Mit einem Live-Stream aus dem Stadtrat wollte die Stadt Euskirchen die Ratsarbeit für die Bürgerschaft transparenter machen. Doch nach acht Übertragungen beendet die Stadt das Experiment.
Kaum ZuschauerEuskirchen stellt den Live-Stream aus dem Stadtrat ein
Weil das Interesse der Bevölkerung zu gering ist, werden die Stadtratssitzungen in Euskirchen künftig nicht mehr im Internet übertragen. Dies hat der Rat jetzt in einer denkbar knappen Abstimmung beschlossen. Damit geht die Testphase, die mit dem Live-Streaming am 29. Juni 2021 begonnen hatte, nach acht Sitzungen zu Ende.
Aus Sicht der Verwaltung seien die Zugriffszahlen deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, hatte Abteilungsleiterin Silke Winter erklärt. Bezeichnend war, dass nur acht Zuseherinnen und Zuseher die Debatte zur Zukunft des Live-Streamings online verfolgten. Diese aktuelle Zahl nannte Bürgermeister Sacha Reichelt (parteilos). Aus Winters Bericht geht hervor, dass am Sitzungstag 23. Juni nur 67 Zuschauerinnen und Zuschauer zugriffen, am 27. September waren es 73.
Jedes Streaming kostete die Stadt Euskirchen 1000 Euro
Die durchschnittliche Wiedergabezeit von 20 bis 30 Minuten im Livestream sei „ebenfalls als recht gering anzusehen“, so Winter. Auch nach den Sitzungen – die Aufzeichnungen sind jeweils noch mehrere Monate im Internet verfügbar – blieb die Zahl der Zugriffe niedrig. Trotz dieser Bilanz und trotz Kosten von rund 1000 Euro pro Live-Streaming schlug die Verwaltung vor, die Ratssitzungen weiter zu übertragen und aufzuzeichnen. Sollte das Interesse nicht zunehmen, könne man das Angebot Ende 2023 einstellen.
Michael Höllmann (SPD), Dorothee Kroll (Grüne), Hans-Joachim Schaefer (FDP) und Markus Schmidt (UWV) begrüßten im Namen ihrer Fraktionen diese Vorgehensweise, zum Teil mit der Anregung, die Werbung für das Angebot zu verbessern.
CDU-Sprecher Klaus Voussem und AfD-Fraktionschef Josef Burkart dagegen forderten, dem Live-Streaming ein Ende zu bereiten. Voussem sagte, angesichts der eindeutigen Zahlen komme der Beschlussvorschlag für ihn überraschend: „Wenn ein Pferd tot ist, sollte man auch absteigen.“ Kosten und Aufwand stünden in keinem Verhältnis zum Erfolg. Mit den 1000 Euro pro Sitzung könne man viel Gutes tun, etwa für soziale Zwecke.
Bei der Abstimmung musste Bürgermeister Reichelt jeden erhobenen Arm einzeln zählen, derart eng ging es zu. Für die Fortsetzung der Übertragungen und eine weitere Evaluierung, Ende des kommenden Jahres, stimmten 25 Stadtverordnete, dagegen 26. Wäre der Rat vollständig gewesen – acht Mitglieder fehlten –, hätte das Ergebnis womöglich anders ausgesehen.