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Psychiatrische Kliniken Marienborn GmbHVon der Anstalt zur Fachklinik

Lesezeit 3 Minuten

Die Cellitinnen kümmerten sich nicht nur um Kranke. Sie betrieben auch Kinderheime und Anstalten für „gefallene Mädchen“.

Zülpich-Hoven – Die acht Ordensschwestern, die Anfang Oktober 1888 in ihrem Mutterhaus an der Severinstraße in Köln ihre Koffer packten, werden nicht einmal geahnt haben, welche Erfolgsgeschichte sie damit in Gang setzen würden.

Die Cellitinnen nach den Regeln des heiligen Augustinus zogen damals mit 15 „geistig irren“ Frauen aus dem Rheinland in das 1188 erbaute Zisterzienserinnenkloster in Hoven ein. Sie waren vor 125 Jahren quasi die Gründerinnen der Marienborn GmbH, die heute mit 16 Betrieben, in denen rund 1400 Mitarbeiter beschäftigt sind, einen Jahresumsatz von 55 Millionen Euro erzielt.

Der Cellitinnen-Orden hatte sich nach den Celliten benannt, das waren „Begräbnisbrüder“, die sich im Mittelalter der Armen, Sterbenden und Pestkranken angenommen hatten.

Das Hauptbetätigungsfeld der Schwestern, die sich vor allem der Pflege kranker Menschen widmeten, war Köln, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts 70 000 Einwohner hatte und wegen der fehlenden Kanalisation als eine der schmutzigsten Städte Europas galt.

50-Betten-Zimmer

Die Folge waren Krankheiten, für deren Behandlung die Krankenbetten in der Domstadt nicht mehr ausreichten. Da kam dem Pflegeorden nicht ungelegen, dass das ehemalige Zisterzienserinnenkloster in Hoven 1888 zum Verkauf angeboten wurde.

Unter Napoleon, der das linke Rheinland erobert hatte, war das Kloster 1803 säkularisiert und in den französischen Staatsbesitz überführt worden. 1888 gehörte das Kloster einem Landwirt namens Söhnen, der das Gebäude an die Genossenschaft der Augustinerinnen verkaufte.

Es entstanden die „Heil- und Pflegeanstalten Marienborn“. Bis zu 700 Frauen mit psychischen Erkrankungen, die in 50-Betten-Zimmern untergebracht waren, wurden ausschließlich von den Cellitinnen versorgt.

Mit höchstens 35 Schwestern wurde das bewerkstelligt. Die Einweisung in eine „Nervenheilanstalt“ kam damals einem „Lebenslänglich“ gleich.

Psychopharmaka seit 1950

Erst in den 1950er Jahren wurden Psychopharmaka entwickelt, die Heilungschancen eröffneten. Bis dahin wurden die Patienten schlicht und ergreifend ruhig gestellt. Zwangsjacken, Dauerbäder und die Fixierung an die Betten waren die gängigsten Methoden. Nur „leichtere Fälle“ durften sich etwa in der Küche oder bei den Feldarbeiten nützlich machen.

Ein zweites Betätigungsfeld im Kreis Euskirchen gab es für die Schwestern von 1917 an in Nettersheim. Dort bildeten sie Haushaltsschülerinnen aus, unterhielten ein Kindererholungsheim und versorgten Kriegsversehrte. 1987 verließen die letzten Ordensschwestern Nettersheim.

Zwei Drittel aller Cellitinnen, die es noch in Deutschland gibt, genießen in Hoven in einem Neubau ihren Lebensabend. Das Ende des Ordens ist absehbar. Die jüngste der 59 Schwestern ist 65, die älteste 97.

Mit der Nervenheilanstalt von anno dazumal hat die heutige Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie nichts mehr gemein. Um die jährlich 3000 stationären und 4000 ambulanten Patienten kümmern sich 230 Marienborn-Mitarbeiter.

Es gibt dort überwiegend Ein- oder Zweibett-Zimmer, und aus dem früheren „Lebenslänglich“ ist eine durchschnittliche stationäre Verweildauer von 24 Tagen geworden.

Seit etwa 30 Jahren werden in der Klinik auch Männer aus dem Kreis Euskirchen und dem südlichen Erftkreis behandelt.