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Burg MüggenhausenWeilerswister Pferdeklinik bietet Spitzenmedizin für große Patienten

Lesezeit 4 Minuten
Dr. Thomas Weinberger steht vor einem Überwachungsmonitor, der die Aufwachboxen der Tierklinik zeigt.

Dr. Thomas Weinberger, der Tierärztliche Leiter der Pferdeklinik, erklärt, wie die Pferde auf die Operation vorbereitet werden. Auf den Bildschirmen kann man beobachten, was in den Boxen passiert.

Große Investition für große Patienten: In die Pferdeklinik Burg Müggenhausen wurden rund zwei Millionen Euro gesteckt.

Kaum einer der Kunden auf Burg Müggenhausen dürfte einen Blick für die Schönheit der Umgebung haben. Wer hier hinkommt, ist in Sorge um sein Pferd und hat oft auch Mühe, den vierbeinigen Patienten unter Kontrolle zu halten. Da nimmt man das Ambiente allenfalls am Rande wahr. Was schade ist, denn die Pferdeklinik ist in einem sehenswerten alten Gemäuer untergebracht. Vor allem der Innenhof ist idyllisch.

„Als ich durch das grüne Tor in den Hof gegangen bin, wusste ich: Das ist es.“ So erinnert sich Dr. Thomas Weinberger an seinen ersten Besuch. Zweimal hatte der Makler versucht, ihm Unterlagen zu dem Objekt zu faxen, zweimal war nichts herausgekommen als eine unleserliche Schlange gestreiften Faxpapiers. Um nicht noch eine dritte Rolle zu verbrauchen, fuhr Weinberger hin. Eigentlich wollte er absagen.

Ein Pferd bei einer CT-Untersuchung des rechten Vorderlaufs.

Im neuen CT können einzelne Gliedmaßen oder der Kopf eines Pferdes ohne Vollnarkose untersucht werden.

1997 hat er die Pferdeklinik mit Dr. Björn Nolting, der mittlerweile gestorben ist, gegründet. Sukzessive wurde immer wieder umgebaut, immer wieder überlegt, ob es nicht wirtschaftlicher wäre, in irgendeinem Gewerbegebiet komplett neu zu bauen. Doch die besondere Atmosphäre, die Ruhe im Innenhof, ließ ihn nicht los.

Auf Burg Müggenhausen ist auch eine neue Reithalle entstanden

Nach 27 Jahren war es nun Zeit für grundlegende Neuerungen. Und weil die Patienten groß sind, ist es auch die Investition: Rund zwei Millionen Euro seien geflossen, sagt Weinberger. Teils aus dem Kliniketat, teils aus der Kasse des Eigentümers der Burg, der Familie von Boeselager.

Die neue Reithalle vor den Toren der Burg ist mit Pferdemotiven gestaltet.

Modern gestaltet, passt sich die Reithalle doch ins Bild ein.

Ein Pony hält seinen Kopf in die runde Öffnung eines Computertomografen.

Das gesamte CT kann heruntergefahren werden, damit die Öffnung auf der richtigen Höhe ist. Das klappt auch für Ponys.

Die auffälligste Neuheit ist die Reithalle, die neben der Einfahrt zur Burg gebaut worden ist. Sie nimmt die Proportionen des benachbarten, alten Trakts auf, die moderne Bemalung der Wand – mit Pferden, natürlich — orientiert sich an den Farben der Feldbrandsteine und Dachziegeln. Die neue Halle musste sein, weil in die alte die Operationssäle eingezogen sind. Dort steht auch ein Computertomograph (CT), der den Laien allein schon durch seine Größe beeindruckt.

Der Fachmann schwärmt davon, was das Gerät alles kann. Vor allem ist es schnell, binnen zehn Sekunden liefert es ein Bild vom kompletten Pferdekopf.

Im CT können die Pferde auch gleich operiert werden

Nur zwei Kliniken in Deutschland hätten diesen hochmodernen Apparat, der mit künstlicher Intelligenz arbeite. Er liefere Bilder von überragender Qualität, und das von Körperregionen, an die man bisher gar nicht herangekommen sei. Es sei sogar möglich, im CT zu operieren. „Wir waren schon immer innovativ auf Burg Müggenhausen“, sagt der Tierärztliche Leiter.

In einem Regal in der Tierklinik lagern verschiedene Präparate von Pferdeknochen.

Präparate dienen zur Erklärung für die Pferdebesitzer.

Und erklärt mit Begeisterung den Nutzen technischer Neuerungen. Für die menschlichen Mitarbeiter, aber auch für den tierischen Patienten. Weil der CT so schnell arbeitet, müssen die Pferde beispielsweise nicht mehr so lange in Narkose gelegt werden. Wird nur ein Bein durchleuchtet, genügt sogar eine Sedierung. Denn das Gerät ist über einer Grube montiert und kann so weit heruntergefahren werden, dass die Öffnung auf dem Niveau des Bodens ist. Das große Loch im Boden habe allerdings zu einigen Diskussionen mit dem Denkmalschutz geführt, erzählt Weinberger. Neu ist auch das Narkosegerät, das die Mittel präzise dosieren soll.

Nach der OP werden die tierischen Patienten sorgfältig überwacht

Er zeigt die „Ablege- und Aufwachboxen“, also die Räume, in denen Pferde in Narkose gelegt werden und in denen sie später wieder auf die Beine kommen. Die seien größer als bisher und mit einem Seilsystem ausgestattet, mit dem die Tiere beim Aufstehen im Gleichgewicht gehalten werden. Denn schon manches Pferd ist nach einer gut verlaufenen Operation beim Aufstehen gestürzt und hat sich verletzt. Damit das Pferd rasch zu sich kommt, wird Sauerstoff in die Nüstern geleitet. Auf Bildschirmen können die Mitarbeiterinnen von außen kontrollieren, was in der Aufwachbox vor sich geht.

Das Bild zeigt den Innenhof der Burg Müggenhausen mit einigen Gebäuden und Bäumen.

Der Innenhof der Burg in Müggenhausen ist idyllisch.

Kranschienen sind an der Decke montiert – schließlich wiegen die meisten Patienten so um die 600 Kilo, die bettet man nicht so einfach um.

Die Technik ist faszinierend, aber Thomas Weinberger stellt klar: „Die Mitarbeiter machen Müggenhausen aus.“ Wobei es fast ausschließlich Mitarbeiterinnen sind, 60 insgesamt, dazu 16 Tierärztinnen. Für sie sind über der alten Reithalle neue Sozialräume entstanden und ein großer Seminarraum.

Weilerswister Pferdeklinik behandelt bis zu 7000 Tiere pro Jahr

6000 bis 7000 Pferde werden jährlich in der Klinik behandelt, vom Rentnerpferd bis zum Sportcrack. Die meisten kämen aus einem Umkreis von 50 bis 80 Kilometern, sagt Weinberger, es gebe aber auch Pferdebesitzer, die vier Stunden Anfahrt in Kauf nähmen. Ein Patient sei sogar aus Mallorca gebracht worden.

Ihnen allen soll Rundumversorgung geboten werden. Also längst nicht mehr nur die gängigen Lahmheitsdiagnosen oder Kolik-OPs. Es wird gerade eine Abteilung mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet, in der sich Spezialisten um die Zähne der Pferde, aber auch beispielsweise um Nebenhöhlenprobleme kümmern. Auch die Hufschmiede kommen aus ihrer Ecke und erhalten mehr Platz. Chiropraxis, Osteopathie, Physiotherapie – für Pferde gibt es so ziemlichen jeden Therapieansatz, den es auch für Menschen gibt.

„Das können wir nur in Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Fachleuten leisten“, betont der Tierärztliche Leiter der Klinik. Er lege auch Wert auf vertrauensvollen Kontakt zu den überweisenden Tierärzten. Denn alle neue Technik könne letztlich nicht den Veterinär ersetzen, sagt Dr. Thomas Weinberger: „Erfahrung steht in keinem Lehrbuch.“