Mehr als 16 Monate nach der Flutkatastrophe kehrt in Gemünd nach und nach die Normalität zurück. Weitere Geschäfte sind zurückgekehrt oder haben sich neu etabliert – und mache Provisorien werden bald enden.
Nach der FlutWeitere Geschäfte in Gemünd sind wieder da
Die Verkaufswagen in der Gemünder Fußgängerzone werden weniger – auch das ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass der Wiederaufbau vorangeht. Seit dem Winter sind einige Geschäfte neu oder wiedereröffnet worden, nach und nach kommen immer mehr hinzu.
Metzgerei Heck: Schicker Laden mit vielen Highlights
Lange hat die Zeit des Wiederaufbaus gedauert, aber das Ergebnis kann sich wahrlich sehen lassen: Ein echter Blickfang ist der Laden mit der halbrunden Theke, der indirekten Beleuchtung und den schwarzen Fliesen geworden. Besonders stolz ist Udo Heck, der den 1907 gegründeten Familienbetrieb bereits in vierter Generation führt, auf den Dry-Ager, der für die Kunden gut sichtbar im Eingangsbereich steht. „Das ist ein Klima wie in einer Salzgrotte“, erklärt Heck die Funktionsweise des Schranks, in dem das Fleisch mindestens fünf Wochen lang reift.
Erst seit vergangener Woche ist der Laden wieder geöffnet, und in Kürze soll es auch wieder einen Mittagstisch geben. „Die Resonanz der Kunden ist hervorragend“, freut sich Nadine Heck-Weber. Sie ist aber auch für die Angestellten aus dem Verkauf froh, dass die Zeit der kalten Füße, die es zwangsläufig im Verkaufswagen gab, vorbei ist. „Da können wir uns nur bei unserem Team bedanken, dass die das alle über ein Jahr lang mitgemacht haben“, sagt die Chefin.
Ein Dank der Hecks geht derweil auch nach Nettersheim: „Wir haben in den vergangenen Monaten bei den Kollegen der Metzgerei Böhmer produzieren dürfen – das ist auch keine Selbstverständlichkeit“, sagt Udo Heck.
Red Eleven: Jeansladen vermittelt modernes Einkaufserlebnis
Für Jutta und Wolfgang Riecker stand bereits unmittelbar nach der Flutkatastrophe fest, dass sie ihren von den Wassermassen zerstörten Jeansladen „Red Eleven“ wieder aufbauen wollen. „Wir sind zunächst nur von einem halben Jahr für die Arbeiten ausgegangen,“, blickt Wolfgang Riecker auf die Zeit des Wiederaufbaus zurück. Beeindruckt war auch Ehefrau Jutta von der Hilfe, die es von Beginn an gab: „Das war schon toll, wie alle mit angepackt haben.“
Letztlich waren es mehr als 13 Monate, bis der Laden am 18. August seine Pforten für die Kunden wieder öffnen konnte. „Wir haben die Zeit und die Gelegenheit genutzt, die Verkaufsfläche etwas zu vergrößern und bei der Ladeneinrichtung auf ein neues Konzept zu setzen“, so Riecker. Helle Böden, mehr Tageslicht und ein Shop-in-Shop-Angebot verschiedener Marken vermitteln ein rundum modernes Einkaufserlebnis. „Viele Stammkunden freuen sich mit uns, dass wir wieder da sind. Das ist eine schöne Bestätigung für unsere Arbeit der vergangenen Jahre“, sagt Wolfgang Riecker.
Conceptstore Mimo: Für die schönen Dinge des Lebens
Als gelernte Grafikerin hat Marike Lotz-Colditz ein Auge für die schönen Dinge. Damenmode, Schmuck, Wohn-Accessoires, Lederwaren, Schuhe, Keramik und Porzellan: Ausgesuchte Stücke von ausgesuchten Anbietern präsentiert die 45-Jährige jetzt auch im wahrscheinlich extravagantesten Ladenlokal der Stadt. In dem Eckhaus neben der Alten Schule, wo sich bis zur Flutkatastrophe die Buchhandlung Wachtel befand, hat Lotz-Colditz ihren Conceptstore mit dem Namen Mimo eröffnet. „Mimo steht für ‚mi amor‘ – meine Liebe“, erklärt die Inhaberin auf Nachfrage.
„Die Flut hat die Fußgängerzone gewissermaßen zurück auf Null gesetzt. Das hat mir den Freiraum gegeben, einfach mal etwas Neues auszuprobieren“, sagt Lotz-Colditz. Auch für sie war der Traum vom eigenen Laden für viele Jahre ein vertrauter Begleiter: „Nach der Flut habe ich mir die Frage gestellt, ob ich immer nur davon sprechen oder es einfach machen will.“
Nach zehn Jahren als Grafikerin und Webdesignerin im Homeoffice genießt sie insbesondere den direkten Kontakt zu ihren Kunden. Und die Resonanz auf ihr Angebot? „Besser als erwartet“, sagt die Gemünderin, die sich ehrenamtlich als Vorsitzende des Betreibervereins des Rosenbads engagiert. Viele nette Gespräche mit netten Menschen habe es bereits gegeben. „Was man immer wieder hört von den Kunden: Ein Café fehlt noch in der Fußgängerzone.“
Der Teeladen: Die Erfüllung eines Lebenstraums
„Zum Ende des turbulenten Jahres 2021 habe ich mir gesagt: Du musst auch mal was Schönes machen“, erinnert sich Andrea Schmitz. Den Traum von einem eigenen Laden träumte sie schon lange, und als passionierte Tee-Trinkerin stand für die Ettelscheiderin auch schnell fest, in welche Richtung es gehen sollte.
Als sie dann im Februar die Zusage für das ehemalige Ladenlokal des Juweliers Schockert erhielt, das seit der Flut leer stand, ging alles ganz schnell: Mit tatkräftiger Unterstützung der Familie und speziell von Schwester Claudia Mäder wurde die Eröffnung des Ladens, die schließlich Anfang August stattfand, in die Tat umgesetzt.
Rund 70 verschiedene Sorten loser Tees, darunter auch einige in Bio-Qualität, hat Schmitz im Angebot. Passend dazu gibt es Gebäck, Pralinen, Schokolade, ausgesuchte Handarbeiten und natürlich Teegeschirr. „Ich wollte ein typisches ‚Da-geh-ich-mal-rein-Lädchen‘ haben, wie man es selbst gerne im Urlaub entdeckt. Und ich freue mich selbst jedes Mal, wenn ich in den Laden komme“, strahlt Schmitz, der man ihre Begeisterung für die Sache anmerkt.
Tattoostudio 4 Monkeys: Kunst, die unter die Haut geht
Von vorne die Olef, von hinten die Urft: Von beiden Seiten wurde das Tattoostudio „4 Monkeys“ an der Aachener Straße in der Flutnacht überschwemmt, die komplette Einrichtung wurde hinausgespült. „Ein paar Sachen haben wir wiedergefunden, zum Beispiel das großformatige Bild auf einer Lkw-Plane, das eine historische Aufnahme aus dem Gemünder Rosenbad zeigt“, berichtet Tätowierer Peter, der das Studio bereits im Jahr 2016 eröffnet hat. Auch eine Bluetooth-Box hat die Katastrophe überstanden. „Die sollte wasserdicht sein – jetzt ist sie fluterprobt“, sagt Peter.
„Die vergangenen Jahre waren nicht einfach: Wir waren ja auch schon von den Lockdowns während Corona betroffen“, so der Inhaber des Studios weiter. Seit 2019 ist Kollegin Manu dabei, und gemeinsam haben die beiden auch den Entschluss gefasst, das Studio wieder aufzubauen. Im April war es dann schließlich soweit, nachdem Peter und Manu zwischenzeitlich in einem provisorisch eingerichteten Studio in Wollenberg tätowiert hatten. „Wir sind froh, dass es in Gemünd weitergeht“, sagen sie unisono.
Die Zukunft der Bäckereien in Gemünd
Am Marienplatz ist noch die Bäckerei Möhrer aus Dreiborn mit einem Verkaufsanhänger vertreten. „Wir machen den Laden in der Fußgängerzone nicht mehr auf, das steht fest“, sagt die Verkäuferin. Ein Stück weiter vor dem Ladenlokal des Eifeler Brotkörbchens gibt es ebenfalls noch den Verkaufswagen der Schleidener Bäckerei Friedrichs. „In zwei Wochen kommt auch der weg“, sagt Metzgermeister Udo Heck von nebenan: „Der Ofen steht schon im Laden, bald ist auch dort die Zeit der Provisorien vorbei.“
Spendenaktion zum Affentag
Am 14. Dezember 2022 findet mit dem inoffiziellen „Affentag“ weltweit der Ehrentag für Gorillas, Schimpansen, Orang-Utans und weitere Affenarten statt. Initiiert wurde er erstmals im Jahr 2000 von Künstlern und Kunststudenten in den USA, wo er als „Monkey Day“ bekannt ist. Die Gemünder Tattoo-Künstler Peter und Manu vom Studio „4 Monkeys“ nehmen diesen Tag zum Anlass, zu einer Spendenaktion einzuladen.
„Wir verlosen unter allen Teilnehmern zwei Tagessitzungen in unserem Studio“, berichtet Manu. Der Erlös geht an die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, die ein Projekt für Orang-Utans in Indonesien betreibt. Mehr Infos zu der Aktion gibt es zum Beispiel auf der Facebook-Seite von Manu.