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Jugendkunstgalerie„Freestyle NRW“ startet in Euskirchen mit Vernissage und Performance von Jugendlichen

Lesezeit 4 Minuten
Schauspieler Pierre Stoltenfeldt liegt auf dem Boden, um ihn herum Jugendliche, die ihn nicht beachten.

In der Alten Tuchfabrik fand die Vernissage der Jugendkunstgalerie des Projektes „Freestyle NRW“ statt. Eine Performance über Ausgrenzung und Polarisierung zeigten Jugendliche der Gesamtschule Euskirchen mit dem Schauspieler Pierre Stoltenfeldt

In der Alten Tuchfabrik in Euskirchen fand die Vernissage der Jugendkunstgalerie des Projektes ‚Freestyle NRW‘ statt.

Die Szenerie ist beklemmend. Auf dem Podium steht ein massiger, bärtiger Mann und peitscht seine Zuhörerschaft an, die bei ihm auf der Bühne sind. Zusammenstehen sollten sie, denn sie würden die Zukunft gestalten. Es gehe um mehr Rechte für die Jungen, auf sie komme es an. Und schuld seien die anderen, ruft er.

Er zeigt auf die Menschen, die im Publikum sitzen. „Sie wollen lieben, wen sie wollen, sie wollen tragen, was sie wollen“, agitiert er und fordert seine Anhänger auf, die Gegendemonstration zu stoppen, die sich im Zuschauerraum formiert hat. „Es kommt auf euch an“, wiegelt er sie auf, und damit hat er recht, doch anders, als er es meint, denn in seiner Gruppe gibt es eine Rebellion.

Schauspieler Pierre Stoltenfeldt steht mit den Jugendlichen auf der Bühne.

In der Alten Tuchfabrik fand die Vernissage der Jugendkunstgalerie des Projektes 'Freestyle NRW' statt. Eine Performance über Ausgrenzung und Polarisierung zeigten Jugendliche der Gesamtschule Euskirchen mit dem Schauspieler Pierre Stoltenfeldt

Die jungen Leute wollen nicht mehr seinen Anweisungen folgen und wenden sich von ihm ab. „Ohne mich seid Ihr nichts“, ruft der Schauspieler Pierre Stoltenfeldt, der die Rolle des Einpeitschers übernommen hat, noch ein letztes Mal, dann fällt er rückwärts vom Podium.

Fotos in Tuchfabrik ausgestellt

Diese beklemmende und fesselnd vorgetragene Performance führten die Schüler der Gesamtschule Euskirchen in der Alten Tuchfabrik bei der Vernissage des Projekts „Freestyle NRW“ auf. Wobei die Mechanismen gesellschaftlicher Polarisierung natürlich stark vereinfacht in das rund zehnminütige Bühnengeschehen gefasst wurden.

Unterschiedliche Fotos sind ausgestellt.

In der Alten Tuchfabrik fand die Vernissage der Jugendkunstgalerie des Projektes „Freestyle NRW“ statt.

Doch genau wie die 120 Fotos, die bei der Veranstaltung ausgestellt waren, erlauben sie einen direkten Blick in die Lebenswirklichkeit junger Menschen und auf ihre Sicht ihrer Umgebung. Bei manchen ist die Botschaft sehr direkt, bei anderen eher übersetzt. Manche sind am Computer bearbeitet, andere, vor allem die Strandszenen, wirken eher wie Aufnahmen aus dem Familienurlaub.

„Freestyle NRW“ zum zweiten Mal in Euskirchen

Bereits zum zweiten Mal wurde das Projekt „Freestyle NRW“ in Euskirchen durchgeführt. Zentrales Element ist der Wettbewerb zur Teilnahme an der Fotoausstellung. Rund 1100 Einsendungen habe es gegeben, ein Rekord für NRW, teilte Projektleiterin Dorothea Hudaszek von dem Verein Ensible aus Schmallenberg mit. Ähnliche Projekte würden auch im Sauerland durchgeführt, dort allerdings mit einer Wanderausstellung, sowie in Bocholt.

120 Aufnahmen wurden ausgestellt

Mehr als 380 Teilnehmer beteiligten sich an den 18 Workshops, die an den vier weiterführenden Schulen in Euskirchen stattfanden. Dort wurden den Kindern und Jugendlichen technische, gestalterische und auch rechtliche Hintergründe vermittelt, die bei der Erstellung von Fotos beachtet werden sollten. Aus den Einsendungen wurden 120 Aufnahmen ausgewählt, die im Format A1 ausgedruckt und nun ausgestellt wurden. „Es geht darum, Jugendliche zu aktivieren“, sagte Hudaszek. Fotos hätten keine Sprachbarrieren und könnten so Menschen mit und ohne Fluchthintergrund zusammenbringen.

Auch Filme sind Teil der Ausstellung

Auch Filme wurden an den vier teilnehmenden Schulen – dem Gymnasium Marienschule, der Kaplan-Kellermann-Realschule, der Gesamtschule und dem Emil-Fischer-Gymnasium – gestaltet. „Einer davon ist bereits fertig, die anderen sind noch in Arbeit“, erläuterte Hudaszek. Die Animationsfilme würden von den Jugendlichen geskriptet und dann nach den von ihnen gestalteten Vorgaben von Profis realisiert.

„Wer beim letzten Mal dabei war, hat gesehen, was das Projekt an Begeisterung ausgelöst hat“, so Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt. Der Stolz der Jugendlichen auf ihre Werke sei zu spüren gewesen, und das zu Recht. „Es sind tolle Motive, ich hatte bis jetzt gar nicht genug Zeit, mich denen zu widmen“, sagte er.

Dritte „Freestyle“-Saison in Planung

Die Anträge für eine dritte „Freestyle“-Saison seien bereits gestellt und in der Bearbeitung, teilte Hudaszek mit. Um genug Zeit zu geben, werden die 120 von der Jury ausgewählten Fotografien über vier Wochen nicht nur in 26 Geschäften in Euskirchen zu sehen sein, sondern auch in 25 Bussen der SVE und auf fünf City-Lights-Plakaten.

500 Fotos in Online-Galerie

Anschließend gehen die Fotos an die Schulen, bevor sie schließlich den Urhebern übergeben werden. 500 der Fotos sind in einer Online-Galerie ausgestellt, die im Internet zu sehen ist. Einen Sonderpreis der Jury, eine Profi-Fotokamera, erhielt die zehnjährige Inola Böhm, die unter dem Titel „Die Tür zum Frieden“ eine in den Landesfarben der Ukraine gestrichene Tür fotografiert hatte.