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Mehr als 30 Kilometer UmleitungSperrung der B266 sorgt in Einruhr für Unmut

Lesezeit 5 Minuten

Für das Jahr 2021 ist der Ausbau der Brücke über die Rur geplant, die aktuell nur einspurig zu befahren ist.

Simmerath-Einruhr – Der Weg ist das Ziel, stellte einst Konfuzius fest. Das gilt nun auch für die Umleitungsstrecke, die der Landesbetrieb Straßen NRW eingerichtet hat. Seit Montag ist die B 266 zwischen Einruhr und Vogelsang gesperrt – eine Maßnahme, die für großen Unmut sorgt.

Besonders aus Einruhr kommt Protest. Denn nach den corona-bedingten Schließungen im Frühjahr bedeutet die Vollsperrung nun, dass der Touristenort aus Richtung Süden nur über eine Umleitung zu erreichen ist. Und so ist der Weg von Gemünd zum Schiffsanleger in Einruhr statt zwölf 36 Kilometer lang, wenn man über Schwammenauel fährt. Sogar 39 Kilometer sind es über Rohren, Hammer und Dedenborn. Rund eine Dreiviertelstunde ist derzeit für die Strecke einzuplanen, für die der Routenplaner sonst 14 Minuten angibt.

Ein herber Schlag

Einerseits machen beide Strecken den Zeitverlust durch traumhafte Naturschönheit wieder wett: Schmale, kurvige Straßen führen durch malerische Täler, während nebenan die Rur plätschert. Doch andererseits ist die Umleitung für die Tourismusbranche in Einruhr ein herber Schlag.

Die B266 zwischen Vogelsang und Einruhr ist gesperrt. Nächste Woche soll der Verkehr von Erkensruhr nach Schleiden wieder fließen.

„Viele Gäste kommen nicht mehr“, hat Günter Bexten festgestellt. Er bedient auf der Terrasse des Restaurant-Cafés Zur Post, das seine Frau Renate betreibt. Bisher seien viele Besucher von Vogelsang aus nach Einruhr gekommen, um am See einzukehren: „Die bleiben aber weg.“ Für ihn persönlich gebe es noch ein ganz anderes Problem. Von seinem Wohnort Erkensruhr aus sei er nach fünf Kilometern in Einruhr. Doch in der nächsten Woche wird diese Zufahrt gesperrt. „Dann soll ich über Gemünd nach Einruhr fahren“, staunt er. Solche Umwege seien für die arbeitenden Menschen in der Region eine Katastrophe. Auch wer nach Aachen müsse, müsse riesige Umleitungen in Kauf nehmen.

Eine schlimme Saison befürchtet Rudolf Baum (Rurseeschifffahrt).

Die Sperrung habe Einfluss auf die Besucherzahlen. „Wenn das im November oder März gemacht worden wäre, wäre das wegen des ausbleibenden Winters nicht so schlimm gewesen“, so Bexten. Doch in der Hauptsaison sei das fatal.

Ort lebt vom Tourismus

Auch Franz Hoffmann vom Restaurant-Café Eifelhaus sieht das so. „Der ganze Ort lebt vom Tourismus“, beschreibt er die Situation. Nun sei mitten in der Hauptsaison wegen eines Radwegs von etwa 100 Metern die Straße gesperrt worden. „Dass dieses Stück Radweg gemacht wird, ist gut und richtig“, lobt er zwar. Bisher habe der Weg von Vogelsang aus in der Kurve geendet, was gefährlich für die Radfahrer gewesen sei. Doch der Zeitpunkt sei nicht gut gewählt. „Das hätte gut in den Herbstferien gemacht werden können“, ist er sich sicher.

Mit schwerem Gerät die Mitarbeiter der Baufirmen, um den Radweg neben der Bundesstraße 266 fertigzustellen.

„Normalerweise ist Mittwoch einer der stärksten Tage“, sagt Rudolf Baum. Der Oberseeleiter der Rurseeschifffahrt ist seit 20 Jahren mit von der Partie, doch so etwas hat er nach eigenem Bekunden noch nicht erlebt: „Gestern hatte ich Leute hier, die drei Stunden unterwegs waren, weil sie eine kleine Schiffsfahrt machen wollten.“

Zeitplan

Die Vollsperrung der B266 in Richtung Einruhr soll laut Bernd Aulmann von Straßen NRW voraussichtlich bis zum 24. Juli dauern. Sie sei nötig, weil anders geltende Sicherheitsabstände zwischen Verkehr und Baustelle nicht einzuhalten seien. Seit März 2018 ist die Brücke in Einruhr wegen mangelnder Tragfähigkeit nur einspurig befahrbar. Laut Aulmann soll im Herbst 2021 eine Behelfsbrücke errichtet und bis 2023 eine neue Brücke gebaut werden.

Auch in Gemünd wird der Verkehr beeinträchtigt. Die B266 und die B265 werden in drei Abschnitten saniert und dafür gesperrt: zunächst die B266 vom 27. bis zum 29. Juli ab der Ampelkreuzung bis zum Kreisverkehr Alte Post und vom 30. Juli bis zum 1. August von der Neustraße bis zur Ampelkreuzung. Dann folgt die B265 vom Kreisverkehr Müsgesauel bis zur Ampelkreuzung vom 3. bis 5. August. Der Verkehr wird dann umgeleitet.

Dass die Sperrungen für die touristischen Betriebe gerade in der Zeit nach den Corona-Schließungen ärgerlich seien, könne er nachvollziehen, sagt Aulmann. Allerdings werde bei jeder Baustelle irgendwer belästigt. Es sei üblich, Bauarbeiten in die Sommerferien zu legen, weil dann weniger Berufsverkehr unterwegs sei, erklärte er: „Wir belästigen lieber den Touristen als die Berufstätigen.“

Die Arbeiten in diesem Jahr wegen Corona zu verschieben, sei keine Option gewesen. Schließlich haben die Baufirmen diese fest eingeplant und auch der Landesbetrieb müsse weiter arbeiten, sagt Aulmann. (jre)

„Unsere Sorge ist, dass die Leute gar nicht kommen oder wenn sie etwa in Monschau sind, dort bleiben“, befürchtet Martin Conzelmann, Prokurist der Rurseeschifffahrt. Er habe bereits mehrere Anrufe von Kunden erhalten, die darum baten, dass das Schiff aufgehalten wird, weil sie noch auf der Umleitung unterwegs sind. „Das geht natürlich nicht, wir haben ja einen Fahrplan, aber eine Stunde später geht das nächste Schiff“, so Conzelmann.

Corona sei schlimm gewesen, und jetzt, wo die Sache wieder langsam in Schwung komme, werde die Straße gesperrt. „Dann ist die Frage, ob der Zeitpunkt optimal gewählt ist“, formuliert er vorsichtig. „Und wenn dann noch Gemünd gesperrt wird, dann ist die Saison vorbei“, befürchtet Oberseeleiter Baum angesichts der nächsten Baumaßnahme, die für Ende Juli angekündigt ist.

Doch nicht nur Einruhr ist aus der Südrichtung abgeschnitten. Auch Vogelsang ist von der Baumaßnahme betroffen. Immer wieder stranden ratlose Autofahrer vor der Absperrung der Bundesstraße. „Wir machen in Woffelsbach Urlaub und wollten nach Vogelsang“, sagt Stefan Meid aus Köln. Von der Baustelle habe er gewusst, doch sie total vergessen. „Ach, die Eifel ist so schön, dann fahren wir die Umleitung“, nimmt’s seine Beifahrerin leicht. Weniger begeistert ist man derweil in Vogelsang. „Dass wir von der Aachener Seite abgeschnitten werden, ist ungünstig“, sagt Birgit Linden vom Besucherzentrum in Vogelsang. Sie habe angeregt, an die Sperrbake ein Schild mit dem Hinweis anzubringen, dass Vogelsang geöffnet sei: „Heute ist schon jemand nach Dreiborn abgebogen, der eigentlich zu uns wollte.“