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Wildnis-Trail-Erfinder Lammertz85 Kilometer auf verschlungenen Pfaden

Lesezeit 5 Minuten

Natur und traumhafte Aussichten: Auf dem Wildnis-Trail lässt sich die Eifel entdecken.

  1. Die Nachfrage an Touren in der Wildnis steigt.
  2. Das hat Michael Lammertz bereits früh erkannt und erfand Wildnis-Trail.
  3. Was einen auf den Touren erwartet und woher ihm die Idee kam, lesen Sie hier.

Schleiden-Gemünd – Berglandschaften, praktische Zipperhosen, karierte Hemden, robuste Lederschuhe – in den vergangenen Jahren ist ein Trend rund ums Draußensein, rund ums Wandern entstanden: Menschen suchen das Abenteuer im Freien, neue Outdoor-Zeitschriften kommen auf den Markt, und die ollen Wanderecken in den Buchhandlungen locken mit attraktiver Literatur zu Orten, die man unbedingt gesehen haben, und Strecken, die man unbedingt gewandert sein sollte. Das Wanderfieber ist ausgebrochen. Hape Kerkelings Bestseller „Ich bin dann mal weg“ hatte sicher auch Einfluss auf das Image des Wanderers.

Nachfrage nach Touren steigt

Das findet jedenfalls Michael Lammertz. Er muss es wissen. Schließlich hat er den Wildnis-Trail, der sich quer durch den Nationalpark erstreckt, erfunden. Seit der Eröffnung 2007 sei die Nachfrage nach Touren gestiegen, bestätigt er. Kerkelings Pilgertagebuch erschien ein Jahr zuvor. „Er ist ja ein Typ, der allseits geschätzt wird“, sagt Lammertz schmunzelnd.

Wildnis-Trail-Erfinder: Michael Lammertz.

Vielleicht hat auch mich dadurch das Wanderfieber erst so richtig gepackt. Zwar bin ich regelmäßig in der Natur unterwegs, doch die 85 Kilometer lange Strecke auf dem Wildnis-Trail soll nun die erste Langstreckenwanderung für mich werden. Vier Etappen, in vier Tagen. Doch wie kommt man überhaupt auf die Idee, so einen Trail zu erfinden? Schließlich werden „Trails“ doch vor allem immer wieder in Verbindung mit verschwitzten Abenteurern, die monatelang durch die Einsamkeit der USA streiften, gebracht. Eine Einschätzung, die laut Lammertz gar nicht so falsch ist.

„1989, lange bevor ich beim Nationalpark Eifel angefangen habe, habe ich ein halbes Jahr im Westen der USA verbracht“, erzählt er. Er sei ein junger Wilder gewesen, habe mitten im Wald gelebt, die nächste Ortschaft lag mehr als 50 Meilen entfernt. „Das war eine tolle Zeit, und ich reiste durch die ganzen Nationalparks“, erinnert sich der 55-Jährige.

Reise durch die Nationalparks der Welt

Für den Yosemite-Nationalpark habe er sich beim Wandern besonders viel Zeit genommen. Er wollte vom einen zum anderen Ende des knapp 3081 Quadratkilometer großen Nationalparks wandern. Oktober war es und nicht viel los auf dem Trail. Gerade deshalb für Lammertz das größte seiner Wandererlebnisse. Ein tiefes Naturerlebnis, wie er sagt: „Wenn man so lange ganz allein unterwegs ist, dann kommt man irgendwann in einen Flow-Zustand.“ Diesen Flow kennt die Psychologie als eine Art Tätigkeitsrausch, ein beglückend erlebtes Gefühl, völlige Vertiefung und restloses Aufgehen in einer Sache.

Die Natur in ihrer Reinform gibt es für die Wanderer zu sehen.

Eben dieser Flow war für Lammertz die Motivation, den Wildnis-Trail zu konzipieren. Er habe sich damals an seine eigene Tour in den USA zurückerinnert. „Als ich anfing, im Nationalpark Eifel zu arbeiten, dachte ich mir: Es wäre doch toll, eine ähnliche Erfahrung anzubieten“, erinnert er sich. Natürlich sei der Nationalpark Eifel mit seinen knapp 11 000 Hektar nicht mit dem Yosemite-Nationalpark zu vergleichen. Er hatte zudem auch Bedenken, dass man falsche Erwartungen an eben jene Tour wecken würde, die Wildnis im Namen trägt, denn hier herrsche natürlich keine Dschungel-Wildnis, durch die man mit der Machete streifen müsste.

Stetige Veränderung in der Natur

„Unser Trail zeigt eine Wildnis auf, die im Begriff ist, sich zu entwickeln“, erklärt Lammertz. Das sei ein Prozess, der mit der Einrichtung des Nationalparks 2004 begonnen habe. Auch er selbst entdeckt stets Veränderungen: Hier seien Bäume umgefallen, dort entstehe eine neue Waldgeneration. Manchmal erkenne er die Orte nach einem Jahr selbst nicht mehr wieder, so viel sei passiert. Daneben sollte die Route auch einigen besonderen Kriterien gerecht werden. Allen voran stand für ihn die Durchquerung des Nationalparks der Länge nach, ganz so wie seinerzeit in den USA. „Hier zeigen sich nämlich am besten alle landschaftlichen Besonderheiten“, erklärt der Experte. Im Süden beispielsweise regnete es fast doppelt so viel wie im Norden. Folglich habe dies Auswirkungen auf die Vegetation.

„Auf der zweiten Etappe findet man viel offenes Grasland“, beschreibt Lammertz. Es führt über 20,5 Kilometer von Einruhr über Wollseifen und Vogelsang bis nach Gemünd. „Auf der dritten Etappe von Gemünd nach Heimbach findet man viel Buchenlandschaft“, beschreibt er weiter. Im Übrigen ein Baum, der sich in Zukunft im Nationalpark Eifel durchsetzen werde, so Lammertz.

Mit Wildnis-Trail die Wildnis erleben

Der Weg sollte zudem abseits der stark frequentierten Wanderwege und, wenn möglich, über schmale Pfade verlaufen. Also über Stock und Stein im wahrsten Sinne des Wortes. „Das zwingt die Menschen dazu, hintereinander zu gehen und nicht immer nur zu quasseln“, sagt er und schmunzelt. Das sei wichtig für den Flow. Und eben dieser sei beim Allein-Wandern seiner Meinung nach am ehesten zu erreichen.

Grundsätzlich würde es den Wanderern auf dem Wildnis-Trail recht leicht gemacht, die Wildnis zu erleben. Auf der Website des Nationalparks könne man verschiedene Arrangements buchen, um beispielsweise sein Gepäck während der vier Wandertage nicht schleppen zu müssen. Dieses würde jeweils vom Start- zum Zielpunkt transportiert und warte dann in der jeweiligen Unterkunft auf den Wanderer, erklärt Lammertz. Das klingt nach einer gelungenen Mischung aus Abenteuer und Luxus, gebe ich zu.

Jeder Schlenker ist durchdacht

Was hat es eigentlich mit den Trekkingplätzen auf sich, die vom Naturpark Eifel angeboten werden und zunehmend an Fans gewinnen, möchte ich wissen. „Oh ja, die werden unendlich gut angenommen“, bestätigt Lammertz. Für zehn Euro könne man einen solchen Platz buchen, der aus einer Plattform fürs Zelt und einer Toilette besteht. Nach der Buchung würden die GPS-Daten geschickt, erklärt Lammertz.

Ich werde einfach losgehen, ohne Übernachtung, erkläre ich dem Wildnis-Trail-Erfinder. Von einer Mitarbeiterin des Nationalparks bin ich mit allerhand Infos zu Busfahrzeiten sowie Kartenmaterial ausgestattet worden. „Doch wundern Sie sich nicht, wieso der Trail Schlenker macht“, gibt Lammertz noch als abschließenden Tipp mit auf den Weg. Die seien absichtlich gewählt, denn hinter jeder Kurve zeige sich bisweilen ein ganz besonderes Naturerleben – dann mal los.