Hartmut Murk unterrichtet seit 20 Jahren Informatik, ohne es je studiert zu haben. In dieser Zeit hat die Digitalisierung den Unterricht an der Schleidener Clara-Fey-Schule stark verändert.
Informatik an der SchuleIm Schleidener Clara-Fey begann damals alles mit einem PC
Informatik – vor noch nicht allzu langer Zeit war das ein Fach für absolute Nerds. Heute wird von jungen Menschen erwartet, dass sie sich mit Computern und Digitalisierung bestens auskennen. Sie sind ja schließlich sogenannte Digital Natives, also „Digitale Einheimische“. Das wirkt sich auf die Schulen aus. Der Informatikunterricht heute sei ganz anders als noch vor 20 Jahren, sagt Hartmut Murk. Er unterrichtet das Fach seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Clara-Fey-Schule in Schleiden, obwohl er es gar nicht studiert hat.
„Zu meiner Zeit konnte man das Fach Informatik für Lehramt nicht studieren“, berichtet er. Er habe sich allerdings während seines Mathematik- und Physikstudiums ein Semester lang damit befasst. Damals habe man Programme noch so geschrieben, indem man Löcher in Karten in der Größe von Ein-Dollarnoten gestanzt habe.
Der erste Computer hatte lediglich zwei Diskettenlaufwerke
Für ihn sei Informatik aber schon immer spannend gewesen. Schon zu Realschulzeiten habe er als Schüler an einer AG teilgenommen, die sich mit Computern und Programmierung befasste. Das sei 1974 gewesen. „Selbst zu dieser Zeit hat mich das schon irgendwie fasziniert.“
Die Faszination hielt an. Ende der 1990er-Jahre habe die Bezirksregierung dann eine zweijährige Fortbildung für das Unterrichten von Informatik bis zum Abitur angeboten. Murk nahm daran teil und unterrichtete das Fach fortan. Zu Beginn seien das vor allem AGs gewesen, erst später etablierte sich Informatik als Wahlpflichtfach in der Mittelstufe.
Zu Anfang habe es in der gesamten Schule nur einen Computer gegeben, erinnert sich der 64-Jährige. Dieser habe zwei Diskettenlaufwerke gehabt: Eins für das Betriebssystem, das andere habe man für das Programmieren nutzen können. Mit der Zeit wurden es mehr Computer. Dann habe man begonnen, in der Schule ein Netzwerk aufzubauen und die Computer miteinander zu verbinden.
Er erinnere sich noch, dass die Schülerinnen und Schüler in ihren Freistunden im Computerraum Chatprogramme austesteten. Da habe der eine dann hinten rechts gesessen und die andere vorne links und dann schickten sie sich Nachrichten. Dabei hätten sie sich auch einfach nebeneinandersetzen und unterhalten können, sagt Murk und muss beim Gedanken an die absurde Situation lachen.
Es folgten die ersten Internetzugänge. „Ganz langsam“, beschreibt Murk deren Geschwindigkeit kurz und knapp. Wenn man sich ein Bild anschauen wollte, habe man sehr gut einen Kaffee trinken können, bis dieses vollständig geladen sei. Inzwischen hat die Clara-Fey-Schule zwei Computerräume, flächendeckendes WLAN, Schülerschaft und Lehrkräfte arbeiten im Unterricht mit „Teams“ (ein Programm für Kommunikation und Kollaboration innerhalb von Organisationen), jede Klasse ist mit einem Beamer ausgestattet, ab der siebten Klasse gibt es sogenannte Tablet-Klassen. „Früher haben die Eltern einen Taschenrechner angeschafft, heute schaffen sie ein Tablet an“, fasst Murk die Entwicklung zusammen.
Und genauso wie die Technik sich immer weiter entwickelt habe, habe sich auch der Inhalt des Informatikunterrichts verändert. „Heute erfolgt das natürlich auf einer ganz anderen Basis“, so Murk. In der Mittelstufe starte man mit kindgerechten Programmiersprachen, in der Oberstufe gehe es dann mit Java weiter. Kryptologie, Spieleprogrammierung, grafische Benutzeroberflächen programmieren – all das nimmt Murk mit seinen Schülern heute durch.
Ein gutes Beispiel für die Veränderungen in dem Fach seien die Programmiersprachen in den Abituraufgaben, berichtet Murk weiter. Früher habe es zwei gängige Sprachen gegeben: Delphi und Java. Jeder Lehrer habe die Sprache unterrichtet, die er selbst gut konnte und die Abituraufgaben wurden in beiden Sprachen angeboten. Heute sei Java Standard – Delphi werde nicht mehr unterrichtet.
Ab Klasse sieben gibt es am Clara-Fey Tablet-Klassen
An der Clara-Fey-Schule kann man Informatik als Abiturfach wählen, aber nicht als Leistungskurs. „Wir haben keine richtig ausgebildeten Informatiker“, erläutert Murk. „Ich würde mir keinen Leistungskurs zutrauen.“ Bei den Kollegen sei das ähnlich. Den Stellenwert eines Hauptfaches habe Informatik an ihrer Schule eben noch nicht.
Dass es im Zuge der Digitalisierung aber immer mehr Platz im Schulalltag einnehme, das sei deutlich zu spüren. Inzwischen gebe es schon in der Unterstufe verpflichtende Stunden, in denen die Kinder lernen, mit einem Computer richtig umzugehen. Ab Klasse sieben gibt es dann die Tabletklassen. In Vertretungsstunden habe er früher die Aufgaben des ausgefallenen Lehrers kopiert und verteilt, heute sage er den Kindern einfach: „Eure Aufgaben stehen in Teams.“ Und schon wüsste jeder, was zu tun sei.
Oberstufenschüler fragten heute danach, ob sie sich komplizierte Tafelbilder abfotografieren könnten, anstatt sie abzumalen. Das Vermitteln von Digitalkompetenz in der Schule sei daher unumgänglich geworden. Seriöse Quellen im Internet finden, richtig recherchieren, Urheberrecht und Datenschutz seien alles wichtige Themen. „Heute hat man aktuelle Informationen im Internet stehen, aber man muss sie an der richtigen Stelle finden“, so Murk.
Ein unerwünschter Nebeneffekt der Digitalisierung: Cybermobbing
Kopfzerbrechen bereite ihm dabei ein anderer Effekt der Digitalisierung: Cybermobbing. Oft ging es den Schülern nur um einen Spaß, da werde einfach ein Bild von einem Mitschüler ins Lächerliche bearbeitet und hochgeladen. „Die Schüler machen es gedankenlos“, sagt Murk und ergänzt: „Sie wissen im Einzelfall nicht, was sie damit den anderen Schülerinnen und Schülern antun.“ Dem zu begegnen, Sensibilität zu schaffen, sei auch Aufgabe von Schule.
1800 Schüler habe er, grob überschlagen, in seiner Laufbahn begleitet, sagt Murk. Bis heute mache es ihm Spaß. Zum einen interessiere ihn nach wie vor der Inhalt seiner Fächer, zum anderen bringe ihm der Kontakt zu jungen Menschen Spaß. Das, so vermutet er, halte ihn selbst auch jung.