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Pendlerverkehr im KreisHält der RE bald nicht mehr in Weilerswist und Mechernich?

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Der Sonne entgegen: Brechen für die Bahnpendler bald bessere Zeiten an? Die geplante Elektrifizierung gilt als ein Schlüssel für ein attraktiveres Angebot auf der Eifelstrecke.

  1. Ende Mai trifft sich der Verkehrsausschuss des Kreises Euskirchen und bespricht verschiedene Varianten, was den zukünftige Pendlerverkehr im Kreis angeht.
  2. Das Projekt „Zielnetz 2030“ setzt auf die Elektrifizierung - und soll dabei effizienter, sicherer und schneller sein.
  3. Gut möglich jedoch, dass einige Haltestellen darunter leiden. Und so stellt sich unter anderem die Frage: Hält der RE 22 bald nicht mehr in Weilerswist und Mechernich?

Kreis Euskirchen – Es ist ein Blick in die Zukunft, doch die Weichen werden jetzt gestellt. Darum befasst sich der Verkehrsausschuss des Kreises am Mittwoch, 27. Mai, ab 17 Uhr im Thomas-Eßer-Berufskolleg mit der geplanten Elektrifizierung zwischen Kalscheuren und Kall auf der Bahnstrecke Köln-Trier. Denn der Kreis will Einfluss nehmen. Es geht schließlich darum, wie künftig täglich Tausende von Pendlern zu ihren Arbeitsstätten kommen werden. Und um die Frage, ob etwa Weilerswist und Mechernich dann nur noch von der S-Bahn bedient werden und nicht mehr vom Regional-Express (RE) 22.

Es gibt zurzeit zwei Varianten. Eine sieht vor, dass auf der RE-Fahrt zugunsten der Fahrtzeit auf diese beiden Haltepunkte verzichtet wird. Die andere schließt Weilerswist und Mechernich ein, benötigt dafür aber einige Minuten mehr zu den nächsten Stationen. Verwaltung und Politik sprechen sich eindeutig dafür aus, dass künftig nicht nur die S-Bahn, sondern auch der RE in den beiden großen Kommunen des Kreises Halt macht.

„Zielnetz 2030“ heißt das Projekt, das eine S-Bahn auf der Eifelstrecke vorsieht. Die Elektrifizierung soll für mehr, schnellere und umweltfreundliche Fahrten sorgen. Plötzlich könnte es schneller gehen als noch vor kurzem gedacht. Die Klimadebatte, die Milliarden Euro, die aus diesem Grund ins System Bahn gesteckt werden sollen, sowie die Überlastung des Knotenpunkts Köln machen es möglich.

Warum stehen die Veränderungen an?

Weil der Knotenpunkt Köln so ächzt, möchte der Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR) Züge einzelner Regionalbahnlinien von den Gleisen des Fern- und Regional-Express-Verkehrs auf die der S-Bahn verlagern und in S-Bahn-Linien überführen.

Welche Vorteile hätte das?

Der Takt wäre dichter, S-Bahnen könnten alle 20 Minuten fahren. Der RE 22 würde weiterfahren – über Kall hinaus bis nach Trier, ebenso der RE 12 als Sprinter-Linie. Für die S-Bahn würden weitere Haltestellen eingerichtet: in Fischenich und in Euskirchen-West.

Wo genau würde die S-Bahn halten?

Quasi an jeder Milchkanne, wie es im Volksmund heißt: Köln-Hauptbahnhof, Köln-Hansaring, Köln-West, Köln-Aachener Straße, Köln-Süd, Köln-Weißhausstraße, Köln-Klettenberg, Kalscheuren, Fischenich, Kierberg, Erftstadt, Weilerswist, Derkum, Großbüllesheim, Euskirchen, Euskirchen-West (ist noch fraglich), Satzvey, Mechernich, Scheven und Kall. Die Fahrt von Köln-Hauptbahnhof nach Kall würde planmäßig 62 beziehungsweise 63 Minuten dauern.

Was würde sich an der RE-Fahrt ändern?

Das ist noch nicht klar. Es gibt dafür zwei sogenannte Planfälle in der Machbarkeitsstudie. Planfall vier: Der RE 22 stoppt nicht mehr an allen bisherigen Haltestellen, sondern nur noch in Köln-Süd, Erftstadt, Euskirchen und Kall. Er wäre dadurch in 44 Minuten vom Kölner Hauptbahnhof in Kall.

Planfall sechs: Der Regional-Express hält in Köln-Süd, Erftstadt, Weilerswist, Euskirchen, Euskirchen-West, Mechernich und Kall. Vom Kölner Hauptbahnhof bis nach Kall bräuchte der Zug 48 Minuten.

Was kostet das Vorhaben?

Zwischen 100 und 105 Millionen Euro – je nach Ausgestaltung der Pläne. 51,3 Millionen verschlingt die Elektrifizierung, für 15,6 Millionen Euro müsste der Kaller Tunnel ausgebaut werden.

„Da das Lichtraumprofil des Kaller Tunnels nicht ausreicht, um die Fahr- und Speiseleitung zu installieren, ist ein Ausbau des Tunnels notwendig“, heißt es dazu in der Zusammenfassung der Machbarkeitsstudie. Für Kall werde ein zusätzliches Wendegleis vorgesehen, da die S-Bahnen hier wenden müssen und der Bahnhof derzeit nur über zwei Bahnsteig-Gleise verfüge. Da der Bahnhof in Zukunft ohnehin dreigleisig ausgebaut werde, könnte auf diese Maßnahme durchaus verzichtet werden.

Euskirchen-West

Der Haltepunkt Euskirchen-West an der Georgstraße spielt auch für die Bördebahn eine bedeutende Rolle. Der nächste und letzte Schritt nach dem Vorlaufbetrieb ist der Vollausbau der Strecke zwischen Euskirchen und Düren mit dem Stundentakt.

Die weiteren Haltestellen wären Distelrath, Ülpenich, Dürscheven und Euskirchen-West. Als Fahrtdauer werden 34 Minuten angestrebt. Der Zugverkehr zwischen Düren und Euskirchen wurde 1983 stillgelegt, die Haltestelle Euskirchen-West ihrem Schicksal überlassen. (sch/tom)

„Um einen stabileren Betrieb zu ermöglichen wird allerdings empfohlen, das Wendegleis weiterhin vorzusehen“, heißt es in der Studie. Zudem soll der Stadtbahn-Haltepunkt Hürth-Fischenich im Vergleich zur heutigen Situation verlegt werden, wodurch eine bessere Erschließung sowie eine Verknüpfung der Stadtbahn zur Eifelstrecke möglich wird (rund 2,8 Millionen Euro).

Für den Planfall sechs sind darüber hinaus Ausgaben für den neuen S-Bahn-Haltepunkt Euskirchen-West in Höhe von 1,3 Millionen Euro notwendig sowie für den Ausbau des Haltepunkts Schmidtheim zu einem Kreuzungsbahnhof (2,1 Millionen Euro).

Wie wirkt sich das auf die Fahrgastzahlen aus?

Egal, welcher Plan realisiert wird, die Experten gehen davon aus, dass künftig deutlich mehr Menschen die Bahn nutzen werden.

Wegen der längeren Fahrzeit nach Euskirchen und Kall rechnen die Autoren der Studie damit, dass im Planfall sechs täglich etwa sechs Prozent beziehungsweise 200 Einzelfahrten weniger zu verzeichnen sein werden.

Wofür sprechen sich die Politiker im Kreis aus?

Darüber wird die Sitzung des Verkehrsausschusses am 27. Mai, ab 17 Uhr im Kreishaus, Auskunft geben. „Aus Sicht der Verwaltung überwiegen die Vorteile des Planfalles sechs, sodass empfohlen wird, sich als Kreis Euskirchen gegenüber dem NVR für die Umsetzung des Planfalles sechs auszusprechen“, heißt es in der Vorlage für die Sitzung.

Dafür zeichnet sich auch in der Politik bereits eine deutliche Mehrheit ab. „Uns ist es wichtig, dass der Regional-Express in Weilerswist als wachsender Kommune und in Mechernich mit dem Kreiskrankenhaus hält“, so der Verkehrsausschuss-Vorsitzende Hans Schmitz (SPD).

Auch der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Bernd Kolvenbach spricht sich eindeutig für Planfall sechs aus. Für ein paar Minuten weniger Fahrzeit auf die Halte in Weilerswist und Mechernich, die dann nur noch mit der S-Bahn zu erreichen wären, zu verzichten, ergebe keinen Sinn.