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Video-Flutprotokolle aus GemündWas jetzt Hoffnung gibt

Lesezeit 5 Minuten

Spazieren zwischen Baustellen: Die Vorweihnachtszeit bringt ein wenig Leben in die Innenstadt.

Schleiden-Gemünd – Container und Baustellen prägen noch immer das Bild der Dreiborner Straße. Aber so langsam kehrt das Leben in die von der Flut schwer getroffene Gemünder Innenstadt zurück. Viele nutzen die Weihnachtsmarktbuden für einen Einkauf – obwohl gerade die Weihnachtszeit für die Betroffenen keine leichte Zeit ist. Feiern können und wollen die wenigsten. Wenn sie feiern, dann nur mit der Familie.

Freiwillige Helfer versuchen, die Bewohner mit Aktionen und kleinen Geschenken aufzumuntern. Auch fünf Monate nach der Flutkatastrophe ist der Zusammenhalt unter den Menschen in Gemünd groß.

René Gerhards und Andreas Mertens hoffen auf Karneval

Das Vereinsheim ist einmal komplett aufgeschwommen und dann bis in dahin, wo die Bäume sind, bis dagegen und hat sich dann auch wieder niedergesetzt. Rein optisch und von außen haben wir zuerst gedacht: Vielleicht ist es gut gegangen. Aber innen war es dann leider auch komplett zerstört.

Wie guckt man auf das kommende Jahr? Ich glaube, es bleibt für alle spannend. Es ist alles noch ungewiss. Können wir Veranstaltungen machen? Denn unser Kurhaus, wo wir normalerweise Veranstaltungen machen, ist nun mal auch zerstört und wird saniert. Ich glaube, es soll im Sommer nächsten Jahres fertig sein. Und dann hoffen wir, dass wir wieder neu durchstarten können.

Die Frage, wie die Flut passieren konnte, beschäftigt Gemünd.

Unser Plan ist es, auf jeden Fall die Session nächstes Jahr im November ganz normal und mit Tollitäten zu eröffnen. Ich hoffe, dass wir das mit dem Vereinsheim wieder hinkriegen. Und dass wir auch den Verein so weiterführen können wie es vor der Flut war. Dass wir die Flut jetzt als Cut nehmen und sagen: Es ist passiert. Aber wir gucken weiter in die Zukunft und hoffen, dass wir wieder schönen Karneval in Gemünd feiern können.

Der Betrieb von Markus und Michael Koller läuft wieder

Wir haben großes Glück gehabt, dass wir wahnsinnig viele Helfer hatten. Nicht nur Verwandte und Bekannte, auch teilweise richtig unbekannte Helfer. Das fand ich richtig toll, dass wir so viel Hilfe bekommen haben. Unsere Mitarbeiter haben stark mitangepackt und danach auch wieder mit aufgebaut.

Die größte Herausforderung war, hier (im Heimtiercenter Pro Pet) alles wieder aufzubauen. Wir haben ein paar Talente im Team gehabt, die uns dann Malerarbeiten oder Trockenbau abnehmen konnten. Wir haben auch Glück gehabt, dass wir schnell wieder an Maschinen gekommen sind.

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Wir haben dieses Jahr die größte Krise oder Katastrophe der Unternehmensgeschichte erlebt. Im Grunde gehen wir und auch unsere Mitarbeiter – und ein stückweit muss man auch sagen unsere treuen Kunden – gestärkt aus 2021 ins neue Jahr, weil man das gut gemeinsam durchgestanden hat. Ehrlich gesagt sind wir davon überzeugt, dass es eine größere Krise oder Katastrophe in absehbarer Zeit so nicht geben wird.

Im Grunde wünschen wir uns, dass wir wieder in ein normales Alltagsgeschäft kommen, dass man den ganzen Standort wieder so aufbauen kann, wie wir uns das vor der Flut vorgestellt haben. Vielleicht sogar an manchen Ecken ein kleines bisschen besser, als es vorher der Fall war. Das sind Punkte, wo man die Flutkatastrophe vielleicht auch als Chance nutzen kann.

Eheleute Lennartz geben das zerstörte Haus an der Urft auf

Immer mal wieder, wenn ich an diesem Haus bin, habe ich wirklich zu kämpfen. Da steckt so viel Arbeit drin, so viel Leidenschaft und so viel Liebe. Was dann quasi in einer Nacht zerstört worden ist. Das ist schon sehr schwer.

Also, ich bin lieber in der Distanz. Wenn ich hier bin, dann tut es schon weh. Sonst geht es uns eigentlich ganz gut, wir haben eine gute Unterkunft gefunden. Wir wohnen bei meinem Schwager und können da erstmal bleiben. Wenn das Land Nordrhein-Westfalen uns hilft, über einen Förderantrag, möchten wir lieber neu bauen.

Ansonsten würden wir uns eine andere Alternative suchen. Wir hoffen aber, dass es klappt. Wir haben schon Vorbereitungen gemacht, ein Grundstück ausgesucht. Es könnte losgehen, wenn NRW uns Bescheid gibt.

Wir haben eigentlich immer einen Weihnachtsbaum gehabt, aber dieses Jahr wollen wir keinen. Wir wollen eigentlich ziemlich neutral Weihnachten feiern. Wir werden sicherlich Heiligabend bei unseren Enkeln und mit der Familie zusammen sein, aber das ist dann auch genug an Weihnachten.

Ihr Enkelsohn gibt Klemens und Steffi Hensen Kraft

Wir leben jetzt hier mehr oder weniger im Rohbau im Erdgeschoss, im Kellergeschoss. Aber wir haben im Obergeschoss Schlafzimmer, Badezimmer, das Kinderzimmer provisorisch zum Wohnzimmer umgerüstet und auch ein Büro. Hier unten haben wir eine Küche provisorisch eingerichtet. Das ist mittlerweile unser Alltag. Das Leben geht weiter. Man gewöhnt sich auch daran.

Von der Flut beschädigte Wegweiser sind noch nicht aufgestellt.

Weihnachten ist sonst immer die schönste Zeit im Jahr. Aber das können wir jetzt so nicht sagen. Wir haben jetzt nicht den Drang, auch ich selbst nicht. Sonst dachte ich immer, da musste geschmückt sein. Das verliert sich einfach wegen anderer Prioritäten.

April wird es mit Sicherheit werden, bis alles neu ist. Aber wir hoffen, dass wir um die Zeit wieder ein normales Leben führen. Wir hoffen, dass wir dann wieder an was anderes denken können. Trotzdem haben wir jetzt schon etwas Schönes. Wir sind Großeltern geworden im September. Daran sieht man: Das Leben geht weiter. Das ist das, was vieles vergessen lässt – unser Enkelsohn.

Carlos Emunds hilft – auch nach fünf Monaten

Die Situation heute ist, dass wir die Fluthilfe so nicht mehr brauchen. Ganz einfach deshalb, weil nur noch Fachkräfte gefordert sind. Es geht los bei den Estrichlegern und Verputzern, Heizungsbauern, Installateuren bis zum Elektroanschluss. Das sind jetzt alles Fachfirmen, bei denen ganz, ganz viele Leute mit dran sind. Wir haben zwar immer noch ein paar Häuser komplett im Rohbau. Da haben sich die ganzen Aufräumarbeiten verzögert. Aber die sind in nächster Zeit auch dran.

Es gibt immer noch große Aktionen hier. Wir hatten einen Nikolauszug, die Helfer sind hier durchgefahren und haben Sachen verteilt. In der Adventszeit gibt es nochmal eine große Sammelaktion, das weiß ich. Die haben über 400 Geschenktüten fertig gemacht. Die werden dann hier verteilt.

Für ganz Gemünd und das Schleidener Tal ist das ein Riesenproblem, weil es dieses Jahr kein Weihnachten gibt wie letztes Jahr. Es sind Leute gestorben. Man denkt dann natürlich an diese Leute. Viele Leute haben ihr Auto verloren, Haus verloren, Arbeitsstellen verloren. Das wird eine ganz andere Weihnacht. Und deswegen versuchen wir immer wieder, in der Adventszeit, irgendetwas zu organisieren, damit die Leute für eine oder zwei Stunden – wenn sie können – abgelenkt sind.