Überlaufene SchneegebieteGemeinden im Kreis Euskirchen beraten gemeinsames Vorgehen
Kreis Euskirchen – Einen ungeahnten Ansturm erlebten die Kommunen in den Höhenlagen: Wo auch immer etwas Schnee liegt, tummelten sich am Wochenende die Ausflügler. Nun wird an Lösungen gearbeitet. Um Verdrängungseffekte in andere Kommunen zu vermeiden, wird vielfach eine interkommunale Abstimmung angeregt.
Blankenheim
Seitdem Neujahrstag sind die Mitarbeiter des Ordnungsamts im Dauereinsatz. Da mussten sie erstmals einschreiten, weil an der Autobahnabfahrt der Beschleunigungsstreifen zur B51 zugeparkt war. Dort erhalten viele Besucher aus dem Flachland die erste Möglichkeit, mit Schnee in Berührung zu kommen – und die nutzen sie. „Sobald sie Schnee sehen, legen sie los“, sagt Bürgermeisterin Jennifer Meuren.
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Ab Dienstag sollen einige Maßnahmen umgesetzt werden: Ein absolutes Halteverbot wird entlang der Beschleunigungsspur der B51 eingerichtet. Die Wirtschaftswege Richtung Mülheim und Richtung Gemeinde Nettersheim werden ebenfalls gesperrt. Weitere Sperrungen sollen an der Verlängerung der Mülheimer Tiefgasse und am parallel zur B51 verlaufenden Wirtschaftsweg von Mülheimer Haus aus errichtet werden.
In den kommenden Tagen will Meuren Teams einsetzen, um an neuralgischen Punkten auch in den einzelnen Orten präsent zu sein und beispielsweise Parkverstöße zu ahnden.
Dahlem
Auch wenn in der Gemeinde kein klassisches Wintersportgebiet ist wie bei den Nachbarn in Hellenthal, verzeichnete auch die kleinste Kommune in NRW einen großen Andrang – mit teils erstaunlichen Auswirkungen.
Die Nachbarschaft
In Monschau bittet Bürgermeisterin Silvia Mertens inständig darum, in diesen Tagen und Wochen nicht in die Eifel zu kommen. „Wir werden dem Ansturm der Menschen und Autos kaum Herr. Dieser Ansturm führt zu Menschenansammlungen, die wir gerade jetzt doch alle vermeiden wollen“, schreibt sie auf ihrer Internetseite und fährt unmissverständlich fort: „Bitte bleiben Sie zu Hause.“
In Prüm spielten sich an den beliebten Wintersportplätzen Schwarzer Mann und Wolfsschlucht ähnliche Szenen ab wie am Weißen Stein. Auch dort sind die Lifte nicht in Betrieb – was die Besucher ebenfalls nicht fernhält. Nach Angaben der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm wurden von der Polizei bereits Anfang der Woche zeitweise die Parkplätze gesperrt und Platzverweise wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung ausgesprochen. Es sei zu unerwünschten Ansammlungen gekommen, Sicherheitsabstände seien nicht mehr eingehalten worden. Am Dienstag griff die Kreisverwaltung zu weiteren Maßnahmen und ordnete die Sperrung der Zufahrtsstraßen zu den Wintersportgebieten an. Diese gilt zunächst bis Sonntag, 3. Januar, für die L20 ab Einmündung B265 (Forsthaus Schneifel) bis zur L17 bei Brandscheid sowie den Zufahrtsweg zur Wolfsschlucht.
Im Hohen Venn sieht es ähnlich aus. Hier wurde am Sonntag die Anfahrt eines Rettungswagens blockiert, der zu einem Skifahrer wollte, der seinem Hobby trotz Verbots und geschlossener Piste frönen wollte. Auch in Ostbelgien diskutieren die betroffenen Gemeinden über Straßensperrungen, eine Maßnahme, die bereits einmal im März notwendig geworden war. (sev/rha)
So wurde oberhalb des Friedhofs in Schmidtheim kurzerhand ein Rodelhang „eröffnet“: Ein Besucher machte einen Hang aus, nutzte ihn – und schon setzte der Domino-Effekt ein. Nie, sagt Bürgermeister Jan Lembach, habe man an diese Möglichkeit gedacht. Als der Parkplatz am Friedhof voll gewesen sei, hätten Autofahrer auch eine Zufahrt genutzt, bei der wegen einer Baumaßnahme die Schranke entfernt worden war. „Einer hat quer vor den Gräbern geparkt“, zeigt sich Ortsbürgermeister Hans-Josef Bohnen entrüstet. Laut Lembach habe die Gemeinde bereits reagiert und diesen Bereich gesperrt.
Doch das „Rumdoktern an den Auswirkungen“ mit Sperrungen und Knöllchen bringt laut Lembach langfristig nichts. Er sieht auch den Gesetzgeber gefordert, in der Stadt-Land-Beziehung neue Vereinbarungen zu treffen. Gerade die Corona-Zeit habe gezeigt, wie wichtig der ländliche Raum mit seinem Ausgleichs- und Erholungspotenzial sei. Die ländlichen Kommunen müssten rechtliche und/oder finanzielle Möglichkeiten erhalten, beispielsweise, um Parkplätze anzulegen.
Zudem müssten die Besucherströme gelenkt werden können. Lembach schwebt eine Idee vor, dass jede Kommune ein, zwei Stellen als Rodelhänge ausweisen sollte – inklusive Parkmöglichkeiten, Sanitäranlagen und möglicherweise einem kleinen gastronomischen Angebot.
Genauso sieht er auch die Besucher in der Pflicht, wenn er an den Müll denkt, der im Wald gelassen wurde: „Da habe ich kein Verständnis für, solche Leute wollen wir nicht.“ Der Bauhof sei am Montag unterwegs gewesen, die Hinterlassenschaften einzusammeln – doch vieles werde wohl erst nach der Schneeschmelze sichtbar.
Nettersheim
„Es war die Hölle los“, berichtet Hans-Peter Schell, Leiter des Ordnungsamtes. Seit Weihnachten sei er jeden Tag mit seinen Kollegen im Einsatz. Doch was er am Wochenende sah, das habe er in 40 Jahren noch nicht erlebt: „Es gab am Sonntagnachmittag beim Rückreiseverkehr einen Rückstau vom Zingsheimer Kreisel bis nach Marmagen.“ Über anderthalb Stunden sei am Samstag Marmagen, immerhin Standort einer Rettungswache, blockiert gewesen.
„Das war eine Invasion“, bestätigt Bürgermeister Norbert Crump. Wiesen und Felder seien kaputtgefahren und zum Rodelhang umfunktioniert worden, die Straßen zugeparkt, so dass kein Durchkommen mehr gewesen sei. Tondorf, Zingsheim, Engelgau, Nettersheim, Marmagen – fast alle Orte seien betroffen gewesen. Auch hätten die Besucher Müll liegengelassen. „Es war fast nicht mehr tragbar“, so Crump. Für das nächste Wochenende befürchte er ähnliche Verhältnisse.
Sperrungen würden geprüft. Doch die Erfahrung zeige, dass das wie ein Sieb sei: „Wenn ich an einer Stelle sperre, dann fahren sie an die nächste.“ Das Beispiel Winterberg zeige, dass niemand ein Patentrezept habe, aber: „Wir müssen etwas tun, da sind wir dem Bürger verpflichtet.“ Doch wenn am Wochenende wieder solche Massen kämen, werde es schwierig.
Schleiden
Bis zum nächsten großen Ansturm will man in Schleiden nicht warten. Bereits ab Montag sind laut Bürgermeister Ingo Pfennings die städtischen Mitarbeiter unterwegs und schreiben verstärkt Knöllchen bei Parkverstößen, wenn etwa auf Wirtschaftswegen geparkt wird, Rettungswege blockiert werden oder der Verkehr behindert wird. Gemeinsam mit seinen Hellenthaler und Kaller Kollegen Rudolf Westerburg und Hermann-Josef Esser hat Pfennings eine Initiative bei Landrat Markus Ramers gestartet: Möglichst noch vor dem Wochenende solle es einen Termin der betroffenen Kommunen, der Polizei und des Straßenverkehrsamts geben: Gemeinsame Absprachen Vorgaben seien verständlicher zu kommunizieren, als ein Flickenteppich von Einzelmaßnahmen – gerade vor dem Hintergrund, dass sich eine Sperrung an einem Ort direkt auf die Nachbarn auswirke.