistete 2023 einen viereinhalbmonatigen Dienst im Einsatzgebiet Jordanien und Irak, in den auch die Weihnachtsfeiertage fielen.

„Das ist einfach toll“, beschreibt er das Gefühl, das ihn ergriffen habe, als er das Paket aus Mechernich in den Händen gehalten habe: „Wenn Sie einen Brief oder ein Paket von Zuhause bekommen, ist es einfach ein schönes Gefühl, denn Sie wissen, dass da jemand an Sie denkt.“

Eine Zivil-Beschäftigte schnappt sich ein Paket mit Saft, um den Inhalt in die Präsente zu stecken. Der Stollen liegt auch schon bereit.

Die Zivil-Beschäftigten der Bundeswehr packen begeistert mit an und ein.

Das gelte natürlich besonders für die Familie, aber auch für den Dienstherrn, den Bundeswehrverband oder das Bundeswehrsozialwerk. In diesem Moment seien dann auch alle gleich – unabhängig vom Dienstgrad, erklärt Schnabel, der als stellvertretender Kontingentführer in Jordanien Dienst tat: „Jeder bekommt das Paket.“

Auch beim Auslandseinsatz gilt: Bescherung ist erst nach dem Essen

Auch an die, die an Heiligabend Wache schieben müssen, werde gedacht. Die Pakete würden im Camp vom Kontingentführer, seinem Stellvertreter, dem Spieß und dem Militärpfarrer verteilt. „Sie machen dann auch die Runde zu denen, die Wachdienst haben“, so der Oberstleutnant. Denn Auslandseinsätze seien ihm zufolge „ein 24/7-Dienst“, auch wenn bei der Aufteilung natürlich dafür gesorgt werde, dass jeder seine eigene Zeit zum Feiern habe.

Wir haben dann über Video-Call Bescherung gemacht – ich in Jordanien und meine Familie in der Eifel.
Oberstleutnant Jochen Schnabel über seinen Einsatz in Jordanien 2023

Für das Gros der Soldatinnen und Soldaten beginne der Heilige Abend mit einem großen Abendessen schon am Nachmittag, damit noch genügend Zeit bleibe, sodass jeder für sich und per Internet mit den Lieben daheim feiern könne, berichtet Schnabel.

Nach dem Essen sei dann Bescherung, bei der die Päckchen übergeben werden, die gut einen Monat zuvor in Mechernich gefüllt wurden: mit Glühwein, Stollen, einem Schoko-Weihnachtsmann und einem liebevoll verpackten Geschenkpaket mit Schleifen und allem Drum und Dran.

Glühwein, Saft, Stollen und eine Überraschung aus der Heimat

Über dessen Inhalt schweigen sich die Beteiligten in Mechernich allerdings aus. „Es soll ja eine Überraschung für die Soldaten sein“, erklärt eine Bundeswehrbeschäftigte, die seit Jahren mit an- und einpackt.

Auf einem Tisch ist der Inhalt der Pakete aufgestellt.

Vom Schoko-Weihnachtsmann über Stollen, Saft und Glühwein bis hin zum Einsatz-Coin reicht der Inhalt der Geschenkpakete.

So hüllt sich auch der Standortälteste in Schweigen, was das in Weihnachtspapier gehüllte Geschenk angeht. Worüber Schnabel dafür umso lieber spricht, ist der Einsatz-Coin, der sich in jedem der Pakete befindet. Die Medaille mit der Aufschrift „Weihnachten im Einsatz“ und der jeweiligen Jahreszahl ist seit einiger Zeit ein echter Renner unter den Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz oder danach.

„Es drückt Dankbarkeit aus und zeigt das Gefühl der Verbundenheit, besonders durch die Jahreszahl“, erklärt der Oberstleutnant: „Wenn sie sich dann irgendwo wiedersehen, gibt es immer so einen kleinen Coin-Check.“ Jeder zeige dann, wo er wann war – und fortan würden in der Regel Erinnerungen und Erfahrungen ausgetauscht.

Der Einsatz-Coin erfreut sich großer Beliebtheit bei den Soldaten

Doch zurück nach Jordanien, Winter 2023. Als „besinnlich“ beschreibt Schnabel die Atmosphäre an den Feiertagen im Camp. Nach der Bescherung zögen sich dann viele zurück: „Ich habe dann die Geschenke ein wenig drapiert und wir haben dann über Video-Call Bescherung gemacht – ich in Jordanien und meine Familie in der Eifel.“

Klar, dass es einem dann auch ein wenig wehmütig ums Herz werde, gesteht Schnabel. Auch das ein oder andere Tränchen werde verdrückt: „Da nehme ich mich gar nicht aus.“ Aber gerade das Zusammengehörigkeitsgefühl helfe in solchen Situationen – und durch die Pakete aus der Heimat und den Einsatz-Coin werde es verstärkt: „Man spürt, man ist nicht allein.“

Keine Extrawurst für den Mann der Materialdepot-Chefin aus Mechernich

Wird denn aus seiner Sicht in der Heimat die Arbeit der Soldaten im Ausland genügend gewürdigt? „Absolut“, antwortet Schnabel: „Die Wahrnehmung, die wir als Einsatzkontingent hatten, war sehr in Ordnung, weitaus mehr, als ich gedacht hatte.“ Das gelte sowohl für die Bundeswehr als auch für die deutsche Gesellschaft, zeigt sich der Oberstleutnant dankbar.

Unterdessen steckt Hauptmann Nadine L. rot verpackte Geschenke in weitere Kisten. Sie hilft gerne mit beim Verpacken der Präsente – und das aus zwei Gründen. Zum einen ist sie Leiterin des Materiallagers in Mechernich und daher auch sehr erfreut darüber, mit welchem Engagement und Herzblut ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Arbeit sind.

Zum anderen: Eines dieser 3200 Pakete hat einen für sie ganz besonderen Adressaten. „Mein Ehemann befindet sich im Auslandseinsatz“, erzählt sie. Ob sie ihm denn etwas Besonderes ins Päckchen legt? „Nein“, sagt sie, „alle erhalten das Gleiche.“

Sie wisse ja auch gar nicht, welches der 3200 Präsente ihr Mann am 24. Dezember überreicht bekomme. Das persönliche Geschenk verschicke sie mit der Feldpost. Aber auch da wolle sie nicht verraten, was drin sein werde, sagt sie – und fügt mit einem Lachen ehrlich hinzu: „Das weiß ich doch selber noch nicht.“


Durch die Luft, übers Wasser und über die Straße sind die Pakete aus Mechernich unterwegs

3200 Weihnachtspäckchen schickt das Transitzentrum in Mechernich an die 1118 Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr und die einsatzähnlich Beschäftigten. Sie gehen unter anderem nach Litauen, Jordanien, Irak und Zypern.

Fünf Personen erhalten die Pakete auf Paletten, übernehmen vor Ort die Kommissionierung und bringen die Feldpost auf den Weg, heißt es in einer Mitteilung der Bundeswehr. Drei Tage benötigt ein Paket per Straßentransport nach Litauen. Luftpost zum Beispiel nach Jordanien dauere länger, das wird auch vom Logistikzentrum in Wilhelmshaven übernommen.

Eine Hand hält die Schatulle mit dem Einsatz-Coin ins Bild. Auf dem Coin befinden sich zwei Wappen und die Aufschrift „Weihnachten im Einsatz 2024“.

Ein Dankeschön: der Einsatz-Coin für die Soldaten in der Ferne.

Bei den Soldaten scheint die Aktion – im doppelten Sinne – gut anzukommen: „Rückläufe gibt es so gut wie keine“, heißt es in der Mitteilung. Jedes Paket enthält einen Einsatz-Coin mit der jeweiligen Jahreszahl als Dankeschön für die Soldatinnen und Soldaten fern der Heimat. Initiiert und finanziert wird die Aktion vom Bundesministerium der Verteidigung, vom Bundeswehrverband und vom Bundeswehrsozialwerk.