Was sich auf den Straßen in und um Rurberg zwischen einem Auto- und einem Motorradfahrer abgespielt hat, war nicht mehr aufzuklären.
Prozess in GemündGefährliche Fahrweise am Rursee war nicht nachweisbar
Ganz unösterliche Szenen sollten sich laut Anklage am Nachmittag des Karsamstag im vergangenen Jahr auf der L 128 bei Rurberg abgespielt haben. Ein Mann aus dem Gemeindegebiet Simmerath musste sich vor dem Schöffengericht in Gemünd wegen vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und versuchter gefährlicher Körperverletzung verantworten.
Nach einer Kollision zwischen seinem Lada Niva und einem Motorrad sollte der Angeklagte zwei Motorradfahrer mehrfach abgedrängt, die Maschinen beschädigt und schließlich Fahrerflucht begangen haben.
Als der Angeklagte seine Einlassung begann, wurde schnell deutlich, dass in dieser Sache zwei komplett verschiedene Geschichten zu hören sein würden. Er berichtete, er sei mit zwei Freunden von Rurberg nach Dedenborn zum Angeln gefahren. Er habe plötzlich stark bremsen müssen, da er gemeint habe, einen jungen Hirsch im Gebüsch zu sehen. Kurz danach sei ein Motorradfahrer hupend hinter ihm hergefahren. „Wir haben uns nichts dabei gedacht und hielten das für Pöbelei“, sagte er.
Gemünder Gericht hörte ganz unterschiedliche Geschichten
Er sei mehrfach überholt worden, auch von Autos, doch der Motorradfahrer sei weiter hinter ihm hergefahren. Als sie schließlich an ihrem Ziel, einem Waldparkplatz bei Dedenborn, angekommen seien, sei der Motorradfahrer aufgetaucht. Er sei einmal um sie herumgefahren und dann verschwunden. „Ich habe das Motorrad nicht mit dem Hupen in Verbindung gebracht“, sagte der Angeklagte. Zur Bestätigung seiner Geschichte habe er seine beiden Mitfahrer mitgebracht, die als mögliche Zeugen bereitstanden.
Eine ganz andere Geschichte erzählte einer der beiden Motorradfahrer, der aus Langenfeld in die Eifel gefahren war. Mit seinem Gefährten sei er aus Rurberg in Richtung Schleiden gefahren und von hinten auf den sehr langsam fahrenden Lada aufgeschlossen. Als sein Kollege gerade zum Überholen ansetzen wollten, habe der Lada stark gebremst, worauf der Motorradfahrer hinten auf den Geländewagen aufgefahren sei. Dabei wurde das Motorrad beschädigt. Der Pkw habe Gas gegeben, ohne sich um den Unfall zu kümmern.
Es blieb unklar, wer wen genötigt und bedroht hat
Er sei hinter dem Wagen her und habe gehupt, dann auch überholt und Handzeichen gemacht, doch der Fahrer habe nicht reagiert. Im Gegenteil: Wenn er vor dem Lada hergefahren sei, sei dieser mehrfach auf ihn zugefahren, als wolle er ihn rammen. Auch sei er einmal rechts über den Bürgersteig an ihm vorbei, wobei er fast eine Familie gefährdet hätte, die dort unterwegs gewesen sei. Bei der Einmündung auf die Bundesstraße sei er neben das Fahrzeug gefahren, doch der Fahrer habe ihn auf die Verkehrsinsel gedrängt, so dass er sich fast verletzt habe. An dem Waldparkplatz, auf dem der Lada stehengeblieben sei, habe er gewendet und sei zurückgefahren, da er sich von dem Fahrer bedroht gefühlt habe.
Besonders der Verteidiger Torben Petry bohrte bei einigen Punkten nach, die der Zeuge gegenüber der Polizei anders dargestellt hatte. Bei einer Fotovorlage hatte er zum Beispiel angegeben, dass der Fahrer einen Vollbart getragen habe. Angesichts des haarlosen Gesichts des Angeklagten hatte er nun von einem „Dreitagebart“ gesprochen. Doch auch den habe er niemals gehabt, hatte der Angeklagte bereits in seiner Einlassung betont: „Da wächst nichts.“
Die Polizei hat das Auto nicht auf Unfallspuren untersucht
An dieser Stelle unterbrach die Vorsitzende Richterin Claudia Giesen die Verhandlung, um sich mit Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu beraten. „Was der Zeuge aussagte, divergierte mit dem, was er schriftlich gesagt hatte“, betonte sie. So habe er in der Verhandlung ausgesagt, der Angeklagte habe bei dem Bremsmanöver nicht die Fahrspur verlassen, während gegenüber der Polizei ausgesagt worden war, der Lada sei auf die Gegenfahrbahn gelenkt worden.
Ohne ein Gutachten sei aber nicht festzustellen, ob der Angeklagte die Kollision hätte bemerken müssen, zumal die Polizei das Auto nicht auf mögliche Unfallspuren untersucht habe. „Wir gehen davon aus, dass es nicht seinem Willen entsprach, eine Kollision hervorzurufen“, sagte sie. Damit entfalle der Vorsatz zum gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Der Verdacht der Nötigung und des Entfernens vom Unfallort sei nicht zu beweisen. Da Staatsanwältin Julia Westkamp zustimmte, stellte das Gericht daher das Verfahren ein.