Im Betrieb vom UropaMechernicherin schmiss Studium, um Steinmetzin zu werden
- Beate Simons ist 23 Jahre alt und ist neben der Sekretärin die einzige Frau im Betrieb.
- Ihr Chef ist gleichzeitig ihr Vater. Doch das stört sie nicht.
- Kurz vor Allerheiligen herrscht in der Steinmetzwerkstatt Hochbetrieb.
Mechernich – Vorsichtig klebt Beate Simons eine Folie auf den glatten Stein. Sie schneidet mit einem Messer die Buchstaben und Zahlen darauf aus. Es ist kurz nach 8 Uhr morgens. Simons steht in der Werkstatt und arbeitet an einem Grabstein. In den Regalen an den Wänden liegt überall Werkzeug. Um sie herum stehen noch weitere Grabsteine. In den Steinmetzwerkstätten Simons in Mechernich herrscht Hochbetrieb. Denn am Freitag ist Allerheiligen. Und bis dahin müssen alle Grabsteine fertig sein. „Aber ich denke, wir liegen gut in der Zeit“, erklärt Simons.
Sie betrachtet die ausgeschnittene Schrift auf dem Stein. Der Nachname sitzt nicht mittig. Nach kurzer Absprache mit dem Chef reißt Simons den oberen Teil der Folie wieder vom Stein ab. Den muss sie neu machen.
Simons in Mechernich wird in dritter generation geführt
Simons Chef ist gleichzeitig ihr Vater. Markus Simons ist 53 Jahre alt und Steinmetz-Meister. Er leitet den Betreib zusammen mit seinem Bruder, der sich mehr um das Geschäftliche kümmert. Beide führen den Betrieb in dritter Generation. „Wir sind jetzt kurz vor 100 Jahren“, sagt Markus Simons stolz. Seine Tochter weiß aber noch nicht genau, ob sie den Betrieb einmal übernehmen möchte. Erstmal möchte sie ihren Meister machen – und dann weitersehen.
Inzwischen hat sie den Namen für den Grabstein neu gedruckt und aufgeklebt. Früher habe jeder Steinmetz Namen und Zahlen selbst auf den Grabstein zeichnen und dann aus dem Stein klopfen müssen, erklärt sie. Heute druckt sie die Daten einfach auf eine Folie, klebt sie auf den Stein, trennt die Buchstaben heraus und beschießt den Stein dann mit einem Sandsteinstrahler. So werden Name und Zahlen in den Stein eingraviert. Simons haut dann nur noch Kerben in die Schrift.
Als Steinmetzin allein unter Männern
Die 23-Jährige ist eine von vier Gesellen im Betrieb und neben der Sekretärin die einzige Frau. Nach dem Abitur hat sie zunächst ein BWL-Studium begonnen. „Ich hab’ dann ziemlich schnell festgestellt, dass ich lieber etwas mit den Händen mache“, erzählt sie. Also brach sie das Studium ab. Eine schwere Entscheidung, die sie aber nicht bereut.
Die Beste in NRW
Steinmetzin Beate Simons hat mit ihrem Gesellenstück, einem aus Stein gehauenen Bergmann, sowohl den Kammerwettbewerb der Handwerkskammer Aachen als auch den Landeswettbewerb gewonnen. Damit ist sie für den Bundeswettbewerb in Niedersachsen im November qualifiziert.
Im Landeswettbewerb siegten neben ihr noch zwei weitere Handwerker aus dem Kreis Euskirchen: Estrichleger Jerome Zeyen aus Schleiden und Straßenbauer Elia Luke Kruff aus Kall. Zweiter Landessieger wurde zudem Zerspanungsmechaniker Simon Ossenbroich aus Zülpich. (jre)
Der Grabstein kann nun zum Sandsteinstrahler. Simons befestigt ihn mit Hilfe eines anderen Gesellen. Im Betrieb ist sie als Bildhauerin auch für die künstlerischen Elemente zuständig. Rehe, Blätterranken, Blumen und Sonnen hat sie schon in Grabsteine gehauen. Auf einem Foto zeigt sie ihre bisher einprägsamste Arbeit: Der Stein für ein Kindergrab. In die obere Ecke hat Simons ein Baby auf einer Treppe gemeißelt. Am Ende der Treppe hat sie ein Loch in den Stein geschlagen und eine Glasscheibe eingesetzt. Es sieht so aus, als krabbele das Baby ins Licht. „Das war ein schöner Entwurf, weil er eine Bedeutung hatte“, so Simons.
Bei Kindergräbern muss Steinmetzin aus Mechrnich schlucken
Mit Tod und Trauer wird sie in ihrem Job häufiger konfrontiert, als vermutlich die meisten anderen in ihrem Alter. „Bei Kindergräbern muss ich schon schlucken. Oder, wenn ich bei den Jahreszahlen sehe: Die war genauso alt wie ich“, sagt sie. Aber das sei eben der Job. Außerdem könne sie mit ihrer Arbeit den Trauernden etwas geben: „Es macht die Leute glücklich und hilft ihnen weiter.“ Erst in der vergangenen Woche habe ihr eine Kundin einen selbst gestrickten Schal als Dankeschön geschenkt: „Das ist schöner als jedes Trinkgeld.“
Der Grabstein ist nun fast fertig, es fehlen nur noch die Kanten. Dazu nimmt Simons einen Meißel und steckt ihn auf eine Druckluftpistole. Diese übernimmt das Hämmern. Konzentriert bearbeitet Simons so Buchstabe für Buchstabe.
Nachhaltigkeit auch bei Grabsteinen einThema
Die Steine, die Simons verarbeitet, kommen aus aller Welt. Am liebsten verwendet sie aber heimische Steine, Eifeler Sandstein zum Beispiel. Das sei nachhaltiger. Ein Argument, das auch viele Kunden überzeuge. „Dieser Öko-Trip ist auch bei uns angekommen“, sagt ihr Vater dazu.
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Er führt die Geschäfte seit 25 Jahren und sieht einen Wandel in der Grabsteinkultur. Heute entschieden sich zwar weniger Menschen für ein Grab mit Stein, dafür seien die Wünsche oft spezieller. Das mache die Arbeit für die Steinmetze interessanter. Sorgen um die Zukunft macht er sich keine: „Die meisten Leute kommen irgendwann auf den Friedhof.“ Trotz moderner Bestattungsmöglichkeiten wie Friedwäldern, sei der Friedhof nach wie vor ein wichtiger Ort für viele Menschen.
Nur der Steinmetz-Nachwuchs fehle. Weshalb er froh ist, dass seine Tochter in seine Fußstapfen tritt. Die ist inzwischen mit dem Grabstein fertig. Doch es wartet noch genug andere Arbeit. Schließlich soll bis Freitag alles auf dem Friedhof sein.