Erneut sitzt der 35-jährige Euskirchener vor dem Gericht. Bereits in der Vergangenheit musste sich der Verurteilte mehrmals wegen verschiedener Delikte verantworten. Und auch diesmal ist der Grund für den Gerichtsentscheid alles andere als harmlos.
Erneut vor Gericht35-jähriger Euskirchener zu Bewährungsstrafe verurteilt – „absolut falsch verhalten“
Viktor K. (Name geändert) hat eine Menge auf dem Kerbholz: Unterschlagung, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Beleidigung, Sachbeschädigung, Körperverletzung und immer wieder Rauschgiftdelikte – womit seine Vorstrafen-Liste noch nicht vollständig ist.
Mit insgesamt 14 Eintragungen im Bundeszentralregister musste sich der 35-Jährige, der schon dreimal im Gefängnis gesessen hat, jetzt zum wiederholten Mal vor dem Schöffengericht verantworten.
Gericht verurteilt Euskirchener zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung
Unter dem Vorsitz von Dr. Wolfgang Schmitz-Jansen verurteilte das Gericht den Euskirchener zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung, und zwar wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung sowie vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, davon einmal in Tateinheit mit Nötigung.
Das Substitutionsprogramm, an dem der Drogenkranke teilnimmt, muss er fortsetzen, lautet eine Auflage des Gerichts. Außerdem muss er sich einer Drogentherapie unterziehen und sich der Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellen.
Als K. sich am 17. Juni dieses Jahres in einer Arztpraxis in Flamersheim sein Ersatzpräparat abholen wollte, war es zu einer Auseinandersetzung gekommen, in deren Verlauf er ein Tablett mit medizinischem Besteck in Richtung einer Angestellten warf. Sie sei im Rücken getroffen, aber nicht verletzt worden, hieß es in der Anklageschrift. Beim Verlassen der Praxis schleuderte er einen Aschenbecher gegen einen Türrahmen.
K. räumte die Vorwürfe über seinen Verteidiger Hagen Seipel ein. Sein Mandant sei nach seiner Haftentlassung im August 2021 drogenfrei gewesen, im vergangenen Sommer habe er aber eine „schlechte Phase“ gehabt. In der Praxis habe er Angst gehabt, kein Methadon zu bekommen, und deshalb schwere körperliche Schmerzen befürchtet.
„Er weiß, dass er sich absolut falsch verhalten hat“, sagte Seipel über den Angeklagten, der die Praxismitarbeiterin während der Verhandlung um Entschuldigung bat. Auf eine Vernehmung der als Zeugin geladenen Frau verzichtete das Gericht angesichts des Geständnisses.
Verteidiger über seinen Mandanten: „Hier sitzt kein Heroin-Junkie, sondern ein ehemaliger Heroin-Junkie“
Am 4. Juli wurde K. erneut gewalttätig. In Kuchenheim wollte er bei einem Bekannten Schulden eintreiben. Der 36-Jährige konnte jedoch mit den 100 Euro nicht dienen, die K. verlangte. Seiner Forderung verlieh er mit Schlägen Nachdruck. Auf einem Fahrrad fuhr das Duo nach Euskirchen. Der Gläubiger forderte den Schuldner auf, an einem Bankautomaten Geld zu ziehen, doch dies misslang, weil der 36-Jährige bewusst dreimal die falsche Pin eingab.
Der Versuch, die 100 Euro an einer Tankstelle abzuheben, scheiterte ebenfalls, was K. derart wütend machte, dass er wieder auf seinen Bekannten einprügelte. Während das Opfer ins Krankenhaus kam, wurde der Täter, der zunächst mit dem Fahrrad geflohen war, von der Polizei dingfest gemacht.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft forderte 20 Monate Haft und sah keinen Grund, den Vollzug der Strafe zur Bewährung auszusetzen. Das Gericht jedoch schloss sich dem Verteidiger an, der für seinen Mandanten eine positive Prognose abgab. „Hier sitzt kein Heroin-Junkie, sondern ein ehemaliger Heroin-Junkie“, sagte er mit Blick auf das Methadonprogramm, das K. mittlerweile nicht mehr in Flamersheim, sondern in einer anderen Praxis absolviert.
Der Vorsitzende Richter sagte zu K.: „Es wäre ein Leichtes, Sie wieder ins Gefängnis zu schicken.“ Zumal er bisher alle Bewährungschancen ungenutzt gelassen habe. Das Gericht sehe aber tatsächlich Fortschritte, die durch einen weiteren Haftaufenthalt gefährdet werden könnten. Schmitz-Jansen bezog sich damit auf die Arbeitsstelle, die K. gefunden hat, das Substitutionsprogramm und auf den Umstand, dass er Verantwortung für seine Familie übernehme.
Damit war auch die Lebensgefährtin gemeint, die K. noch im Juni geschlagen und heftig beleidigt hatte. Der Staatsanwalt hatte ihn auch für diese Taten angeklagt. Auf Anregung des Verteidigers wurden die entsprechenden Verfahren aber eingestellt. Das Paar sei mittlerweile verlobt, und die beiden wollten „kein Öl ins Feuer gießen“, hatte Seipel zur Begründung gesagt.