AboAbonnieren

Neue DoppelspitzeIm Euskirchener Marien-Hospital besteht ein erheblicher Sanierungsstau

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt die Senioreneinrichtung aus der Luft.

Das Seniorenzentrum am Tuchmacherweg in Euskirchen ist eins der großen Projekte, das auf die neue Verwaltungsspitze zukommt. Nach der Flut ist die Einrichtung noch nicht wieder am Netz.

Seit vier Wochen ist die Doppelspitze im Euskirchener Marien-Hospital komplett. Auf Dr. Maren Thäter und Wolfgang Schneider warten intensive Projekte.

Dr. Maren Thäter genießt ihren Welpenschutz, wie sie es selbst bezeichnet – sprüht aber auch vor Tatendrang. Seit rund vier Wochen komplettiert die Bielefelderin die Geschäftsführung der Stiftung Marien-Hospital in Euskirchen. Am 1. Juni dieses Jahres hatte bereits Wolfgang Schneider seine Arbeit in der Geschäftsführung aufgenommen.

Mit Thäter bildet er nun erstmals in der mehr als 150-jährigen Geschichte der Stiftung eine Doppelspitze. Und deshalb musste in der fünften Etage des Verwaltungsgebäudes am Marien-Hospital ein wenig umgebaut werden. Der ehemalige Besprechungsraum wurde zu zwei gleich großen Büros. Wenige Meter weiter ist aus dem ehemaligen, recht groß dimensionierten Büro der Geschäftsleitung der neue Besprechungsraum geworden.

Erste Doppelspitze in der mehr als 150-jährigen Geschichte

Die Stiftung hat sich bewusst für die Doppelspitze entschieden, entsprechend wird dies nun auch umgesetzt. Und so wird Thäter im Marien-Hospital den Bereich Medizin und Soziales leiten. Schneider, der im Juni aus dem Alb-Donau-Kreis nach Euskirchen gewechselt ist, kümmert sich um Finanzen, Personal und Infrastruktur.

So zumindest in der Theorie. In der Praxis sieht das aktuell anders aus. Dafür gibt es mehrere Gründe: Neben der Einarbeitungsphase von Maren Thäter gibt es einige Projekte, die seit der Flut noch nicht abgearbeitet worden sind und der Expertise beider Schwerpunkte bedürfen.

Marien-Hospital: Thäter und Schneider haben von Hartmann übernommen

Anfang Juni 2023 hatte der Stiftungsvorstand den Geschäftsführer abberufen. Am 29. Oktober beginnt vor dem Landgericht Bonn der Prozess gegen ihn, einen weiteren ehemaligen Mitarbeiter der Stiftung Marien-Hospital Euskirchen und drei weitere Angeklagte.

Die Staatsanwaltschaft legt ihnen insgesamt 13 Taten zur Last, die sie in unterschiedlicher Beteiligung zwischen dem 2. Juli 2018 und dem 29. Dezember 2023 begangen haben sollen. Im Einzelnen werden angeklagt: Untreue, Beihilfe zur Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr sowie Steuerhinterziehung, jeweils im besonders schweren Fall. Die Angeklagten sollen einen Schaden von rund 6,6 Millionen Euro zulasten der Stiftung verursacht haben, die unter anderem das Euskirchener Krankenhaus betreibt.

Das Bild zeigt Dr. Maren Thäter und Wolfgang Schneider gemeinsam hinter einem Schreibtisch. Sie sind bester Laune.

Seit vier Wochen bilden Dr. Maren Thäter und Wolfgang Schneider die Doppelspitze in der Verwaltung des Marien-Hospitals.

Das Bild zeigt den Eingang zur ehemaligen Suchtklinik in Stotzheim. Der Eingang ist verbrettert.

In Stotzheim hat die Stiftung Marien-Hospital auch dreieinhalb Jahre nach der Flut die Klinik für psychosoziale Behandlung und Rehabilitation noch nicht wieder aufgebaut.

Nun haben Schneider und Thäter die Amtsgeschäfte von Interims-Geschäftsführer Johannes Hartmann übernommen. Die zahlreichen Aufgaben schweißten bereits nach vier Wochen zusammen, weil man im ständigen Austausch stehe, so Thäter: „Die Ausrichtung des Bereichs Medizin kann nicht geplant werden ohne die entsprechenden finanziellen Mittel. Also machen wir gerade ziemlich viel gemeinsam. Es wird erwartet, dass wir nun die Ärmel hochkrempeln. Noch bin ich ein bisschen die Bremse – aber nur, weil ich mich noch in der Orientierungsphase befinde.“

Schneider erklärt die zahlreichen Aufgaben: „Wir haben viele Parallelprojekte. So sind das Theodor-Rövenich-Haus am Tuchmacherweg in Euskirchen und die Psychosoziale Klinik St. Martin in Stotzheim seit der Flut geschlossen.“ Gerade das Seniorenzentrum Theodor-Rövenich-Haus sei ein Projekt, das mit einer gewissen Priorität angegangen werden müsse.

Pläne für ehemalige Suchtklinik in Stotzheim entwickelt

„Wir sehen den Bedarf, wir brauchen die Pflegeplätze. Aber wir müssen auch sehen, wie wir das refinanziert bekommen und was dort überhaupt baurechtlich entstehen darf“, erklärt der Geschäftsführer. Für Stotzheim und die ehemalige Suchtklinik entwickelt sich laut Schneider „gerade eine gute Idee“. Ins Detail dürfe und könne er aber noch nicht gehen.

Aber die beiden Immobilien, die von der Flut stark in Mitleidenschaft gezogen worden sind, sind nicht die einzigen Baustellen. Eine große Baustelle wird in den kommenden Jahren in der Südstadt selbst, am Marien-Hospital, entstehen. „Wir müssen das Haus in Gänze betrachten. Über die Jahre ist hier ein ziemlicher Investitionsstau eingetreten. Da kann man fast keine Bereiche herausnehmen“, sagt Thäter: „Wir müssen an die Substanz und jeden Bereich perspektivisch anfassen. Aber das muss sehr gut geplant sein, weil der Betrieb in dieser Zeit weitergehen muss. Die Grundlage dafür ist, dass Prozesse gut sind, bei Bedarf optimiert werden und für die Patienten, aber auch für das Krankenhaus keine Nachteile entstehen.“

Wir haben noch keine Zahlen. Aber man muss auch kein Prophet sein, um zu sagen, dass wir das merken werden.
Wolfgang Schneider, Geschäftsführer des Marien-Hospitals

Apropos Nachteile: Die NRW-Krankenhausplanung ist in aller Munde, die Schließung der Notaufnahme in Schleiden dürfte sich auch auf das Marien-Hospital in Euskirchen auswirken. „Wir haben noch keine Zahlen. Aber man muss auch kein Prophet sein, um zu sagen, dass wir das merken werden“, sagt Schneider. Die bislang jährlich in der Schleidener Notaufnahme behandelten 8000 Patienten werden nach Schneiders Einschätzung nicht allein in Mechernich abgearbeitet werden können.

Thäter sagt: „Im Grunde ist der Ansatz der Krankenhausplanung auf Landes- und Bundesebene nachvollziehbar. So wie sich das Finanzierungs- und Gestaltungssystem dargestellt hatte, hatte es keine Zukunft.“ Ein positiver Aspekt der Krankenhausplanung sei, so Thäter, dass man miteinander ins Gespräch kommen müsse. „Wir müssen Zukunft gemeinsam denken und werden mit dem Umfeld den Austausch suchen“, sagt sie. Das Kirchturmdenken müsse aufhören.

Krankenhausplanung: Notfallversorgung laut Wolfgang Schneider nicht gelöst

Laut Schneider gibt es in der Krankenhausplanung ein großes Feld, das nicht gelöst ist: die Notfallversorgung. Dass man gewisse Leistungen zentralisiere, sei kein falscher Gedanke – wegen der Qualität und aus ökonomischen Gründen. Bei der Notfallversorgung gebe es aber einen riesigen Unterschied zwischen Land und Stadt.

Das verdeutlichen Schneider zufolge allein die Zahlen des Marien-Hospitals in Euskirchen. Knapp 80 Prozent der stationären Patienten des Marien-Hospitals kommen aus der Zentralen Notaufnahme des Krankenhauses, so der Geschäftsführer. „Das macht die Bedeutung einer Zentralen Notaufnahme deutlich“, sagt Schneider: „In einem Flächenkreis ist das ein großes Thema.“

Die ersten vier Wochen habe Thäter genutzt, um „Menschen und Steine innerhalb der Stiftungsfamilie“ kennenzulernen. So sei es zunächst darum gegangen, die Mitarbeitenden kennenzulernen, ein Gefühl für die Situation auf den einzelnen Stationen zu bekommen. Mittlerweile habe sie aber auch einen Eindruck davon, dass die Stiftung viel mehr als nur das Krankenhaus in der Euskirchener Südstadt sei. Auch die Zusammenarbeit und der Austausch mit dem Verwaltungsrat begeistert sie.

„Das Vertrauen, das einem hier entgegengebracht wird, ist riesengroß. Es gibt eine große Offenheit und einen großen Gestaltungsspielraum“, sind sich Thäter und Schneider einig, die zusammengerechnet mehr als 60 Jahre Erfahrung im Gesundheitswesen aufweisen und mit nach Euskirchen bringen.