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Ehemalige Synagoge in MechernichPolitik setzt sich für den Erhalt einer Mauer ein

Lesezeit 5 Minuten

Setzen sich für eine Instandhaltung des Mauerrestes ein: Nathalie Konias und Sascha Herring.

  1. Autos parken heute da, wo sich einst Menschen zum Gebet versammelten.
  2. Ein Gedenkstein aus den 1980er-Jahren ist alles, was noch an die Mechernicher Synagoge an der Rathergasse erinnert.
  3. Nach den Recherchen von Nathalie Konias und Sascha Herring existiert allerdings noch ein Rest Mauer. Sie setzen sich für die Instandhaltung ein.

Mechernich – Viel ist es nicht mehr: ein Stück Mauer, vielleicht einen Meter breit und aus roten Ziegelsteinen. An einigen Stellen bröckelt es. Im Vorbeifahren fällt der Mauerrest kaum auf. Nicht zuletzt wegen eines Stromkastens, der direkt davorsteht und einen Großteil verdeckt. Einzig eine Erinnerungstafel und eine Laterne deuten darauf hin, dass dieses Stück Mauer möglicherweise nicht irgendein belangloses Gestein ist, sondern ein bedeutsamer Teil der Mechernicher Geschichte.

„Ich danke meinen jüdischen Mitmenschen, für ihr Vertrauen, auch unter schlechtesten Voraussetzungen die gute Saat zu sähen“, steht auf der Tafel. In der Laterne brennt eine Kerze, und auf den Sockel ist eine Menora gemalt – ein siebenarmiger Leuchter. Nach den Recherchen von Nathalie Konias (Grüne) und Sascha Herring (FDP) handelt es sich bei der Mauer um die letzten historischen Reste der einstigen Synagoge Mechernichs an der Rathergasse. Konkret sei die Mauer nicht direkter Teil des Gotteshauses gewesen, sondern eine Art Grundstückseinfriedung, erklärt Herring. Die Gedenktafel und das Licht habe ein Anwohner dort angebracht. Herring ist sich sicher, ohne das Engagement dieses Mechernichers wäre die Mauer längst ganz weg. Denn noch vor wenigen Jahren sei sie deutlich größer gewesen. Bestimmt viereinhalb Meter lang, berichtet Herring. Doch im Zuge eines Neubaus auf dem Grundstück dahinter sei ein Großteil der Mauer verschwunden. Heute befinden sich an der Stelle Parkplätze. Dabei habe er die Stadt noch während der Bauarbeiten auf die historische Bedeutsamkeit der Mauer hingewiesen, sagt Herring.

Würdeloser Umgang

Er und Konias finden diesen Umgang mit den historischen Überresten würdelos. Es gebe kaum Spuren von jüdischem Leben in Mechernich, sagt Herring. „Die wenigen Spuren sollte man mit Respekt behandeln.“ Beide setzen sich deshalb dafür ein, dass der Mauerrest erhalten bleibt und gewürdigt wird. Zusammen mit ihren Parteien und der SPD haben sie deshalb einen entsprechenden Antrag bei der Stadt gestellt. Es gehe ihnen dabei nicht darum, Wahlkampf zu machen, sagen beide. „Eine gewisse Erinnerungskultur steht uns allen gut“, bekundet Konias.

Die Synagoge

Autos parken heute da, wo sich einst Menschen zum Gebet versammelten. Ein Gedenkstein aus den 1980er-Jahren ist alles, was noch an die Mechernicher Synagoge an der Rathergasse erinnert. Das Gotteshaus wurde in der Pogromnacht am 9. November 1938 zerstört. Neben dem Gedenkstein erinnern der 1847 angelegte jüdische Friedhof und die 32 Stolpersteine an das jüdische Leben in der Stadt.

Heute leben keine Juden mehr in Mechernich, weiß Gisela Freier. Über ihr Engagement hat sie Kontakt zu Hinterbliebenen der Juden, die vor dem Nationalsozialismus hier lebten. Sie wohnen in England, USA, Australien und Israel, kommen laut Freier aber ab und zu noch in die Heimat ihrer Vorfahren. (jre)

„Nach der Bebauung der Fläche am Kreisel Rathergasse/Turmhofstraße hatte es die Politik versäumt, und das bezieht uns als Fraktionen mit ein, sich um die Sicherung und den Erhalt der Mauer der ehemaligen Synagoge in Mechernich zu kümmern“, heißt es in dem Antrag. Die Unterzeichner fordern, den Rest der Mauer zu sichern und den Stromkasten davor zu versetzen.

„Selbstverständlich teilt die Verwaltung die Auffassung“, sagt Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick auf Nachfrage. Bereits in den vergangenen Jahrzehnten habe sich die Stadt Mechernich sehr für das Gedenken an die früheren jüdischen Mitbürger eingesetzt. So seien beispielsweise Stolpersteine verlegt worden. Tatsächlich liege das Thema Synagoge schon seit März auf seinem Schreibtisch. Eine Frau habe ihm ein Foto der Synagoge kurz nach der Zerstörung in der Pogromnacht zugeschickt. Eine Besonderheit, denn laut Schick hatte die Stadt so ein Bild bislang nicht. Das Foto soll nun auf eine PVC-Platte gezogen und an dem Standort der ehemaligen Synagoge angebracht werden. Wo genau, das sei noch nicht abschließend geklärt, sagt Schick.

Zunächst die Fakten klären

Was das Stück Mauer angeht, will der Bürgermeister erst noch die Fakten klären. „Für mich hängt vieles davon ab, ob es sich wirklich um ein Stück der Synagoge handelt“, sagt er. Es gebe auch Berichte, dass die Reste der zerstörten Synagoge später ganz entfernt wurden. Danach sei dort ein Baubetrieb ansässig gewesen. Es sei also möglich, dass die Mauer beispielsweise zu diesem Betrieb gehörte. Schick möchte das in Gesprächen mit Zeitzeugen und Experten herausfinden.

Dafür spricht ein amtliches Dokument aus der Zeit des Nationalsozialismus, das Gisela Freier vorliegt. Die ehemalige Hauptschullehrerin hat sich über 15 Jahre in Projekten für die Aufarbeitung und das Gedenken an die jüdische Geschichte der Stadt eingesetzt. Das Dokument sei an die jüdische Gemeinde in Mechernich adressiert, berichtet sie. Darin werde die Gemeinde aufgefordert, alle Reste der zerstörten Synagoge auf eigene Kosten zu beseitigen. Wenn die Juden der Stadt damals der Aufforderung nachkamen, gehört das Stück Mauer höchstwahrscheinlich nicht zur Synagoge.

Wenn das der Fall sei, sei zu überlegen, die Tafel und die Laterne des Anwohners sowie das Foto zu dem bereits existierenden Gedenkstein zu stellen. Sollte sich aber das Gegenteil herausstellen und Herring und Konias recht haben, werde die Stadt den Stromkasten versetzen und die Mauer in Stand setzen, verspricht Schick.

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Vorwürfe, dass bereits vor Jahren auf die Bedeutung der Mauer hingewiesen wurde, will der Bürgermeister nicht gelten lassen. Bislang habe es nach seiner Kenntnis keinen politischen Antrag dazu gegeben, sagt er. Das sei nun zum ersten Mal geschehen. In der Ratssitzung am 18. August wird die Politik über das Thema beraten. Das Stück Mauer zu retten, würde der gesamten Mechernicher Politik gut zu Gesicht stehen, ist Nathalie Konias überzeugt.