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Blutige SchlachtVor 75 Jahren wollte Adolf Hitler die Alliierten in der Eifel stoppen

Lesezeit 4 Minuten

Ein amerikanischer Soldat an einem Wegweiser voller Schilder: Hier verlief 1944 die Frontlinie zwischen deutschen und alliierten Truppen.

  1. Eine der blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs begann im Dezember 1944 in der Eifel.
  2. Mit der Ardennenoffensive, ihren Folgen und den Auswirkungen bis in die heutige Zeit beschäftigt sich unsere Serie.

Eifelland – Vor 75 Jahren, am 16. Dezember 1944, startete die sogenannte Ardennenoffensive mit einem Angriff in Richtung Westen: Es war eine militärische Großoperation, die gemäß Hitlers Absicht dem Krieg eine entscheidende Wende geben sollte. Die westalliierten Truppen, die an der Reichsgrenze standen, sollten nicht nur aufgehalten, sondern bis zum Atlantik und zur Nordseeküste zurückgedrängt werden. Der Plan scheiterte im Ansatz. Die Bilanz: jeweils etwa 80 000 Tote, Verwundete und Gefangene auf beiden Seiten, so wird geschätzt. Dazu Kriegsverbrechen, Opfer in der Zivilbevölkerung, schwerste Schäden und die Verlängerung der Naziherrschaft und des Holocausts um mehrere Monate.

Unmittelbar am Hollerather Knie begannen am 16. Dezember 1944 die Kampfhandlungen der Ardennenoffensive. Fotos: Sammlung Franz Albert Heinen/Bernd Zimmermann

Am Hollerather Knie standen sich am 16. Dezember 1944 Angehörige der 277. Volksgrenadier-Division und der 99. US-Infanterie-Division gegenüber und kämpften erbittert um jeden Meter Boden. Weitere Einheiten schlossen sich beiderseits an, darunter eine Panzerdivision der Waffen-SS. Nach wenigen Tagen und bescheidenen Geländegewinnen der deutschen Truppen siegte die Überlegenheit der Alliierten bei Material, Waffen und Truppenstärke.

Was war die Ausgangslage?

Bereits 1938/39 hatte das Regime den sogenannten Westwall errichten lassen, ein gemäß der Propaganda angeblich unüberwindbares Bollwerk, das aus Panzersperren, Bunkern, Erdstellungen und Stacheldrahthindernissen bestand. So sollte ein Angriff auf die Westgrenze verhindert werden. Nach dem Überfall auf Polen ab dem 1. September 1939 hatten Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg erklärt. 1940 griff die Wehrmacht im Westen an, überrannte französische und britische Truppen, stand danach an den westlichen Küsten. Da machte eine Befestigung im Inneren des erweiterten Herrschaftsgebietes keinen Sinn mehr. Die schwere Bewaffnung des Westwalls wurde demontiert und fortan bei der Küstenbefestigung verwendet.

1944, nach der Landung der riesigen alliierten Streitmacht an der Normandie-Küste, waren die US-Truppen zügig zur deutsche Westgrenze vorgestoßen. Im September eroberten sie Roetgen, im Oktober Aachen.

Westwall nahezu wertlos

Der Westwall als letztes Bollwerk gegen das großräumige Vordringen der US-Truppen nach Deutschland war militärisch nahezu wertlos geworden. 1944 hatte die Wehrmacht einen langen Rückzug im Osten erlebt. Es mangelte an Soldaten, Munition und Material. Dennoch befahl Hitler im Sommer 1944, Vorbereitungen für einen großangelegten Gegenstoß im Westen zu treffen.

Tonnenschwere Bomben wie dieser „Tallboy“ von 5,4 Tonnen Gewicht wurden noch in den 1960er Jahren aus dem Urftsee geborgen.

Dazu wurden Truppen im Osten abgezogen und zur Westgrenze verlegt. Mehr als 200 000 Soldaten in knapp 20 Divisionen wurden im Gebiet zwischen Monschau und Echternach zusammengezogen. Weil es kaum noch eine deutsche Luftwaffe gab, hatte Hitler angeordnet, dass die Offensive erst bei einer Schlechtwetterperiode beginnen sollte, in der die alliierten Flieger nicht starten konnten. Das schlechte Wetter begann am 16. Dezember 1944. Der deutsche Angriff startete mit einer heftigen Artillerieattacke. Beim Vormarsch aus dem Kylltal und dem Oleftal heraus gab es auf den wenigen nutzbaren Straßen endlose Staus, die sich erst langsam auflösten.

Ein zerstörter Panzer der Wehrmacht liegt an einer Straße in der Eifel: Die Kriegswucht war wenige Tage nach Beginn der Offensive sichtbar.

Die Angriffsbedingungen waren ungünstig. Von Losheimergraben aus kamen Wehrmacht und Waffen-SS bei heftigen Kämpfen langsamer voran als erhofft. Der Vorstoß führte zunächst in Richtung Malmedy. Kurz vor dem Städtchen kam es zu einem schweren Kriegsverbrechen: 81 kriegsgefangene US-Soldaten wurden dort erschossen.

Deutsche Soldaten posieren in Schöneseiffen vor einem Lkw für ein Erinnerungsfoto. Das war vor der fürchterlichen Ardennenoffensive.

Stavelot konnte der Stoßkeil noch passieren und erreichte das Tal der Amel. Dann hatten die Panzer buchstäblich trockengefahren. Der Einsatz von Fallschirmjägern, die hinter den amerikanischen Linien Sabotageanschläge verüben und Brückenübergänge sichern sollten, blieb wirkungslos. Nach dem Absprung wurden sie durch starke Winde über den gesamten Eifel-Ardennen-Raum verstreut. Durchgängig fehlte es an Kraftstoffreserven, die bei den Amerikanern hätten erbeutet werden sollen. Nach wenigen Tagen klarte das Wetter auf und die überlegene US-Luftwaffe griff massiv die deutschen Nachschublinien und Verkehrswege an. Daraufhin stockte der Nachschub für den Vormarsch.

Briten reagieren schnell auf deutsche Ardennenoffensive

Die von der deutschen Ardennenoffensive zunächst überraschten Alliierten reagierten schnell mit Truppenverstärkungen. Die deutsche Offensive kam schnell zum Stillstand. Das von Hitler vorgegebene erste Ziel, die Maas zu erreichen und sichere Übergänge zu erobern, um nach Antwerpen zu gelangen, erwies sich als unerreichbar. Nach wenigen Tagen begann der Rückzug. Im Laufe des Januars erreichten die Einheiten wieder ihre Ausgangsstellungen. Die deutsche Offensive war blutig gescheitert.

Nun folgten über MOnate hinweg Artilleriefeuer und Luftangriffe auf die Orte im rückwärtigen deutschen Frontgebiet. Zahllose Zivilisten und Soldaten beider Seiten starben, ganze Dörfer und Kleinstädte fielen in Schutt und Asche.

Veranstaltungen

In der Grenzlandhalle in Hellenthal will die Gemeinde 75 Jahre nach dem Beginn der Ardennenoffensive darstellen, was der Krieg für die Bevölkerung in dieser Region bedeutete, welche Verpflichtungen sich für nachfolgende Generationen ergeben und welche Konsequenzen die heute Lebenden aus der Erfahrung des Krieges im eigenen Land ziehen müssen. Und dass der Frieden ein kostbares Gut ist.

Die bekannte Höckerlinie am Hollerather Knie oder in Udenbreth beispielsweise ist heute Ausflugsziel für viele Geschichtsinteressierte, die Ausstellung in der Ars Tecnica in Losheim über die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Wiederaufbau ebenfalls.

Ab dem 30. Oktober gibt es zweieinhalb Wochen lang einen ganzen Strauß von Veranstaltungen und Ausstellungen zum Thema in der Grenzlandhalle in Hellenthal unter dem Oberbegriff „Frieden, wir arbeiten dran – 75 Jahre Ardennenoffensive“ oder „Peace, yes we can“.

www.hellenthal.de