Razzia in EuskirchenPolizei fand 1.000 Waffen - Drogen waren 1,5 Millionen Euro wert
Euskirchen-Kuchenheim – Beim Anblick des Waffenarsenals, das die Polizei am 19. Oktober bei einer nächtlichen Drogenrazzia in der ehemaligen Molkerei in Kuchenheim sicherstellte, stockt einem der Atem. Mit den mehr als 1000 Waffen, darunter auch Kriegswaffen, Waffenteile und Munition, die die Polizei sicherstellte, hätte man einen kleinen Bürgerkrieg starten können. Tagelang waren zwei Hundertschaften der Polizei im Oktober damit beschäftigt gewesen, neben der im Rahmen der Drogenrazzia entdeckten Cannabis-Plantage das riesige Waffenarsenal sicherzustellen und abzutransportieren.
Auf die Frage, warum die Räumung einer Cannabis-Plantage derart viel Zeit in Anspruch nehme, hatte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Aachen, Jan Balthasar, sich in den Tagen nach der Razzia mit dem lakonischen Hinweis auf die Größe und die technische Ausstattung der Cannabis-Plantage in Schweigen gehüllt. „Wir konnten doch damals nicht sagen, was wir da an Waffen gefunden haben“, sagte Balthasar jetzt im Gespräch mit der Redaktion: „Wir hätten ja überall mit Maschinenpistolen bewaffnete Polizisten abstellen müssen, um die Waffen zu sichern.“
500 Verstöße gegen Kriegswaffen-Kontrollgesetz
Und auch später hielten sich die Fahnder aus ermittlungstaktischen Gründen bedeckt. Denn die Fachleute der Polizeidienststellen in Aachen, Köln, Bonn und Euskirchen sowie des Landes- und des Bundeskriminalamtes mussten die Waffen untersuchen.
Offenbar sind nicht alle funktionstüchtig oder als Waffen einzustufen. Aus den Vorabuntersuchungen, so heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Aachen und der Aachener Polizei, hätten sich Hinweise auf mehr als 500 Verstöße gegen das Waffengesetz und acht Verstöße gegen das Kriegswaffen-Kontrollgesetz ergeben. Unter dieses fallen etwa vollautomatische Schusswaffen wie Maschinenpistolen oder Sturmgewehre. Unter der Munition, die gefunden wurde, befanden sich laut Staatsanwaltschaft aber keine Sprengkörper wie Handgranaten.
Wurde mit den Waffen gehandelt? Die Mutmaßung, so die Staatsanwaltschaft, liege bei einem Waffenfund dieser Größenordnung nahe. Doch dazu mache man derzeit keine Angaben. Ebenso zu der Frage, woher die Waffen stammen. Balthasar: „Es gibt keine Hinweise darauf, dass die Waffen einen Bezug zu militanten Reichsbürgern oder zur Clan-Kriminalität haben.“
2.300 erntereife Marihuana-Pflanzen
Gefunden wurden die Waffen bei der Durchsuchung des Areals in einer von der Plantage abgesonderten und verschlossenen Halle sowie in einem, von dem 50-jährigen Eigentümer der Halle auch zu Wohnzwecken genutzten Nebengebäude. Der Eigentümer der Halle befindet sich inzwischen in Untersuchungshaft. Ihm wird neben dem Besitz der Waffen auch eine Beteiligung an der professionell betriebenen Marihuana- Plantage zur Last gelegt.
Auch bei dieser geht es um eine beachtliche Größenordnung. In der Lagerhalle der früheren Molkerei wurden laut Staatsanwaltschaft und Polizei insgesamt mehr als 2.300 erntereife Marihuana-Pflanzen sowie weitere 2.000 Stecklinge sichergestellt.
Cannabis war 1,5 Millionen Euro wert
Zeitgleich zur generalstabsmäßig geplanten Razzia wurde am 19. Oktober auch ein Einfamilienhaus in Herzogenrath durchsucht. Hier fand man 135 weitere Marihuana-Pflanzen. Nach Einschätzung der Ermittler hätten beide Plantagen einen geschätzten Ernteertrag von mehr als 170 Kilogramm erbracht. Im Straßenverkauf, so die Einschätzung der Fahnder, hätte diese Menge vermutlich 1,5 Millionen Euro erbracht, überwiegend durch die Kuchenheimer Plantage.
Das Polizeipräsidium Aachen hat wegen des außerordentlichen Ausmaßes der Ermittlungen unter Leitung des Fachkommissariats zur Bekämpfung organisierter Kriminalität eine sechsköpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet.
Seit Beginn der Ermittlungen haben die Beamten mit Unterstützung, auch der örtlichen Polizeidienststellen in Bonn, Düren und Euskirchen, nach eigenen Angaben mittlerweile mehr als 25 Objekte durchsucht. Im Rahmen dieser Durchsuchungen seien zahlreiche Beweismittel sichergestellt worden.(ch)
Im Rahmen der weiterführenden Ermittlungen habe sich ein dringender Tatverdacht gegen einen 64-jährigen Mann bestätigen, der die Objekte in Kuchenheim und Herzogenrath sowie darüber hinaus eine weitere Immobilie in Titz gegen Entgelt vermittelt haben soll.
Mitinitiator in Ungarn festgenommen
Bei einer daraufhin in Titz durchgeführten Durchsuchung einer Lagerhalle fanden Beamte am 30. Oktober mehr als 1.600 weitere erntereife Marihuana-Pflanzen. Der 64-jährige befindet sich seit diesem Tag in Untersuchungshaft. Gegen vier weitere Männer im Alter von 64, 71 und zweimal 76 Jahren, die die Plantage betrieben haben sollen, wurde ebenfalls Untersuchungshaft angeordnet.
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Dank einer zügig eingeleiteten internationalen Fahndung habe außerdem ein mutmaßlicher Mitinitiator der Kuchenheimer Plantage in Ungarn festgenommen werden können. Der 34-Jährige habe versucht, sich mit falschen Papieren abzusetzen und befinde sich nunmehr dort in Auslieferungshaft.
Bei der nächtlichen Razzia in Kuchenheim waren bereits ein 60-jähriger Mann und zwei Frauen, 54 und 62 Jahre alt, festgenommen worden. Auch sie sind in Untersuchungshaft. Sie sollen sich dort um Aufzucht und Pflege der Cannabis-Pflanzen gekümmert haben. Des Weiteren wurde ein 35-jähriger Mann festgenommen, der in den Verkauf von Marihuana im Kreis Düren eingebunden gewesen sein soll. Auch er sitzt in Haft.