Hubertushof in Zülpich-LüssemMarcel Blum besitzt 70.000 Johannisbeer-Sträucher
- Auf einem Hof in Zülpich werden Beeren fein säuberlich in kleine Plastikschalen gelegt.
- Alle Johannisbeer-Sträucher aneinanderreiht ergeben eine Strecke von 45 Kilometer.
- Mit punktgenauer Bewässerung zum bestmöglichen Ernteertrag.
Zülpich-Lüssem – Ein paar Brombeeren hat es erwischt. Sie haben Sonnenbrand. Damit sind sie für den Verkauf nicht mehr geeignet. Sie werden von den 120 Erntehelfern, die aktuell auf dem Hubertushof in Lüssem beschäftigt sind, in den sogenannten Marmeladen-Eimer geworfen.
Die meisten Beeren bleiben aber von diesem Schicksal verschont. Sie werden stattdessen feinsäuberlich in kleine Plastikschalen gelegt und ins Kühlhaus gefahren. Dort kommen auch die unzähligen Roten Johannisbeeren hin. „Wenn wir alle Johannisbeer-Sträucher aneinanderreihen, kommen wir auf eine Länge von 45 Kilometern“, sagt Marcel Blum, Chef des Hubertushofs.
„Ribes rubrum“ heißen Johannisbeeren mit korrektem botanischem Namen, in Österreich spricht man lieber von Ribisel, in Schwaben von Träuble, in der Schweiz von Meertrübeli, in Unterfranken von Kannstrauben und in der Eifel von Wiemele. In Lüssem werden die kleinen roten Beeren gepflegt und umsorgt wie die Lieblingsoma.
Teurer Regenschutz
Nichts wird dem Zufall überlassen. Allein der Regenschutz für die Johannisbeeren hat mehr als 560 000 Euro gekostet. „Die Oberflächenspannung der Beeren ist extrem. Schon ein Regentropfen kann sie platzen lassen“, sagt der 29-jährige Gärtner-Meister für die Fachrichtung Obstbau.
Der Hof in Zahlen
45 Kilometer laufende Hecke würden alle Johannisbeer-Sträucher aneinander gereiht ergeben. Die 70 000 Rote Johannisbeer-Pflanzen stehen auf 14 Hektar. Hinzu kommen vier Hektar, auf denen Brombeeren wachsen, und ein halber Hektar mit Himbeeren. In 13 Kühlhäusern wird das von den 120 Erntehelfern gepflückte Obst gelagert – im Laufe einer Saison etwa 310 Tonnen. Zudem stehen 700 Kälber im Stall bei Lüssem, die aufgezogen werden. (tom)
Durch ein ausgeklügeltes System werden punktgenau die Wurzeln der Sträucher bewässert. Weil sein Großvater 1963 Bachrecht für den Rotbach beantragt hatte, werden heute unzählige Liter Leitungswasser gespart, wenn es um die Beregnung der Sträucher geht.
Woran nicht gespart wird, ist der Verbraucherschutz. „Bevor eine Beere in den Verkauf kommt, wird ein Rückstandsmonitoring gemacht“, erklärt Blum. Es werde geprüft, ob geltende Rückstandshöchstgehalte für Pflanzenschutzmittel und Grenzwerte für Schadstoffe und Nitrat eingehalten werden. Außerdem werde kontrolliert, ob die eingesetzten Pflanzenschutzmittel zugelassen seien. „Die Kontrollen sind sehr streng. Das ist gut für die Landwirtschaft. Dennoch ist es ein Spagat zwischen Qualität und Pflanzenschutz“, sagt der Experte.
Nicht gut für die hiesige Landwirtschaft sei, dass in anderen Ländern andere Rahmenbedingungen bestehen. „In Marokko beispielsweise gelten andere Umwelt- und Sozialstandards, einen Mindestlohn gibt es nicht. Zudem werden die Beeren eingeflogen und weisen damit eine katastrophale Klimabilanz auf“, erklärt Blum. In Zeiten von Fridays-for-Future-Demonstrationen wundere er sich schon, dass der Kunde im Supermarkt häufig zu den billigeren 120-Gramm-Schälchen aus Marokko greife, anstatt zu einheimischen, teureren Produkten.
Johannisbeeren sind Windbefruchter
Im Gegensatz dazu stehe das Kaufverhalten im eigenen Hofladen. „Die Nachfrage ist immer größer geworden und die ersten Tage geben uns recht, ihn endlich eröffnet zu haben“, sagt Blum, der vor neun Jahren seine Gärtner-Ausbildung Fachrichtung Obstbau abgeschlossen hat. Er fügt hinzu: „Johannisbeeren sind Windbefruchter.“
Um auf Nummer sicher zugehen, habe er vor einiger Zeit zusätzlich „einige Bienenvölker in die Plantagen gesetzt“. Und der Segen des lieben Gottes dürfte ihm auch gewiss sein, denn der Hobbyimker, der seine Bienenvölker in den Anpflanzungen angesiedelt hat, ist kein Geringerer als der evangelische Pfarrer Ulrich Zumbusch aus Zülpich.
Irdisch ist hingegen die Kennziffer der Produkte des Hubertushofes. Wer in den Supermärkten oberhalb des Barcodes die Zahlenfolge 10677 entdeckt, kann sicher sein, dass die Johannisbeeren, Brombeeren oder Himbeeren aus Lüssem kommen. Und damit deren Qualität stimmt, klingelt der Wecker aktuell früh. „Mein Tag beginnt meistens gegen 6 Uhr. Bei den heißen Temperaturen sogar noch früher, weil wir früh mit der Ernte beginnen“, erklärt Blum.
Damit die Erntehelfer nicht in der großen Hitze in die Plantage müssen, wird derzeit morgens gepflückt. Nachmittags werden an der betriebseigenen Verpackungsstraße die Beeren schließlich für den Transport fertig gemacht. „Das aktuelle Wetter ist nicht gut für einen Obstbauern. 25 Grad, bedeckter Himmel – fünf Wochen lang. Das wäre perfekt“, sagt der 29-Jährige, der beim Bezirksligisten TuS Zülpich kickt und fast fließend polnisch spricht. „Das habe ich mir angeeignet“, sagt er.
In diesem Jahr seien etwa 40 Erntehelfer erstmalig auf dem Hubertushof beschäftigt. Eine so große Fluktuation habe es in der Vergangenheit selten gegeben. „Die Arbeitsbedingungen in Polen werden immer besser, sodass es sich für viele nicht mehr so lohnt, nach Lüssem zu kommen“, sagt er. Die Erntehelfer sind am Hubertushof in vollausgestatteten Wohncontainern untergebracht. Sogar zwei Autos stehen ihnen zur Verfügung. Blum selbst nutzt derzeit vor allem einen Golfwagen. Damit fährt er über die Plantage, schaut nach dem Rechten – und darauf, wie Brombeeren-Sonnenbrand zu verhindern ist.