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Galileo-Doku nachrecherchiertEuskirchener muss wegen Drogenhandel im Darknet fünf Jahre in Haft

Lesezeit 4 Minuten
Pinke Ecstasy-Tabletten in Form von Totenköpfen.

Der Mann hatte durch den Handel wohl ein Monatseinkommen von rund 4300 Euro. (Symbolbild)

223.000 Euro Umsatz hatte der Mann aus einer Garage in Euskirchen gemacht, 4300 Euro im Monat. Dann erwischte ihn die Polizei.

Der Mann hatte eine behütete Kindheit, war beruflich erfolgreich und verdiente als Kfz-Meister 3400 Euro brutto im Monat. Dann machte er sich selbstständig und scheiterte, lebte aber weiter über seine Verhältnisse. Irgendwann war die finanzielle Not so groß, dass sich der Euskirchener entschloss, auf die dunkle Seite zu wechseln und sein Geld als Drogenhändler zu verdienen.

Das ging fünf Jahre gut, bis zum September 2022, dann kam ihm die Polizei auf die Schliche. Jetzt verurteilte die 7. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts den 44-Jährigen zu fünf Jahren Haft wegen Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Der Angeklagte hatte bereits im Ermittlungsverfahren ein volles Geständnis abgelegt. So konnte das Gericht seine kriminellen Aktionen gut nachzeichnen.

Idee durch Galileo-Folge

Die spielten sich im geschlossenen Netzwerk des Darknets ab, das sich ihm nach eigenen Angaben nach einer Fernsehdokumentation aufgetan habe. Auf ProSieben wurde in einer Galileo-Dokumentation über Rauschgifthandel im Darknet berichtet. Danach hatte er über die Google-Suchmaschine nachrecherchiert.

Probehalber bestellte er über geheime Kanäle eine kleine Charge Amphetamin, die er zum erhöhten Preis weiterverkaufte. Jetzt war der Euskirchener drin. Er orderte fortan vom Schreibtisch aus ein bis zwei Kilo Rauschgift zum Einkaufspreis von 70 Cent bis 1,30 Euro pro Gramm und verhökerte die Ware weltweit an Abnehmer zum Verkaufspreis von 5 Euro je Gramm.

Verpackungsstraße in Garage

Das Geschäft florierte so gut, dass er eine Garage in Euskirchen mietete und dort eine Verpackungsstraße mit Feinwaagen, Portionier- und Vakuumiergeräten einrichtete. Hier tütete er seine Sendungen ein, die nie mehr enthielten als 10 bis 40 Gramm des Aufputschmittels. Die Briefe sahen aus wie normale Rechnungssendungen, in welche die Rauschgiftpaste dünn eingestrichen wurde.

Auf die Briefumschläge schrieb er als Absender fiktive Firmenadressen, die Umschläge warf er in umliegende Briefkästen ein. Die Empfänger bezahlten den Verkäufer mit Bitcoins, die er bei Finanzdienstleistern in reale Euros einlöste. Damit es nicht auffiel, überwies er die Bitcoin auf 20 bis 30 Bankkonten, immer in Kleinbeträgen.

Kripobeamte beobachteten ihn

Manchmal wurde einer dieser Briefe von Drogenfahndern abgefangen, dann bekam der Ex-Kfz-Meister Besuch von der Polizei, die ihm aber nie etwas Konkretes nachweisen konnte. Bis sie einen seiner Accounts knackte, den der unter einem Pseudonym für seine Deals im Darknet angelegt hatte. Danach zog sich die Schlinge zusammen.

Kripobeamte in Oldenburg und in Köln schlossen bei ihm Scheinverkäufe ab. Schließlich wurde er rund um die Uhr observiert, seine Wohnung und seine Garage wurden von Kameras überwacht, die Telefone abgehört. So sahen die Ermittler, wie er an bestimmten Tagen stapelweise Briefe mit Verkaufseinheiten von Amphetamin in einen bestimmten Postkasten in Euskirchen steckte.

223.000 Euro Umsatz

Die Wurfsachen wurden abgefangen, seine Garage durchsucht. Dort fand die Polizei am 14. September 2022 im Kühlschrank noch einen Vorrat von neun Kilo Rauschgift. Seit dem Tag saß der Angeklagte in Untersuchungshaft. Insgesamt 4391 Fälle wies ihm das Bonner Landgericht nach, mit denen er einen Umsatz von rund 223.000 Euro gemacht hatte.

Diesen Betrag muss er laut Urteil zurückerstatten. Der Haftbefehl wurde bis zum Haftantritt unter strengen Auflagen aufgehoben. So muss er seinen Pass abgeben. Die Ehefrau des Angeklagten hatte wohl so etwas geahnt, denn sie zog das Dokument prompt aus ihrer Tasche. Es wurde sogleich zu den Akten genommen.


Fein säuberlich Buch geführt

Thomas Ohm, Fachanwalt für Strafrecht in Bonn, stand dem 44-jährigen Euskirchener im Prozess am Bonner Landgericht als Rechtsanwalt zur Seite. Ohm staunt auch jetzt noch darüber, wie gut der Amphetaminhandel über das Darknet funktioniert hat: „Das lief wie geschnitten Brot“, sagte Ohm nach dem Prozess im Gespräch mit der Redaktion.

Aus zwei Gründen: Sowohl das weltweite Bestell- und Liefersystem als auch das Bezahlsystem habe alle Beteiligten geschützt. „Mein Mandant hat ja nie erfahren, wer seine Abnehmer und seine Lieferanten waren, da sie nur unter Pseudonym in Erscheinung getreten sind.“ Dass das Geschäft florierte, habe aber auch am Fleiß des Angeklagten gelegen.

Montags, mittwochs und freitags sei er „zur Arbeit“ in die angemietete Garage gefahren und habe dort die Sendungen in kleinen Mengen von 4 bis 40 Gramm verpackt und verschickt. Insgesamt sollen es nach Ermittlungen der Polizei 55 Kilogramm an Amphetaminen gewesen sein.

Nachdem sie ihm erst einmal auf die Spur gekommen waren, hatten es die Fahnder sogar relativ einfach. Der 44-Jährige hatte in einer Excel-Tabelle mit 5000 Einzelposten fein säuberlich Buch geführt.

Rechtsanwalt Thomas Ohm: „Daraus resultierte ein Monatseinkommen von rund 4300 Euro, von dem er lebte.“ Beschwerden, so hatte der 44-Jährige am Landgericht ausgesagt, habe es nie gegeben. Er habe im Darknet einen guten Leumund gehabt. (ch/dbs)