Köln – Anthony Modeste hat seinem Trainer Steffen Baumgart beim Torjubel schon mal die Schiebermütze stiebitzt, ein anderes Mal spritzte er ihm Wasser ins Gesicht - doch diesmal ist der Franzose vielleicht einen Schritt zu weit gegangen. Denn während Baumgart die vorherigen Aktionen weglächelte und wegmoderierte, hat Modestes Kaffee-Jubel beim 3:1 gegen Arminia Bielefeld den Coach sichtlich verärgert. „Das ist immer dünnes Eis”, sagte er: „Du darfst nicht überdrehen, sonst kriegst du meistens - etwas hart ausgedrückt - irgendwann vor die Fresse. Mehr will ich dazu nicht sagen.”
Was war passiert? Nach seinem Treffer zum 2:1 in der 43. Minute war Modeste hinter das Tor gelaufen, wo er in einer FC-Tüte aus dem Fan-Shop eine Packung des von ihm produzierten Kaffees deponiert hatte. Er hielt das Paket in die Kamera und warf es danach in die Zuschauerränge. Anschließend versuchte er diese Art Schleichwerbung humorig zu erklären. „Ich vergesse nie, wo ich herkomme”, sagte Modeste: „Das war ein kleines Dankeschön, weil die Fans uns immer unterstützen. Also habe ich ein bisschen Kaffee geschenkt. Mein Trikot kann ich nicht geben.”
Nicht nur Sky-Experte Dietmar Hamann rechnet aber mit weiterem Ärger für den Torjäger. „Er wird eine Strafe bekommen, auch zurecht”, sagte der frühere Nationalspieler. „In der heutigen Zeit, wo es viel um Kommerz geht, wo das Verhältnis zwischen Fans und Spielern angekratzt ist, ist das wenig sensibel. Da habe ich wenig Verständnis für.” Im Dezember hatte Modeste seine eigene Kaffee-Marke vorgestellt.
Abseits dieser Aktion herrschte beim FC am Samstag aber ausgelassener Jubel. Durch den Sieg gegen den Vorletzten im ersten Spiel von Bielefelds Interimscoach Marco Kostmann festigten die Kölner Rang sieben. Der Traum von Europa nimmt Konturen an. „Ich habe ein Déjà-vu zu 2017”, sagte Modeste mit Blick auf die bisher letzte Europacup-Qualifikation. Damals war es die erste nach 25 Jahren und die Kölner hatten sie mit 49 Punkten gesichert. So viele haben sie nun schon drei Spiele vor dem Saisonende. „Wenn wir die gewinnen, sind wir da, wo wir alle hinwollen”, sagte Modeste, der schon 17 Saisontore erzielt hat. Das 3:1 durch Jan Thielmann bereitete er zudem vor (86.). Das 1:0 hatte Mark Uth erzielt (3.), der Ausgleich resultierte aus einem Eigentor von Timo Hübers (33.).
Die Bielefelder wurden nach dem Spiel dennoch von ihren Fans in der Kurve gefeiert. „Sie haben gesehen, dass die Mannschaft alles versucht hat und ich bin sehr dankbar, dass sie das honorieren”, sagte Kostmann, der am Mittwoch als Nachfolger von Frank Kramer vom Torwarttrainer zum vorübergehenden Chef aufgestiegen war.
Das Ergebnis war zwar ernüchternd, ebenso wie nur ein Punkt aus den vergangenen acht Spielen. Doch dem Duell mit Hertha BSC am kommenden Wochenende, dem schon eine vorentscheidende Bedeutung zukommt, sieht Kostmann vorsichtig optimistisch entgegen. „Da müssen wir mit der Überzeugung und dem Engagement von heute rangehen und die Fehler minimieren”, sagte Kostmann.
Doch so wohl gestimmt war nicht jeder Armine. „Ehrlich gesagt könnte ich einfach nur kotzen”, sagte Torhüter Stefan Ortega: „Die Scheiße, die wir gemacht haben, haben wir schon ein bisschen länger gemacht. Wir haben uns selbst in diese Lage gebracht.”
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