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Revision für WiederholungstäterTotschlag-Prozess muss neu aufgerollt werden

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Der Fall des 47-Jährigen wird nun vor einer anderen Bonner Kammer neu verhandelt.

Bonn/Euskirchen – Schon zweimal hat ein 47-Jähriger aus Euskirchen versucht, einen Menschen zu töten. In beiden Fällen überlebten die Opfer die Messer-Angriffe. 2006 war der Bau- und Waldarbeiter wegen versuchten Totschlags zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden, nachdem er im Streit einem Arbeitskollegen mit einem Klappmesser ins Herz gestochen hatte. Bei den Rettungsmaßnahmen ging es um Minuten. Der 31-Jährige ist bis heute arbeitsunfähig und lebt von Sozialhilfe.

14 Jahre später stach der Euskirchener erneut zu. Vor den Augen ihrer Kinder schlitzte er seiner 50-jährigen Lebensgefährtin die Kehle auf. Aus Eifersucht, weil sie ihn verlassen wollte. Auch sie überlebte nur knapp durch eine Not-Operation. Das Bonner Schwurgericht hatte den heute 47-Jährigen im November 2020 ein zweites Mal wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt, diesmal zu acht Jahren Haft. Der Staatsanwalt hatte wegen versuchten Mordes gar zehn Jahre Haft gefordert. Wegen des Alkoholmissbrauchs des Angeklagten wurde zudem die Unterbringung in eine Entziehungsklinik angeordnet.

2,3 Promille Alkohol im Blut

Die Bonner Entscheidung hat jedoch keinen Bestand: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat der Revision der Verteidigung stattgegeben und das Urteil teilweise aufgehoben. Damit muss der Fall vor einer anderen Bonner Kammer neu aufgerollt werden. Der BGH monierte, dass der Angeklagte bei der Tat am 11. Mai 2020 mit 2,3 Promille stark alkoholisiert gewesen sei, die Kammer zum Nachteil des Angeklagten aber keine verminderte Steuerungsfähigkeit angenommen habe. Dabei hatte das Schwurgericht sich an das psychiatrische Gutachten gehalten und diese Entscheidung begründet. Demnach ging es davon aus, dass der Alkohol, den der Angeklagte jahrelang exzessiv konsumiert hat, eine geringe Bedeutung bei der Tat gespielt hat. „Durch die Gewöhnung ist das Gehirn trainiert, auch unter starkem Alkoholeinfluss zu funktionieren“, heißt es im Urteil.

Polizisten am Tatort hatten sich überrascht über den hohen Atem-Alkoholwert gezeigt. Der Angeklagte habe kurz nach der Tat zwar „einen niedergeschlagenen, aber durchaus wachen und aufmerksamen Eindruck“ gemacht. Von einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit keine Spur, so die Kammer. Sie sprach ihm nur eine durch Alkohol bedingte Enthemmung zu.

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Für die Ex-Lebensgefährtin und ihre beiden Töchter, damals 13 und 29 Jahre alt, sei es furchtbar, dass der Fall erneut zur Verhandlung komme, sagte die Vertreterin der Nebenklage. Nur das mutige Eingreifen der Töchter rettete die Mutter. Sie zerrten den Zornigen, der mit dem Messer über ihr saß, von ihr weg, sodass sie aus der Umklammerung robben und flüchten konnte. Seit dem Tag leiden alle drei an Alpträumen. Die 50-Jährige ist bis heute nicht arbeitsfähig.