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Mit 20 km/hHelmut Kirch kam mit seinem alten Trecker aus dem Geestland in die Eifel

Lesezeit 4 Minuten

Zahlreiche Freunde statteten Helmut Kirch (2.v.r.), der mit seinem Massey Ferguson von 1966 Quartier vor dem Schleidener Franziskushaus bezogen hatte, einen Besuch ab.

  1. Kirch hat die rund 500 Kilometer lange Strecke zwischen seiner alten Eifelheimat und seinem neuen Wohnort Flögeln im Geestland mit dem Traktor zurückgelegt.
  2. Im vergangenen November hatte Kirch seine Zelte in der Eifel abgebrochen und ist in den Norden gezogen.
  3. Dabei ist es Kirch gelungen, eigene Wunschträume und karitative Tätigkeit elegant miteinander zu verknüpfen.

Schleiden – Der Mann hat eine Mission. Das ganze Wochenende über stand Helmut Kirch in Schleiden vor dem Franziskushaus und warb an seinem Oldtimertraktor aus dem Jahr 1966 um Spenden ein für das Projekt „Lebensraum Kind“. Dass auf dem alten Massey Ferguson ein Cuxhavener Nummernschild prangt, war kein Gag. Kirch hat die rund 500 Kilometer lange Strecke zwischen seiner alten Eifelheimat und seinem neuen Wohnort Flögeln im Geestland mit dem Traktor zurückgelegt.

Im vergangenen November hatte Kirch seine Zelte in der Eifel abgebrochen und ist in den Norden gezogen, wo seine Tochter lebt. „Das ist eine sehr schöne Ecke“, sagt er. Hier hat er auch den Verein „Lebensraum Kind“ kennengelernt, dem seine Aktion gilt. Dabei ist es Kirch gelungen, eigene Wunschträume und karitative Tätigkeit elegant miteinander zu verknüpfen. Denn die Fahrt mit dem Traktor sei „ein Kindheitstraum“ gewesen, gestand er. „Die Eltern hatten eine Landwirtschaft mit einem Traktor, als Kinder durften wir den auch fahren“, erinnert er sich. Allerdings immer unter der Aufsicht des Vaters – und das sei nicht so toll gewesen.

Spenden gesammelt

Umso glücklicher war er, als er Ostern sein 58 PS starkes „Osterei“ bekam, den Massey Ferguson 165 MP. „Eigentlich suchte ich einen Traktor für den Reiterhof meiner Tochter“, erzählt er. Dabei habe er das Angebot für den fertig restaurierten Oldtimer erhalten und sei sich mit dem Verkäufer schnell einig geworden.

„Über den Kontakt zu einem Freund bekam ich dann die Idee für die Tour in die Eifel“, berichtete er. Doch eine „Leerfahrt“ habe er nicht machen wollen, und so habe es nahegelegen, Spenden für die Einrichtung in Bad Bederkasa zu sammeln. Dass solche Initiativen auf Spenden angewiesen seien, habe er gelernt, als er 14 Jahre in der Küche der Communio in Christo am Herd gestanden habe, erzählt der gelernte Koch und Konditor.

Der Anhänger diente Helmut Kirch als „Schlafzimmer“.

40 Jahre sei er in seinem Beruf tätig gewesen, niemals arbeitslos, so Kirch: „Ich will etwas von dem Glück, das ich gehabt habe, zurückgeben.“ Um Spenden zu generieren, habe er bereits vor Beginn der Fahrt nach Sponsoren gesucht. Neben der Raiffeisen-Genossenschaft Weser-Elbe und einigen lokalen Unternehmen habe auch der Bürgermeister der Kommune die Aktion unterstützt: „600 Euro hatte ich bereits vor der Abfahrt als Spenden erhalten.“

Die Fahrt selbst sei anstrengend gewesen. „80 Prozent Regen“, erzählt er. Ohne wetterfeste Kabine stellte das eine echte Herausforderung dar. Mit 20 Stundenkilometern tuckerte er, immer den Pferdeanhänger seiner Tochter mit dabei, in Richtung Eifel. „Ich bin England- und Irlanderfahren und hatte auch eine gute Regenkombi dabei“, bringt er seine Erfahrungen mit feuchter Witterung auf den Punkt.

Der Verein

Lebensraum Kind ist eine relativ junge Einrichtung, die vor drei Jahren ihre Arbeit in Bad Bederkesa begonnen hat. Hier können Kinder intensivmedizinisch von examinierten Krankenpflegerinnen auf Zeit betreut werden, deren Familien aus sozialen, medizinischen oder emotionalen Notlagen dies zu Hause zeitweise nicht möglich ist.

Eltern, die ansonsten rund um die Uhr für ihre erkrankten Kinder da sein müssen, können so eine dringend benötigte Auszeit erhalten, während die fachgerechte Versorgung für ihr Kind gewährleistet ist. Der Einrichtung ist eine Gemeinschaftspraxis angegliedert. Die Aufnahme von Kindern ist dabei nicht auf den Landkreis Cuxhaven beschränkt. „Für schwer erkrankte Kinder, die in eine Notlage geraten, gibt es ansonsten keine Plätze“, sagte Kirch. (sev)

Den Anhänger braucht Kirchs Tochter derzeit nicht, da wegen Corona ohnehin alle Turniere ausfallen. Kirch hingegen konnte ihn gut gebrauchen. Kurzerhand hatte er ein Bettgestell in den Pferdetransporter gestellt und konnte ihn auf den Bauernhöfen, wo er auf seiner Tour Station machte, als Schlafplatz verwenden.

Wie aktiv die Kontakte in die Eifel noch sind, zeigten die vielen Menschen, die die Gelegenheit wahrnahmen, ihrem alten Freund Helmut Kirch einen Besuch abzustatten, während er auf dem Marktplatz stand und um Spenden warb. Als gebürtiger Eifeler und Trainer beim TuS Schleiden ist Helmut Kirch immer noch eine bekannte und beliebte Person mit vielen Kontakten in die alte Heimat.

Mit der Tour sei es auch noch nicht getan mit der Spendenakquise für „Lebensraum Kind“. „Ich bin ein leidenschaftlicher Koch und biete den Bauernhöfen in der Region Geestland an, gegen eine Spende von 200 Euro für sie zu kochen“, schilderte er sein neuestes Projekt. Den ersten Termin habe er bereits, wo er für 14 Personen kochen werde. „Da gibt es Rheinischen Sauerbraten“, verrät er lachend: „Das wissen die noch gar nicht.“