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Meistgelesen 2022Euskirchener „Blaulicht-Paar“ lernte sich in Flutnacht kennen

Lesezeit 5 Minuten
Saskia König und Niklas Rose vor ihren Einsatzfahrzeugen

Ein echtes „Blaulicht-Paar“: Saskia König und Niklas Rose begegneten sich in der Flutnacht zum ersten Mal – und dann hat es eben irgendwann gefunkt.

  1. Dieser Text ist erstmals am 3. Juli 2022 veröffentlicht worden

Der 14. Juli des Jahres 2021 und die darauf folgenden Tage werden vielen Menschen im Kreis Euskirchen dauerhaft im Gedächtnis bleiben: Zu traumatisch, zu einschneidend waren für viele die Erlebnisse in der Flutnacht und in den Tagen danach, als das Ausmaß der Zerstörungen und die Auswirkungen nach und nach für alle sichtbar wurden.

Auch für Saskia König und Niklas Rose ist der 14. Juli 2021 ein ganz besonderer Tag. Doch neben aller Dramatik und Bedrohung durch die entfesselten Naturgewalten, die beide an diesem Tag wie Tausende Kreisbürger ebenfalls hautnah miterlebten, ist dieser verregnete Mittwoch auch der Tag, an dem sich die beiden Euskirchener zum ersten Mal begegneten.

Ein Jahr später sind die Euskirchener ein Paar

Inzwischen, ein knappes Jahr später, sind Saskia und Niklas ein Paar, sind in eine gemeinsame Wohnung gezogen und planen den ersten größeren gemeinsamen Urlaub. War es tatsächlich die viel beschworene „Liebe auf den ersten Blick“?

„Er ist mir auf jeden Fall aufgefallen“, erinnert sich Saskia, die am besagten Mittwoch ihren allerersten Einsatz beim Deutschen Roten Kreuz hat. „Ich habe erst im März des vergangenen Jahres meine Grundausbildung beim DRK begonnen, weil mir während der Corona-Pandemie klar geworden ist, wie wichtig die Arbeit der Hilfsorganisationen ist“, so die 27-jährige Euskirchenerin.

Als dann am späten Nachmittag des 14. Juli alle verfügbaren Kräfte alarmiert werden, ist auch sie dabei: „Ich war eigentlich noch gar nicht fertig mit meiner Ausbildung, hatte auch noch gar kein DRK-Outfit.“

THW-Helfer Niklas ist schon ein „alter Hase“

Trotz seines Alters von erst 25 Jahren gilt Niklas Rose schon als „alter Hase“ beim Technischen Hilfswerk (THW) in Euskirchen: „2008 habe ich in der Jugendgruppe angefangen“, sagt der technikbegeisterte Helfer, der aus Satzvey stammt. Seit 2015 ist er in der Bergungsgruppe des THW-Ortsverbands Euskirchen aktiv.

Am 14. Juli 2021 ist Niklas eigentlich auf dem Weg nach Dänemark, wo ein Campingurlaub geplant ist. „Ich hatte aber ein komisches Gefühl. Ich kannte die Wettervorhersage und habe mich dann unterwegs auf der Autobahn entschieden, nach Euskirchen zurück zu fahren“, erinnert sich Niklas an den Beginn eines mehrere Tage dauernden Einsatzes.

Als Fachhelfer an der Steinbachtalsperre

Als Kraftfahrer und Fachhelfer ist er unter anderem an der Steinbachtalsperre im Einsatz, wo das THW mit riesigen Schmutzwasserpumpen bei der Entlastung des Staudamms betraut ist. „Wir sind dann irgendwann am Abend zum DRK-Quartier nach Euskirchen gefahren, um Verpflegung für die Mannschaft zu besorgen. Da ist mir Saskia dann tatsächlich aufgefallen“, berichtet Niklas.

Weil er zusätzlich zu seiner Mitgliedschaft beim THW auch beim DRK aktiv ist, kennt er die meisten Helferinnen und Helfer, die an diesem Abend Essen und Getränke für Feuerwehr, Bundeswehr, Polizei und die anderen Hilfsorganisationen ausgeben. „Die Neue“ – inzwischen ist auch Saskia mit Rot-Kreuz-Kleidung ausgestattet – kennt er noch nicht.

„Es war dann tatsächlich so, dass wir uns in den Tagen nach der Flutnacht immer mal wieder über den Weg gelaufen sind“, berichtet die Euskirchenerin, die in den ersten drei Tagen des Einsatzes fast ununterbrochen weiter in der Verpflegungsausgabe des DRK mitarbeitet. „Aber natürlich waren wir alle total auf unsere Einsätze fixiert. Da hat man eigentlich keinen Sinn dafür, zu flirten oder Telefonnummern auszutauschen“, sagt sie.

Die belastenden Eindrücke von der Seele geredet

Rund zwei Wochen nach der Flut aber fasst sich Niklas ein Herz und schreibt Saskia in einer Chatgruppe für Einsatzkräfte, wo beide Mitglied sind, an. „Zwei Tage später, am 29. Juli, haben wir uns dann erstmals privat getroffen“, erzählt Niklas.

Und? Ist auch was gelaufen? – „Stundenlang haben wir tatsächlich nur im Auto gesessen und gequatscht“, lacht Saskia. Beide reden sich die belastenden Eindrücke von der Seele, die sie während der beiden ersten Wochen nach der Flut bei Einsätzen und generell im Leben in einer von der Flut verwüsteten Region gewonnen haben.

Im Gespräch schrillte plötzlich der Alarm

Dann, um 3 Uhr in der Nacht, als die beiden immer noch im Auto sitzen, passiert es doch noch: Über die Alarmierungs-App Groupalarm kommt die Benachrichtigung zu einem Einsatz mit Reanimation. „Wir sind sofort zusammen losgefahren und zeitgleich mit dem Rettungswagen vor Ort angekommen“, berichtet Niklas. „Wir waren danach so aufgekratzt, sind auch den Rest der Nacht wach geblieben und danach ohne Schlaf zu unseren jeweiligen Arbeitsstätten gefahren“, erinnert sich Saskia.

Im August wurde es für die beiden ernst

Anfang August treffen sich die beiden dann immer regelmäßiger. „Wir hatten wegen der vielen Einsätze, die es natürlich immer noch gab, recht wenig Zeit, aber wir haben beide gemerkt, wie gut es tut, mit jemandem über die vielen Eindrücke zu reden“, erinnert sich Niklas.

Einen ersten gemeinsamen „Auftritt“ im Kreis der „Blaulicht-Kollegen“ hatten die beiden dann schließlich Anfang September bei einem Helferfrühstück beim DRK. „Und am 18. September haben wir es dann offiziell gemacht und gesagt, wir sind zusammen“, sagt Saskia. Am 1. Januar ist Niklas dann schließlich in Saskias Wohnung eingezogen.

„Seit der Flut ein ganz anderes Verständnis von Glück“

„Wir hatten beide nicht das Ziel, eine neue Beziehung zu finden, als wir begonnen haben, uns zu treffen“, erinnert sich Saskia heute an die Zeit ihres Kennenlernens: „Wir haben aber seit der Flut vielleicht ein ganz anderes Verständnis von Glück“, sagt sie und versucht damit auszudrücken, wie die vielen Erlebnisse mit von der Flut betroffenen Menschen sie verändert haben.

Niklas stimmt zu: „Glück kann eben auch bedeuten, einer alten Oma die Waschmaschine aus dem Keller zu tragen.“

Der Traum vom Unimog-Campingmobil

Wie es mit dem gemeinsamen Glück, das Saskia und Niklas ganz unverhofft gefunden haben, weitergeht? „In Kürze steht der erste gemeinsame Urlaub an: Wir fahren zum Campen nach Süddeutschland“, berichtet Niklas: „Mein Traum wäre es, zusammen mit Saskia ein großes Campingmobil selbst auszubauen, zum Beispiel einen alten Unimog.“

Aber das wäre eine andere Geschichte, über die vielleicht später noch einmal berichtet werden kann.

Unsere besten Texte 2022 – dieser Text ist erstmals am 3. Juli 2022 veröffentlicht worden.