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Besuch in FlutgebietenSPD-Politiker Kutschaty erlebt Wir-Gefühl im Kreis Euskirchen

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Der Schweinheimer Landwirt Stephan Brock (2.v.l.) erläuterte am Damm der Steinbachtalsperre, wie der Umbau aussehen könnte.

Kreis Euskirchen – Die Einladung war genauso herzlich wie unprätentiös. „Kommen Sie rein, ich habe Eifeler Wasser und eine Toilette für Sie – beides kostenlos“, rief Alfons Schneider und lotste die Besucher in den Innenhof seines Gasthauses.

Infos aus erster Hand

Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionschef im Landtag NRW, und Landrat Markus Ramers folgten gerne, um von Schneider aus erster Hand zu erfahren, wie es ihm in der Flutnacht und in der Zeit danach ergangen ist. In den Flutgebieten im Kreis informierte Kutschaty sich über den Stand des Wiederaufbaus.

„Es ging alles so schnell“, berichtete Schneider über die Flutnacht. Binnen einer Stunde sei das Wasser um 1,20 Meter gestiegen. Das Wasser schoss durch das Badezimmerfenster herein und machte zudem das Öffnen der Tür unmöglich.

Ein Rettungsschwimmer habe ihn aus dem Zimmer gezogen – bei dem Versuch, ins Trockene zu kommen, seien sie beide fast ertrunken. Ein Nachbar habe sie mit einer Latte aus den Fluten gezogen.

Manche haben den Ort verlassen

„Ich verdränge das“, so Schneider. Sein Bruder leide mehr darunter. „Für manche Leute ist das nicht einfach“, sagte er. Drei Nachbarn hätten ihre Häuser verkauft.

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Probleme mit dem Fluthilfeantrag gibt es im Landschulheim Haus Dalbenden, das Christine und Jürgen Augsten verwalten: Fabian Nowald (vorne v.l.), Christine und Jürgen Augsten, Johannes Stracke, Thomas Kutschaty und Markus Ramers.

Viel Mut haben ihm die Helfer gegeben, die bei der Räumung seines Hauses angepackt hatten. Der Schaden an seinem Haus sei über den Fluthilfe-Antrag reguliert worden, das habe gut geklappt. Schon nach vier Wochen habe die Kneipe, die er schon vor der Flut verpachtet hatte, wieder eröffnet.

Die andere Seite der Medaille erlebte Kutschaty auf der anderen Seite des Urft, im Landschulheim Haus Dalbenden: Hier läuft der Betrieb immer noch auf Sparflamme. Nur eine von drei Küchen ist notdürftig wieder nutzbar gemacht, die Turnhalle im Rohbau und die Seminarräume im Erdgeschoss sind zerstört.

Großer Zusammenhalt in Urft

Etwa 2,40 Meter hoch stand das Wasser laut Ortsvorsteher Fabian Nowald am Bahnübergang in Urft. Etwa 60 Haushalte mit 100 der rund 330 Einwohnern seien betroffen. „Wir standen schon vor der Flut bei der Infrastruktur auf dem Abstellgleis – aber danach war alles kaputt.“ Die Soforthilfe sei prompt gekommen, die Fluthilfe dagegen nur schleppend.

Positiv habe sich der Zusammenhalt im Ort entwickelt, der in der Coronazeit gelitten habe. „Wir haben einen Dorfverein gegründet, damit das auch so bleibt.“ Der habe bereits 90 Mitglieder. (sev)

Das Gutachten beziffert den Schaden auf 5,2 Millionen Euro. „Seit Monaten wird die Fluthilfe nicht bewilligt“, monierte Jürgen Augsten, der mit seiner Frau das Schullandheim verwaltet. Als Hindernis habe sich erwiesen, dass der Träger, der Katholische Landschulheimverein Wuppertal, ein gemeinnütziger Verein sei. Da sei zuerst das falsche Formular ausgefüllt worden.

„Die Richtlinien sind zu starr“

Als das korrigiert worden sei, habe eine Bestätigung der Gemeinde gefehlt, die vom Rat habe abgesegnet werden müssen. „Das haben wir jetzt alles abgegeben und seit Wochen wieder nichts gehört“, sagte Augsten. „Die Richtlinien sind zu starr“, ergänzte Ramers.

Die Kreisverwaltung habe sich bereits mit dem Fall befasst und Kontakt zur Bezirksregierung Münster aufgenommen, die für die Bearbeitung zuständig ist. Die Dimension von 5,2 Millionen Euro sei bei einem gemeinnützigen Verein ungewöhnlich.

Flexiblere Lösungen gefordert

„Ich erlebe den Fortschritt in der Region als sehr unterschiedlich“, fasste Kutschaty seine ersten Eindrücke zusammen. Wichtig sei, dass die Hilfe noch schneller komme und die Richtlinien flexibel gestaltet seien. „Die Flut hat das Wir-Gefühl gestärkt“, sagte er. Er erlebe die Menschen als sehr engagiert.

Konsequenzen fordert Kutschaty für den Hochwasserschutz. Nach dem Untersuchungsausschuss solle sich eine Enquetekommission mit dem Thema beschäftigen. Auch der Katastrophenschutz sei ein landesweites Thema. „Es kann nicht sein, dass wir für Milliarden aufbauen, aber keinen Schutz vor neuer Zerstörung haben“, so Ramers.

Kommunen, Kreis und Wasserverbände haben Vereinbarungen unterzeichnet – doch es gebe keine Förderkulisse und keine Möglichkeit für sofortigen Maßnahmebeginn: „Es gibt Kommunen, die bräuchten nur ein Signal, dann würden die sofort loslegen.“ Da sei das Land gefragt.

Steinbachtalsperre: „Ungewollte Berühmtheit“

Das Thema Hochwasserschutz stand am Nachmittag auch beim Besuch des Landespolitikers an der Steinbachtalsperre im Mittelpunkt. „Die Talsperre hat ja ungewollte Berühmtheit während der Flut erlangt“, sagte Kutschaty . Zuvor hatte er auch noch die Innenstadt von Bad Münstereifel besucht.

Einer seiner Gesprächspartner war Stephan Brock von der Arbeitsgruppe Infrastruktur Schweinheim (AIS), deren Mitglieder sich intensiv und in Kooperation mit Behörden, Erftverband und Grundeigentümern mit der Flut und den Folgen befassen.

„Pläne schnell umsetzen“

Brock drängte darauf, dass die Pläne zum Umbau der Talsperre schnell umgesetzt würden. „In der Grafschaft im Kreis Ahrweiler sind einige Dörfer drei- oder viermal abgesoffen, bevor bauliche Maßnahmen umgesetzt wurden. Soll das hier auch erst passieren, bevor gebaut wird?“, fragte Karl Kreuzberg, ebenfalls aus Schweinheim.

Die Talsperre müsse möglichst schnell ihre Funktionen wieder erfüllen – Brauchwasser für die Landwirtschaft, Löschwasser für Feuerwehren – und zusätzlich für den Hochwasserschutz umgebaut werden. Auch die Bachläufe im Ort sollten deutlich verbreitert werden, um im Notfall mehr Wasser aufnehmen zu können. „Die Anlieger sind bereit, die notwendigen Flächen bereitzustellen“, betonte Brock.

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Anschließend besuchte der Landespolitiker zusammen mit Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt und Ramers auch noch den Ort Schweinheim. An Eindrücken aus dem Flutgebiet, die Kutschaty zurück nach Düsseldorf mitnehmen kann, mangelte es also nicht.