Vorzeigebauwerk aus CarbonbetonVlatten wartet auf Brücke
Heimbach/Vlatten – Alleine 18 Brücken, Brückelcher und Stege gibt es über den Bach im Stadtteil Vlatten – doch eine fehlt. Die Querungshilfe über den das Dorf in der gesamten Länge durchfließenden Vlattenbach von der Merodestraße zur St. Dionysius Pfarrkirche wurde nach einer Bausicherheitsprüfung erst gesperrt und ist seit Monaten abgerissen.
Da, wo die Gläubigen in die 1000 Jahre alte Kirche wollen, werden sie von einer Baustellenabsperrung abgebremst. Allerdings: Es gibt noch zwei andere Möglichkeiten, Friedhof und Pfarrkirche im Ort zu erreichen.
Brücke aus Carbonbeton
„Wir wollen unsere Brücke wiederhaben“, sagt Ortsvorsteherin Ingrid Müller nur halb im Scherz. Denn seit Monaten warten die Vlattener auf den Ersatz. Seit der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses steht fest: Es wird auch noch weiter dauern, bis es so weit ist. Dann aber mit einem Vorzeigebauwerk: In Vlatten soll die landesweit erste Carbonbetonbrücke errichtet werden.
Das wäre aus Sicht vieler Vlattener ja nun auch wieder nicht nötig gewesen. Doch die Stadt Heimbach, immer gezwungen auf einen Ausgleich des Haushalts zu achten, nahm dankend ein über den Vlattener Volker Salentin vermitteltes Angebot an. Er ist als Ingenieur bei der Wesselinger Baufirma Graf beschäftigt, dort wird Carbonbeton als Baustoff untersucht, der eine Lebensdauer von 100 Jahren haben soll. Am Ende sollen Brückenplatte und Geländer für die Stadt Heimbach kostenlos sein. Rund 29 000 Euro fallen aber, nach derzeitigem Stand, für Widerlager, Böschungsbefestigung und Zuwege an.
Teurer als geplant
Die Vlattener Brücke ist allerdings nicht das einzige akute „Brückenproblem“ im Stadtgebiet. Fertig gebaut und eingeweiht ist mittlerweile die neue Rurbrücke bei Hausen. Sie ist aus Holz, errichtet nach den Grundsätzen der „Qualitätsgemeinschaft Holzbrückenbau“, die eine Lebensdauer von 80 Jahren garantieren soll. Das sind immerhin zehn Jahre mehr als bei einer herkömmlichen Stahlbetonbrücke.
992 000 Euro hat die neue Brücke gekostet. 551 000 Euro davon werden gefördert, die Stadt muss den Rest finanzieren. Doch weil die Brücke am Ende 95 800 Euro teurer wurde als geplant, „müssen wir nun schauen, ob es eine Nachförderung gibt“, erklärt Bauamtsleiter Frank Pick.
Noch höher wird die nötige Nachfinanzierung voraussichtlich beim nun beginnenden Bau der Rurbrücke bei Blens. Nach derzeitigem Stand wird sie rund 580 000 Euro kosten. Die erste Schätzung belief sich noch auf 425 000 Euro. Im kommenden Haushaltsjahr muss nun mit 165 000 Euro nachfinanziert werden. Und: Es kann im Bauverlauf noch teurer werden. (sli)
Der Haken an der Sache: Für eine Brücke aus Carbonbeton gibt es noch keine bautechnische Zulassung. Die wird gerade erst innerhalb eines Forschungsprojektes an der Universität Chemnitz erstellt.
Bürger hoffen auf Provisorium
Liegt sie vor, kann das Nideggener Ingenieurbüro Cornelissen die Widerlager berechnen und die bautechnische Zulassung bei der Kreisverwaltung beantragen. Das alles, man ahnt es schon, dauert. Bis Herbst 2020, um genau zu sein. Bis dahin hoffen Ortsvorsteherin Müller und Kurt Krüttgen vom Heimatverein auf eine Behelfsbrücke als Zwischenlösung. Und tatsächlich: Im Rat soll über ein solches Provisorium entschieden werden. Es wird dann kurzfristig aufgestellt.
„Wenn es heutzutage nicht so riskant wäre aufgrund der ganzen Auflagen, wir hätten es schon längst selbst gemacht“, so Krüttgen zu einer Meinung im Dorf: „Das wäre was Schönes geworden, so was Römisches wie die Rurbrücke zum Kurpark in Heimbach“.
Statt Römerbrücke wird es nun Carbonbeton. Und statt Rundbogen ein eher flacher Prototyp. Den hat nicht Jeder.