SpeedskatingSchnell wie der Wind, bequem wie Pantoffeln
SPEEDSKATING – Detlef Leckels Gesicht hellt sich für wenige Augenblicke auf, während er seinen maßangefertigten Speedskate-Halbschuh in die Kamera hält. „Wenn ich den anhabe und zumache, fühlt es sich so an, als hätte ich meine Pantoffeln an“, sagt der leidenschaftliche Speedskater.
Das liege an der Fertigung des Materials, wie er erläutert. Der Halbschuh, wie es der Name schon erahnen lässt, geht im Gegensatz zu den gewöhnlichen Inlineskates nur bis zum Knöchel. Durch die Maßanfertigung aus Carbon und einer weichen Polsterung mache es für Leckel keinen Unterschied, ob er 40 oder sogar 100 Kilometer auf Rollen unterwegs ist.
Die Leidenschaft entdeckte er durch seine Kinder
Auch, dass der lizenzierte C-Trainer für Inlinespeedskating seinen Schuh wenige Meter neben dem Schreibtisch im Arbeitszimmer liegen hat, lässt vieles über seine Beziehung zu den Skates erahnen. Denn wer in seiner Freizeit regelmäßig Sport ausübt – sei es Joggen, Fußballspielen oder eben auch Inlinerfahren – der weiß, wie dreckig die Ausrüstung danach werden kann. Daher sei eine „intensive Reinigung“ besonders der Kugellager neben der herkömmlichen Schuhreinigung sehr wichtig.
Seit er 47 Jahre alt ist, trifft man Leckel regelmäßig auf Rollen an. Zunächst auf den gewöhnlichen Inlinern. Alles habe damit angefangen, dass sich seine Kinder auf Skates probieren wollten und er kurzerhand auch auf die Rollen stieg und mit ihnen fuhr. Inzwischen ist der gelernte Diplom-Ingenieur und pensionierte Bundesbeamte das einzige noch aktive Familienmitglied auf Inlinern. Mittlerweile greift er allerdings fast ausschließlich auf die Speedskates zurück.
„Es geht darum mit möglichst wenig Kraftaufwand möglichst sicher und möglichst schnell nach vorne zu kommen“
Doch was sind eigentlich Speedskates? In der groben Betrachtung unterscheiden sie sich von den Inlineskates, die wohl schon fast jeder einmal als Kind angeschnallt hat, vor allem durch die Verarbeitung hochwertigeren Materials wie Carbon statt Kunststoff und dem Fehlen einer Bremse. Vier harte Rollen, qualitativ hochwertige Kugellager und eine stabile Schiene aus Metall – das mache einen guten Skate im Allgemeinen aus, so Detlef Leckel. Und klar: Die Inliner sollten passen und bequem sein. So bequem wie Pantoffeln eben.
Speedskates sind auf Geschwindigkeit ausgelegt. Und diese erreicht man nicht nur, indem man aufs Bremsen verzichtet, sondern vorrangig durch die richtige Technik: „Es geht darum mit möglichst wenig Kraftaufwand möglichst sicher und – wer will – auch möglichst schnell nach vorne zu kommen“. Ein weiterer Unterschied zu den Inlineskates aus dem Supermarkt, die im Sonderangebot zwischen 20 und 40 Euro kosten und mit denen man allenfalls ein paar Meter vor dem eigenen Haus hin und her fahren könne, sei die Ambition. Als Fitnessskater wolle man längere Strecken fahren oder auch Wettkämpfe bestreiten.
Speedskater fahren Distanzen bis zu 100 Kilometer
Die SpeedSkaterEuskirchen (SSE), die seit 1998 bestehen und vereinsmäßig an die LGO Euskirchen/Erftstadt angebunden sind, nehmen seither regelmäßig an Wettkämpfen und Meisterschaftsrennen über die Länge von zehn Kilometern, Halbmarathondistanzen, Marathondistanzen bis hin zu Langstrecken von 100 Kilometern teil. Und wer hier mithalten will, muss zwangsläufig auf die schnelleren Speedskates zurückgreifen. An eine Inlinertour im Rahmen des Trainings der SSE, das eigentlich jeden Donnerstag um 18.30 Uhr am Parkplatz zum Stadtwald Euskirchen startet, erinnert sich Detlef Leckel daher besonders gerne. „Einmal wollten wir eine neue Route ausprobieren und sind dann unteranderem von der Steinbachtalsperre runter nach Kirchheim gefahren. Da ist dann so ein Satz Rollen weggebremst. Da fahren wir wohl nicht mehr her“, erzählt er lachend.
Denn wer Speedskates fährt, hat keine Bremsbacken und muss die T-Stop-Bremstechnik beherrschen. Hierbei steht der vordere Schuh in Fahrtrichtung gerade, während man den hinteren quer stellt und mit dessen Rollen bremst. Die Inliner formen den Buchstaben T.
Falltraining alleine reicht nicht, die Ausrüstung ist wichtig
Preislich bewegt man sich mit den Speedskates in anderen Kategorien als mit Inlineskates. Während man bei letzteren schon für zwischen 150 und 250 Euro gute Qualität einkaufen kann, kosten Speedskates zwischen 400 und 500 Euro. Außer, man ist wie viele der Speedskater schon mehrere Jahrzehnte dabei und greift auf eine noch teurere Maßanfertigung zurück. Leckel, der in seiner Freizeit zudem gerne Basketball spielt, benutzt Handschützer mit Plastikeinsatz, die wie Fahrradhandschuhe aussehen, sowie Strumpfschoner für die Knie. Zwar habe es früher Falltraining gegeben, durch das man lerne, nach Unfällen richtig zu fallen, das ist aber keine Garantie, verletzungsfrei zu bleiben. „Es gibt einfach keinen Sport ohne Risiko. Und im Affekt bestimmen ohnehin die Instinkte das Geschehen.“ Leckel sei es zumindest noch nie gelungen, nach einem bestimmten Muster zu fallen, nachdem er über ein Hindernis gestolpert ist. Da sind Schürfwunden trotz Schutzausrüstung keine Seltenheit.
Mehrere Male pro Woche und häufig über die Halbmarathondistanz schnallt sich der Trainer seine Inliner an. Da bleibt eine Abnutzung des Materials nicht aus. Bei gewöhnlichen Inlinern solle man daher darauf achten, dass die Bremsbacken zwischendurch überprüft und bei Bedarf gewechselt werden müssen. Bei allen Skates gleich ist die unterschiedliche Abnutzung der einzelnen Rollen. „Die Innenkanten nutzen durch die Schrägstellung beim Fahren schneller ab, weswegen man in Abständen einen Wechsel von innen nach außen und von hinten nach vorne vornimmt.“ Ein guter Satz Rollen kostet um die 100 Euro. Wenn man allerdings nicht gerade die Strecke von der Steinbachtalsperre nach Kirchheim als Route wählt, kommt man mit einem Satz mehrere Tausend Kilometer aus, sagt Leckel.
Auch den Skatern macht die Corona-Pandemie das Leben schwer
Dass Detlef Leckel im Gespräch mit dieser Zeitung seinen Schuh nur per Kamera zeigen kann, lag an den zum Zeitpunkt des Gesprächs vorherrschenden Corona-Regeln. Die Pandemie machte es auch den Inlineskatern und Speedskatern der LGO mehr als ein Jahr unmöglich zu trainieren. Neben dem planmäßigen Trainings donnerstagabends im Sommer, bieten die Trainer der SSE um Leckel seit 2002 außerdem ein Wintertraining in der Halle an. Hier werden jeden Samstag von 13 bis 17 Uhr die Grundlagen für die vielen Touren und die Wettkämpfe während der Sommerzeit gelegt.
Mit seinen Trainerkollegen schult Detlef Leckel, der seit 58 Jahren Mitglied der LGO Euskirchen/Erftstadt ist, die Trainingsteilnehmer aller Altersklassen in den verschiedenen Brems- und Kurventechniken sowie in der Bewältigung von Gefahrensituationen. Weiterhin setzt das Trainerteam der SSE auf Dehnübungen und Muskeltraining.
„Für mich ist kein Training mit Masken und unter Social-Distancing realisierbar.“
Angesprochen auf eine Wiederaufnahme des Trainingsbetriebs im Sommer, vertrat Leckel im Gespräch mit dieser Zeitung eine klare Meinung: „Für mich ist kein Training mit Masken und unter Social-Distancing realisierbar.“ Seit März des vergangenen Jahres hat er nicht mehr mit seinen Freunden zusammen durch die schöne Natur der Eifel fahren können. Seine Speedskates hatte er nur für private Touren an, um einfach mal den Kopf freizubekommen.
Die Zukunft macht dem gebürtigen Euskirchener schwer zu schaffen. „Ich mache mir große Sorgen, weil viele Angst haben, sich beim Nächsten zu infizieren. Uns allen fehlt die Nähe zu anderen Menschen“. Es bleibt also nur die Hoffnung – und vielleicht sieht man dann schon bald wieder die Mitglieder des SSE wie auf Pantoffeln hintereinander im Windschatten durch die Gegend fahren.