PräzisionsarbeitNettersheimer Firma repariert Flugzeug-Instrumente
Nettersheim – Langsam steigert sich das Sausen. Wie der Lärm aus einer Flugzeugturbine wächst es – fast so, als sei in dem Raum ein Düsenjet verborgen, der gleich abheben will. So entfernt von der Wahrheit ist die Assoziation gar nicht: Das Geräusch kommt aus einem kleinen Kasten, der für viele Piloten ein guter Bekannter ist.
Reparaturen im Privat- und Vereinssektor
„Das ist ein Kreiselkompass“, erläutert Klaus-Dieter Dobrunz. In dem Kasten ist ein elektrisch angetriebener Kreisel, mit dem der Kompass unabhängig von der Lage des Flugzeugs jederzeit genau die Himmelsrichtungen anzeigt. Es ist ein bekanntes Instrument in Flugzeugcockpits – doch nun ist er nicht in luftiger Höhe, sondern liegt auf dem Arbeitstisch von Dobrunz in der Nettersheimer Werkstatt des Flugzeuginstrumentenservice F.I.S.-Rheinland GmbH.
„Wir reparieren und vertreiben Instrumente für Flugzeuge“, beschreibt Dietmar Maus die Geschäfte der Firma. Er ist gleichzeitig Inhaber und Geschäftsführer des kleinen Betriebs, in dem insgesamt vier Personen arbeiten.
Die Regale sind voll mit Höhen- und Fahrtmessern, künstlichen Horizonten und Kompassen, die überprüft, getestet oder wieder in Ordnung gebracht werden müssen. Sie stammen aus Flugzeugen, die vor allem im Privat- und Vereinssektor eingesetzt werden.
„Wir bekommen auch Geräte, die in Hubschraubern oder Segelflugzeugen verwendet werden“, so Maus. Ein Großteil der Aufträge erhält F.I.S.-Rheinland von Werftbetrieben, wie die Werkstätten für Flugzeuge genannt werden. Auch neue Instrumente oder Ersatzteile für die meist aus den Vereinigten Staaten stammenden Geräte sind im Fachbetrieb in Nettersheim erhältlich.
Nur wenige Anbieter können solche Reparaturen vornehmen
„Das ist eine Tätigkeit, die liegt zwischen Elektroniker und Uhrmacher“, beschreibt Maus die Anforderungen. Es gebe nur noch eine weitere Firma in Deutschland, die sich dieser anspruchsvollen Aufgabe widmet, erzählt Maus – in ganz Europa wahrscheinlich nur eine Handvoll. Eine Zulassung vom Luftfahrtbundesamt ist notwendig, einmal im Jahr wird der Betrieb geprüft.
Seit dem 1. Januar 2017 ist die F.I.S.-Rheinland in Nettersheim aktiv. Vorher war das Unternehmen auf dem Flugplatz in Hangelar ansässig, wo es von den ehemaligen TÜV-Ingenieuren Siegfried Kortas und Günter Jeltsch betrieben wurde. Dass der gelernte Kommunikationselektroniker Maus nun Flugzeuginstrumente repariert, ist Reiner Möller zu verdanken, der viele Jahre auf der Dahlemer Binz arbeitete. Seit 1999 betrieb er die Flugzeugwerft Möller in Hangelar. Als er mitbekam, dass die F.I.S.-Besitzer Nachfolger suchten, stellte er den Kontakt zu seinem Schwiegersohn Maus her. Zwei Jahre wurde er von den Inhabern eingearbeitet, denn die Tätigkeit ist kein Lehrberuf.
Auch Dobrunz kommt aus einer anderen Branche. „Ich war Radio- und Fernsehtechnikermeister“, erzählt er. Doch da in modernen Flachbildschirmen nur noch wenig zu reparieren sei, habe er sich eine andere Tätigkeit gesucht. „Er ist vor allem für die elektronischen Geräte zuständig“, so Maus.
Dass F.I.S. nicht mehr auf einem Flugplatz, sondern in einer ehemaligen Pizzeria in Nettersheim arbeitet, ist nicht unbedingt ein Zufall. „Ich wohne in Marmagen, mein Mitarbeiter in Glehn“, so Maus. Bei den mindestens eine Stunde langen Fahrten nach Hangelar und zurück sei zu viel Zeit verloren gegangen. „Heute kann ich mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren“, erzählt er.
Obwohl die beiden zwei Stunden länger in der Werkstatt sein können, sind sie früher zu Hause. „Wir mussten um fünf Uhr aufstehen, um noch vor dem Berufsverkehr über die Bonner Rheinbrücke zu kommen“, erinnert sich Dobrunz, der 2016 bei F.I.S. anheuerte.
Geräte werden unter Laborbedingungen getestet
„Nettersheim hat einen Bahnhof und eine gute Autobahnanbindung“, zählt Maus Vorteile auf. So können auch Kunden, die ihre Instrumente selbst anliefern wollen, unkompliziert anreisen. Ob die Nähe zum Flugplatz Dahlemer Binz ein Vorteil ist? „Wir hatten angenommen, dass vielleicht dort Piloten ihre Instrumente anliefern, aber das ist bis heute nicht passiert“, so Maus.
Das Fliegermilieu, die Atmosphäre auf dem Flugplatz, den direkten Kontakt mit den Vereinen und Piloten – das vermisst Maus. Denn dies war ihre direkte Verbindung zu ihrer Tätigkeit. Einen Pilotenschein haben beide nicht, und die Möglichkeit, bei ihrer Kundschaft mitzufliegen, nehmen sie inzwischen seltener wahr. „Das ist auch keine Notwendigkeit“, so Maus. Denn die Instrumente werden nicht im Betrieb getestet, sondern nach Laborbedingungen eingerichtet.
Dafür verfügt F.I.S. über Geräte wie eine kleine Kammer, in der der Luftdruck in verschiedenen Höhen simuliert werden kann. Damit können beispielsweise Höhenmesser im offenen Zustand getestet werden.
Die Möglichkeit, die Firma in Hangelar zu belassen, kam für Maus nicht infrage: „Der Ur-Eifeler ist dafür nicht geschaffen.“ Die Eifel biete schon eine andere Lebensqualität. Und: „Diese Räume sind schöner“, fügt Dobrunz hinzu. Statt eines Kellerraums wie in Hangelar haben die beiden ihre Arbeitstische nun in dem ehemaligen Gastraum. Außer einer Theke erinnert kaum noch etwas an die Vergangenheit des Lokals. Was nicht immer ein Vorteil ist, wie Maus zugibt: „Im Winter vermisst man schon den Pizzaofen!“