Eine Euskirchener Firma hat emissionsfreie Mini-Kraftwerke auf Wasserstoffbasis konzipiert. Mit ihnen kann Energie länger gespeichert werden.
Mini-KraftwerkeEuskirchener Firma exportiert grüne Wasserstoff-Technologie nach Südafrika
Die Firma Umstro hat große Pläne. Mit Wasserstoff wollen Chef Joachim Wilsdorf und sein Sohn und Junior-Chef Philipp Wilsdorf den Markt für Energiespeicher revolutionieren – und das von Euskirchen aus in der ganzen Welt, unter anderem in Südafrika.
Das Prinzip, auf das die Firma setzt, klingt simpel: Überschüssiger Strom aus regenerativen Energien wird in Elektrolyseuren in Wasserstoff umgewandelt. Den Wasserstoff kann man so lange lagern, bis weniger Strom produziert wird, und dann wieder zurück in Energie in Form von Strom und Wärme umwandeln. „Das hat gegenüber den herkömmlichen Batterien den Vorteil, dass die Energie deutlich länger gespeichert werden kann“, erklärt Projektleiter Jasper Steeger.
In Euskirchen kommt die Technik für neue Wohneinheiten zum Einsatz
Umstro baut die kleinen Kraftwerke passgenau nach Kundenwunsch, etwa für die Größe eines Überseecontainers. Darin können die als „Microgrid“ bezeichneten dezentralen Energiesysteme in die ganze Welt verschifft werden. Zusätzlichen Platz brauche der Besitzer nur noch für die Photovoltaikanlage, die die Elektrolyseure mit Strom versorgt.
Noch befindet sich das Projekt in der Modellphase. Doch die ersten Einsatzorte für die emissionsfreien Mini-Kraftwerke sind bereits geplant. Die Eugebau hat eine der Anlagen für die neuen Wohneinheiten im alten Schlachthof gekauft. Auch in zwei weiteren Häusern der Eugebau soll die Technologie zum Einsatz kommen.
Der bürokratische Aufwand ist für Vermieter recht groß
Auf dem Schlachthofgelände sollen Solarzellen fünf Mehrfamilienhäuser mit 50 bis 60 Wohnungen energieautark versorgen. Diese Autonomie vom öffentlichen Stromnetz sei auch durch die Microgrid-Anlagen der Umstro möglich, erklärt Eugebau-Projektkoordinator Rolf Kluenter bei der Besichtigung einer der Anlagen im alten Schlachthof. So könne man gewährleisten, dass genügend Energie gespeichert sei, wenn die Sonne weniger scheint, etwa im Winter.
Ganz so einfach ist es aber doch nicht. „Für Vermieter ist es mit sehr hohen bürokratischen Auflagen und Aufwand verbunden, den selbsterzeugten Strom direkt an die Mieter weiterzugeben“, erklärt der Junior-Chef. Deshalb sei die Eugebau den Umweg über einen Mieterstromversorger gegangen, der den produzierten Strom an die Mieter weitergibt.
Das sei auch für die Mieter mit Vorteilen verbunden, so Philipp Wilsdorf: Der Strom müsse etwa zehn Prozent günstiger sein als der des lokalen Grundversorgers. Von preislichen Schwankungen auf dem Strommarkt, wie etwa jüngst aufgrund des Ukrainekriegs, blieben die Mieter weitestgehend verschont.
Zudem handele es sich um ein nachhaltiges Modell, das durch weitere Synergie-Effekte äußerst effizient sei. So werde etwa die Abwärme, die bei der Elektrolyse entsteht, weitergenutzt.
„Für sich genommen birgt die Elektrolyse eigentlich einen großen Nachteil: Sie ist aufwendig“, sagt Wilsdorf: „Als Beispiel: Wenn man mit einem wasserstoffbetriebenen Auto 100 Kilometer fahren will, braucht man etwa ein Kilogramm Wasserstoff. Dafür braucht eine unserer Anlagen etwa einen Tag Zeit und 55 Kilowattstunden Strom. Ein batterieelektrisches Auto braucht etwa 20 Kilowattstunden für die gleiche Strecke.“
Die Microgrid-Anlagen könnten ihre Leistung aufgrund der Abwärme-Nutzung auf etwa 90 Prozent der ursprünglichen Energieleistung des genutzten Stroms steigern. Zudem nutzen sie ohnehin nur Strom, der überschüssig ist.
„Man muss natürlich priorisieren: Das heißt, zuerst versorgt man sich mit dem produzierten Strom selbst. Danach wird mit dem Überschuss der Kurzzeit-Energiespeicher aufgefüllt. Und wenn dann noch etwas übrig ist, wird das in unserer Brennstoffzelle in Wasserstoff umgewandelt“, erklärt Philipp Wilsdorf.
Gefährlich sei eine Wasserstoff-Anlage nicht, sagt Umstro-Chef Joachim Wilsdorf. „Die Gasflaschen geben bei zu hohem Druck automatisch Wasserstoff ab, sodass es nicht zum Zerbersten kommt. Man darf natürlich trotzdem kein Lagerfeuer im Bereich der Anlage machen.“
Auch international gibt es bereits einen Einsatzort für die Microgrid-Anlage. „Über das Fraunhofer-Institut ist eine Kooperation zustande gekommen. Wir liefern eine Anlage nach Südafrika. Dort wird sie von einer Firma genutzt, die Campingaufbauten für Pick-ups herstellt“, erklärt Philipp Wilsdorf. Weil in Südafrika häufig der Strom ausfalle, eigne sich die Anlage dafür ideal.
Eine der Euskirchener Anlagen kostet derzeit noch etwa 215.000 Euro
Einen Haken gibt es aber noch: den Preis. „Eine Anlage kostet etwa 215.000 Euro“, räumt Steeger ein. Für Einfamilienhäuser ist das also eher selten eine Option. „Das ist uns natürlich bewusst“, merkt der Junior-Chef an: „Deshalb sind auch eher Vermieter unsere Zielgruppe.“
Steeger erinnert außerdem daran, dass es sich noch um ein Modellprojekt handele und die Kosten bei ausgeweiteter Produktion und mit der technischen Weiterentwicklung noch sinken könnten. „Und wir bieten einen weiteren Vorteil. Die Anlagen sind modular aufgebaut. Das heißt, man kann sich auch erst nach und nach umstellen oder eine ohnehin vorhandene Anlage teilweise mit unserer Technik ergänzen“, so Steeger.