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Kündigungen unwirksamBetriebsratsvorsitzender bleibt im dm-Verteilzentrum in Weilerswist

Lesezeit 3 Minuten
Das Bild zeigt Michael Betke und seine Anwälte im Euskirchener Gericht.

Vor dem Arbeitsgericht wurde die fristlose Kündigung gegen Betriebsratschef Michael Betke (M., hier mit seinen Anwälten) verhandelt.

Das Unternehmen hatte zwei Kündigungen gegen Michael Betke ausgesprochen. Vor dem Arbeitsgericht wurde nun ein Vergleich ausgehandelt.

Michael Betke arbeitet wieder im dm-Verteilzentrum in Weilerswist – zumindest bis Ende Oktober. Dann steht ein Termin am Landesarbeitsgericht in Köln auf dem Programm, und die nun mehr als zwei Jahre dauernde Auseinandersetzung zwischen dem Unternehmen und dem Betriebsratsvorsitzenden geht in die nächste Runde.

Die beiden fristlosen Kündigungen vom 5. Juli und 20. August sind aber obsolet, weil sich beide Parteien in einem weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bonn auf einen Vergleich geeinigt haben. Das ergab die Verhandlung des Arbeitsgerichts, die am Freitag am Euskirchener Amtsgericht stattfand.

Weilerswist: Nach der Kündigung gab es auch kein Gehalt

Das Unternehmen hatte dem Betriebsratsvorsitzenden unmittelbar nach der Betriebsversammlung am 5. Juli gekündigt, als der komplette Betriebsrat des Verteilzentrums in Weilerswist zurückgetreten war. Nach Angaben Betkes war dies geschehen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Er wolle es den Mitarbeitenden überlassen, ob er weiter als Stimme der Arbeitnehmer gewollt sei.

Solidarität vor dem Gericht Den geschlossenen Rücktritt hatte das Unternehmen als alleinige Amtsniederlegung Betkes interpretiert, die Kündigung ausgesprochen und kein Gehalt mehr gezahlt. Diese Kündigung sei erfolgt, um etwaige Fristen nicht zu verpassen, sagte die Anwältin des Unternehmens.

Das Bild zeigt Michael Betke, wie er ins Gericht geht. Im Hintergrund sind Arbeitskollegen zu sehen.

Einige Arbeitskollegen waren zum Gericht in Euskirchen gekommen, um Michael Betke (vorne links) zu unterstützen.

Die Anwälte Betkes und Richter Dr. David Poguntke sahen den Umstand des Rücktritts anders. „Michael Betke sitzt hier faktisch als Betriebsratsvorsitzender“, sagte der Richter. Das sei er so lange, bis ein neuer Betriebsrat gewählt sei. Betkes Anwalt Dustin Koehler hatte die Kündigungen wegen vermeintlicher Amtsniederlegung als „absurd“ bezeichnet und sich auf Paragraf 103 des Betriebsratsgesetzes für die Betriebsratsarbeit berufen: Demnach bedürfe es der Zustimmung des Betriebsrats, um ein Betriebsratsmitglied zu entlassen. Diese Zustimmung habe es jedoch nie gegeben.

Richter Poguntke hatte beiden Parteien dringend dazu geraten, aufeinander zuzugehen. „Es sollte keine weiteren Eskalationsstufen mehr geben, wohlwissend, dass das in der Situation, in der sich beide Parteien befinden, schwierig ist“, so der Richter. Mit seiner Einschätzung – „die Kündigungen sind unwirksam“ – hatte er wohl großen Einfluss auf den Vergleich.

Gewerkschaft Verdi wirft dm „Union Busting“ vor

Nach zwei Unterbrechungen und Beratungen der Parteien untereinander, stand dieser fest. Teil des Vergleichs ist, dass sich Michael Betke als Privatperson im Bezug auf die beiden am Freitag verhandelten Kündigungen nicht mehr dahingehend äußern darf, dass seine Arbeit als Betriebsrat durch das Unternehmen behindert werde.

Etwa 30 Freunde und Arbeitskollegen Betkes waren am Freitag zum Amtsgericht gekommen. Auch Vertreter der Gewerkschaft Verdi waren vor Ort. Die wirft dem Unternehmen bereits seit längerem vor, die Position des Betriebsrats und der Gewerkschaft systematisch zu schwächen oder zu verhindern. „Union Busting“, also die Zerstörung der Gewerkschaft, nennt Verdi das in einer Mitteilung.

Das Unternehmen dm sieht das anders. Auf Anfrage dieser Zeitung teilte Pressesprecher Herbert Arthen mit: „Zu laufenden Gerichtsverfahren äußern wir uns inhaltlich grundsätzlich nicht. dm eines „Union Bustings“ zu bezichtigen, ist absurd. Bekanntlich gibt es bei dm einen mitbestimmten Aufsichtsrat, in welchem auch drei Vertreter von Verdi Aufsichtsratsmandate wahrnehmen. Die Zusammenarbeit mit diesen Gewerkschaftsvertretern ist bewährt professionell, wertschätzend und zum Wohle des Unternehmens.“