„Auf Basidis Dach“Mona Ameziane liest auf der Lit.Eifel
Hürtgenwald-Vossenack – Ihre Heimat ist voller Berge, menschenleere Natur, so weit das Auge blicken kann. Fast wie die Eifel. Nur weniger grün. Mona Ameziane kommt aus Marokko und muss nicht lange überlegen, was die Gemeinsamkeit zwischen der Eifel und ihrer Heimat ist: „Die schöne Landschaft.“ Auf dem Weg von Köln zum Franziskus-Gymnasium in Vossenack kam ihr der gleiche Gedanke wie in Marokko, sagt Ameziane. Die 28-Jährige war für die Lesung aus ihrem Buch „Auf Basidis Dach“ im Rahmen der Lit.Eifel in die Eifel gekommen.
Erzählungen über Heimat, Herkunft und die halbe Familie
Rund 35 Besucher haben sich am Abend in der Aula des Gymnasiums eingefunden. „Es riecht hier noch nach dem Angstschweiß“, sagt Ameziane lachend. Am Morgen haben die Schüler Abiturprüfungen geschrieben. Nun flüchten sich Zuschauer und Autorin in Erzählungen über Heimat, Herkunft und Amezians halbe Familie. Denn neben dem Norden des Ruhrgebiets, wo Ameziane aufwuchs, zählt auch der Norden von Marokko zu ihrem Zuhause. Marokko ist das Herkunftsland ihres Vaters.
„Bei Marokko denkt man entweder an Kamele, leckere Gewürze, fliegende Teppiche und Couscous oder an grapschende Jugendliche auf der Domplatte, Drogen und Kriminalität“, sagt Ameziane im Gespräch mit Janine Köster, die den Abend moderierte. Für die einen ist es ein wunderschönes Urlaubsland, für die anderen der Ursprung terroristischer Anschläge. Mit solchen Vorurteilen, die mit dem Alltagsleben in Marokko nichts zu tun haben, möchte sie aufräumen, so Ameziane. Sie möchte dem Leser Marokko durch ihre Augen zeigen.
Die nächsten Lesungen
Noch bis zum 16. November können sich die Besucher der Lit.Eifel über ein vielfältiges Programm freuen. Neben zahlreichen Lesungen, beispielsweise von Andreas Pflüger, Gabriele Krone-Schmalz, Navid Kermani und Elke Heidenreich, findet vom 8. und 9. Oktober die Eifeler Buchmesse mit der Verleihung des Eifeler Jugendliteraturpreises für Nachwuchsautoren statt.
Die nächste Lesung im Rahmen der Lit.Eifel findet am 21. Mai um 16 Uhr im Alten Tuchwerk Aachen statt: Norbert Scheuer liest aus seinem Buch „Winterbienen“. Der Eintritt ist frei.
Weitere Informationen auf der Homepage der Lit.Eifel.
„Auf Basidis Dach“ ist ein Sachbuch, ohne ein klassisches Sachbuch zu sein: „Jedem Thema ein Kapitel widmen, da hatte ich gar nicht so Lust drauf“, erzählt Ameziane während der Lesung. Stattdessen schnappt Ameziane sich ihren Vater und fährt mit ihm nach Marokko. Ziel: Der Geburtsort ihrer Großmutter, ein kleiner Ort im Atlasgebirge.
Durch die engen Gassen der Medina
Die Zuhörer werden mit auf die Reise genommen: in den Flieger, wo sie ihren Vater fragt, wie oft sie wohl schon die Strecke Deutschland – Marokko geflogen sei – „Nimm einfach dein Alter mal eineinhalb“, antwortet der –, durch die engen Gassen der Medina in Fés, auf Basidis Dach und auf einen Roadtrip, der kürzer wird als geplant.
Einen Lobgesang auf Marokko wollte sie aber nicht schreiben, erzählt Ameziane. Sie zeigt auch Schattenseiten des Landes auf und setzt sie sich selbstkritisch und differenziert mit Themen auseinander. Beispielsweise habe sie während ihres Auslandsaufenthaltes in Agadir „mit vergoldeten Scheuklappen am Großteil von Marokko vorbeigelebt“. Ameziane glaubt, dass heute immer noch ein Stück weit zu tun.
Über das Beten und einen Ramadankalender
Auch ihre Erziehung thematisiert die junge Autorin. Weil die deutsche Kultur einen Vorteil durch das Leben hier hatte, „hat mein Vater ganz viele Gegenmaßnahmen ergriffen, was Marokko angeht“, so Ameziane. So habe er ihr gezeigt, wie gebetet wird, wobei ihr Vater nicht religiös sei, und habe einen Ramadankalender erfunden, angelehnt an den christlichen Adventskalender. Trotzdem habe sie ihn in all den Jahren nie gefragt, ob er sich als Gast in Deutschland fühlt – bis jetzt.
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Eigentlich wollte Ameziane ihr Buch auf einer der vielen Dachterrassen in Marokko schreiben. Die Corona-Pandemie mit den zahlreichen Lockdowns durchkreuzte ihre Pläne. Stattdessen entstand das Buch in Deutschland – mit viel Pfefferminztee, der in Marokko mit sehr viel Zucker getrunken wird, für die richtige Stimmung. „Ich dachte, ich gehe mit Diabetes Typ zwei da raus“, sagt Ameziane lachend: „Es war die längste Zeit, die ich nicht in Marokko war und gleichzeitig die längste Zeit, die ich in Marokko war.“
Das Buch „Auf Basidis Dach: Über Herkunft, Marokko und meine halbe Familie“, ISBN: 978-3-462-00099-3, 214 Seiten, ist im Kiwi-Verlag erschienen und kostet 15 Euro.