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Trotz massiver ProtesteMastställe für Puten dürfen in Wachendorf gebaut werden

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Putenprotest Antweiler

Demonstration gegen geplante Putenmastanlage. 

Wachendorf – Für die Bürgerinitiative gegen die industrielle Massentierhaltung in Wachendorf und Umgebung ist es eine Enttäuschung: Am Donnerstag kippte das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster den Bebauungsplan 111 der Stadt Mechernich. Vorausgegangen war ein Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan, den der Wachendorfer Landwirt Dr. Ulrich Müller von Blumencron gestellt hatte.

Vor sechs Jahren trat der 42-jährige Agrarwissenschaftler mit dem Plan an die Öffentlichkeit, im „Kirchenfeld“ zwischen Antweiler und Wachendorf eine Putenmastanlage mit zwei jeweils 3000 Quadratmeter großen Ställen zu bauen. Das führte in der Bevölkerung zu massiven Protesten und zur Gründung einer Bürgerinitiative, die sich zum Ziel gesetzt hat, von Blumencrons Vorhaben zu verhindern.

Putenmast

Durch die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts könnte Dr. Ulrich Müller von Blumencron jetzt seine beiden geplanten Putenmastställe in Wachendorf bauen.

Der Stadtrat nahm die Bedenken der Bürger ernst und ermunterte die Verwaltung dazu, planungsrechtlich aktiv zu werden. Und so entwickelte Stadtplaner Thomas Schiefer den Bebauungsplan 111, der verhindern sollte, dass die Putenmastställe allzu nahe an der Wohnbebauung errichtet werden.

Eben dieser Bebauungsplan wurde am Donnerstag in Münster für unwirksam erklärt. „Wegen formeller Fehler“, wie die Pressesprecherin des OVG, Dr. Gudrun Dahme, auf Anfrage erklärte. Die Bekanntmachung der Offenlegung des B-Plans sei fehlerhaft gewesen, weil die Stadt darin nicht auf Umweltinformationen hingewiesen habe, die in Form von zwei Gutachten zu multiresistenten Keimen und zur Emission der geplanten Anlagen vorgelegen hätten.

„Die beanstandeten Fehler sind allerdings reparabel“, machte die Pressesprecherin deutlich. Das Gericht hatte den Bebauungsplan inhaltlich nicht bewertet, weil schon die formellen Fehler ausreichten, um eine Unwirksamkeit festzustellen.

„Ich muss das erst mal alles sacken lassen“

Müller von Blumencron war gestern trotz seines Sieges vor Gericht nicht in euphorischer Stimmung. „Ich muss das erst mal alles sacken lassen“, lautete sein Kommentar, als er von dieser Zeitung zu einer Stellungnahme gebeten wurde. Er wollte keine Aussage dazu machen, ob er das Projekt, das immerhin seit mehreren Jahren auf Eis liegt, trotz der Widerstände in Wachendorf und den umliegenden Ortschaften weiterverfolgen will.

Viel Aufwand hatte Stadtplaner Thomas Schiefer in die Aufstellung des Bebauungsplans gesteckt. Dass er damit jetzt in Münster an Formalien scheiterte, wurmt ihn natürlich sehr. Für ihn ist das allerdings kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen: „Wenn die Fraktionen damit einverstanden sind, werden wir die monierten Fehler ausmerzen und mit einer erneuten Offenlage des B-Plans weitermachen.“ Inhaltlich habe das Gericht ja wenig auszusetzen gehabt.

Enttäuscht über die OVG-Entscheidung

Guido Maassen, der Vorsitzende der Bürgerinitiative, war gemeinsam mit seinem Mitstreiter Hans Nositschka persönlich zur Gerichtsverhandlung nach Münster gereist. Er ist natürlich enttäuscht über die OVG-Entscheidung. „Wir werden das Urteil in aller Ruhe analysieren“, erklärte er. Es sei schade, dass die Arbeit der Stadt bei der Aufstellung des Bebauungsplans nicht belohnt worden sei. „Wir werden allerdings nicht locker lassen und weiter Widerstand leisten“, versprach er.

Unterstützt wird die Bürgerinitiative dabei vom BUND. „Für uns hat sich nach dem Urteil nichts grundsätzlich geändert: Die Intensivmast von Puten mit maximalen Bestandsdichten, Schnäbelkürzen und ohne Auslauf ins Freie ist in keiner Weise tiergerecht. Angesichts der langjährigen öffentlichen Debatten um Tierschutz und Antibiotikaeinsatz in der Intensivmast wäre es anachronistisch, eine etwa acht Jahre alte Planung neu aufleben zu lassen“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Birgit Rau, Sprecherin der Bürgerinitiative, und Ralf Bilke, Agrarreferent des BUND NRW. Sollte der Antragsteller seinem Vorhaben weiterhin nachgehen, werde man sich erneut öffentlich einmischen.