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Werden aus Bürgern Bürger:innen?Grüne in Weilerswist fordern gendergerechte Sprache

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In der Geschäftsordnung des Rates geht man sprachlich von einem männlichen Gemeindeoberhaupt aus, obwohl der „der Bürgermeister“ seit Jahren eine Frau ist.

Weilerswist – Seit etwas mehr als fünf Jahren ist Anna-Katharina Horst nun Bürgermeisterin der Gemeinde Weilerswist. Wird es da nicht langsam Zeit, die Schriftstücke dem Umstand anzupassen, dass eine Frau die Verwaltung führt und dem Rat vorsitzt? Und überhaupt: Sollten nicht allgemein geschlechtsneutrale Formulierungen genutzt werden? Die Fraktion der Grünen im Gemeinderat beantwortet diese Fragen mit einem klaren Ja.

Seit Jahren im Amt: Anna-Katharina Horst. In Schriften steht aber „Bürgermeister“.

In zahlreichen Dokumenten herrscht immer noch das generische Maskulinum. Dessen Verfechter argumentieren, dass bei der Bezeichnung „Bürger“ selbstverständlich auch die Bürgerinnen einbezogen seien. Doch reicht das? „In der bisherigen Geschäftsordnung unserer Gemeinde ist die Rede von ,dem Bürgermeister’“, stellt Fraktionschefin Marcelle Kristen-Dechamps fest. Zwar stehe da in einer Fußnote: „Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für sämtliche Geschlechter.“

Sprache erzeuge Rollenbilder, sagt Myriam Kemp und fordert konsequentes Gendern.

Das reicht den Grünen nicht. In einem Antrag, über den der Rat am 17. Dezember beraten soll, fordern sie die konsequente Umsetzung gendergerechter Formulierungen in allen neu zu formulierenden Schriftstücken der Kommunalverwaltung und des Rates sowie die entsprechende Anpassung bestehender offizieller Dokumente. Es gelte, alle Geschlechter und Geschlechtsidentitäten abzubilden, wenn sich nicht ausdrücklich auf ein Geschlecht beziehungsweise eine Geschlechtsidentität bezogen wird, stellt Grünen-Ratsfrau Myriam Kemp fest. Dabei bevorzugen die Grünen die Doppelpunktlösung, also etwa „der oder die Bürgermeister:in“, Ärzt:innen, Postbot:innen, Lehrer:innen, Schreiner:innen und ganz allgemein für Bürger:innen.

„Sie werden nicht explizit miterwähnt“

Wenn, wie bisher flächendeckend üblich, vorwiegend das generische Maskulinum verwendet werde, könnten Frauen und Menschen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität zwar auch gemeint sein. „Sie werden aber nicht explizit miterwähnt“, so Kemp. Und das habe gesellschaftliche Folgen, denn Sprache habe einen interessanten Effekt. „Sie lässt Bilder vor unserem geistigen Auge entstehen, auch wenn wir das nicht wollen“, erläutern die Grünen: „Wenn wir aber über diejenigen sprechen, zu denen wir gehen, wenn wir krank sind und von Ärzt:innen sprechen, haben wir nicht mehr bloß die männlichen Vertreter dieses Berufs vor Augen. Da wir allerdings davon überzeugt sind, dass für eine erfolgreiche Gleichstellung von Mann und Frau die sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter grundlegend ist, sehen wir Handlungsbedarf.“

Auf seine Fraktion könnte es ankommen: Hans Peter Nußbaum (CDU)

Insofern wäre die Einführung gendergerechter und genderneutraler Sprache ein notwendiger großer Schritt in diese Richtung, so die Grünen. Ziel sei es, dass sich alle Geschlechter gleichermaßen angesprochen fühlen und dass damit stereotypischen Rollenbildern von Männern, Frauen sowie der nicht-binären Geschlechtsidentifikation entgegengewirkt wird.

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Ob es dafür eine Mehrheit im Rat geben wird, ist noch nicht abzusehen. Hans Peter Nußbaum (CDU), Vorsitzende der größten Fraktion, erklärte, dass über den Antrag in der Fraktionssitzung kommende Woche gesprochen werde. „Ich persönlich habe dazu eine Meinung“, so Nußbaum. Doch die wolle er zuerst der Fraktion mitteilen.