Ein 44-Jähriger aus Euskirchen wurde wegen sexuellen Missbrauchs an seiner Stieftochter zu sechs Jahren Haft verurteilt.
Mutter glaubte Tochter nichtEuskirchener missbrauchte Stieftochter – sechs Jahre Haft
Zu sechs Jahren Haft hat das Bonner Landgericht einen 44-Jährigen aus Euskirchen wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen in zehn Fällen verurteilt.
Die Taten sollen zwischen dem 16. April 2016, da war das Kind 13 Jahre alt, und dem 8. August 2020 geschehen sein. Die Staatsanwaltschaft hatte 14 Fälle angeklagt, vier stellte die Kammer ein.
Vorsitzender Richter rechnet mit Täter und Mutter des Mädchens ab
Sie hatte dem Angeklagten gleich zu Beginn des Hauptverfahrens zu einem Geständnis geraten. Dazu rang er sich halbherzig durch, weil er auf eine Bewährungsstrafe hoffte. Als die Richter diese jedoch nicht zusagten, bestritt der Mann umgehend die Vorwürfe, so dass die Jugendkammer in die ausführliche Beweisaufnahme einstieg.
Sie hörte die Betroffene und gewann am Ende die Überzeugung, dass der Angeklagte, der sich bei ihrer Aussage „amüsiert“ haben soll, der Täter war. In der Urteilsbegründung rechnete der Vorsitzende Richter Wolfgang Schmitz-Justen mit ihm ab – und mit der Mutter des Opfers.
Der heute 44-jährige Gabelstaplerfahrer war 2010 in Euskirchen bei der Frau eingezogen, die zwei Mädchen und einen Jungen allein erzog. Aus der neuen Beziehung gingen zwei gemeinsame Kinder hervor. Er gaukelte der 13-Jährigen vor, sie habe ihn „verzaubert“, sie sah in dem Freund der Mutter den Vaterersatz. Anfangs wehrte sie sich gegen die Übergriffe, aber dann ließ sie alles über sich ergehen, das Mädchen habe sich in seinem eigenen Körper „eklig“ gefühlt.
Vergewaltigung fand neben Mutter statt – die will nichts bemerkt haben
„Das kennen wir aus vielen Missbrauchsverfahren“, sagte Schmitz-Justen. Das Kind habe auch Angst gehabt, dass sich der Täter an seiner jüngeren Schwester vergreife und deswegen nichts unternommen. Der Richter deutete an: „Es gibt da Gerüchte.“ Das Gericht werde der Sache nachgehen.
Meistens nachts soll sich der Stiefvater an das Mädchen rangemacht haben. Einmal sei der Sex auf einer Couch geschehen, während die Mutter daneben lag, die angeblich nichts bemerkt haben will.
Der große Knall passierte am 15. August 2020: Der Mutter passte der junge Freund der nun 17-jährigen Tochter nicht. Sie gerieten darüber in Streit, die Frau drohte ihr mit Rauswurf („Entweder die Familie oder du ziehst aus!“).
Sperma des Täters auf Bettlaken überführten den Euskirchener
Als der Angeklagte eingriff, wollte das Mädchen laut Gericht herausschreien, dass er ihr seit Jahren Gewalt antue, brachte aber kein Wort über die Lippen. In ihrer Not schickte sie der Mutter eine Handynachricht: „Ey, der fasst mich an, der missbraucht mich.“
Die Frau jedoch, so der Richter, glaubte ihr nicht. Das Mädchen schrie den 44-Jährigen an: „Gib das zu!“ Mittlerweile hatte sich der Streit nach draußen verlagert, ein Nachbar schritt ein und zog das Kind in seine Wohnung. Gegen 2.30 Uhr wurde die Polizei informiert, die am folgenden Morgen die 17-Jährige vernahm.
Die Beamten sicherten als Beweismittel ein Laken des Ehebetts, auf dem am 8. August der letzte Übergriff stattgefunden haben soll. Auf dem Tuch wurden Sperma des Stiefvaters und DNA-Spuren des Opfers entdeckt, nicht aber von der Mutter.
„Sie sitzen hier und grinsen. Zum Kotzen, kann ich nur sagen!“
Die junge Frau zog zunächst zu ihrer Patentante, dann für anderthalb Jahre in ein Frauenhaus, danach wurde sie in eine psychiatrische Klinik gebracht. Mittlerweile lebt sie in einer Pflegefamilie. Schmitz-Justen an den Angeklagten: „Wie groß muss der Leidensdruck bei ihr sein? Und Sie sitzen hier und grinsen. Zum Kotzen, kann ich nur sagen!“
Die Aussage des Mädchens sei absolut glaubwürdig gewesen, das habe auch eine Gutachterin bestätigt. „Und Sie“, wandte sich der Richter an die im Saal sitzende Mutter, „haben Ihre eigene Tochter mit Dreck beschmissen, haben plumpe Lügen erzählt.“ Da platzte es aus der Frau heraus: „Das stimmt nicht! Meine Tochter hat mein Vertrauen missbraucht.“ Der Richter ermahnte sie eindringlich zur Ruhe.
Der Haftbefehl gegen den Angeklagten wurde trotz der hohen Strafe unter strengen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Er muss sich dreimal pro Woche bei der Polizei melden und seinen ausländischen Pass abgegeben.