Kegelbrüder wieder zu Hause: Mallorca-Alptraum nicht vorbei
Palma – Die acht Deutschen, die auf Mallorca der Brandstiftung verdächtigt werden und in Untersuchungshaft saßen, sind nach knapp zwei Monaten wieder zu Hause im Münsterland. Nach ihrer Freilassung hatten sich die Hobbykegler wenige Stunden im evangelischen Gemeindehaus in Palma ausgeruht, bevor sie am Samstag noch vor Sonnenaufgang zum Flughafen fuhren. Auf Mallorca und auch zu Hause hüllten sie sich bisher in Schweigen. Und das wird auch in absehbarer Zukunft wohl so bleiben. Der wohl wichtigste Grund: Die Ermittlungen gegen die acht und gegen vier weitere Freunde, die schon im Juni ebenfalls auf Kaution in Höhe von jeweils 12.000 Euro auf freien Fuß gesetzt worden waren, laufen auf Mallorca weiter.
Die deutsche Öffentlichkeit wird warten müssen, um aus dem Mund der Verdächtigen zu hören, was sie erlebt haben. Wie aus einem Kurztrip der Mitglieder des Kegelclubs „Stramm am Tisch” auf die Urlaubsinsel eine Odyssee wurde. Man will vorsichtig sein und jeden möglicherweise schädlichen Medienrummel vermeiden. Wie hatte sich Anwältin Maria Barbancho Saborit kurz vor Freilassung ihrer Mandanten ausgedrückt? Die Jungs, fast alle unter 30, würden sich erstmal „tot stellen”.
Aber was wird in den kommenden Wochen passieren? Der als sehr streng geltende Ermittlungsrichter Antoni Rotger, wird bald die Untersuchungen fortsetzen. Der erfahrene Jurist, der viele Fälle gegen (auch ausländische) Prominente und korrupte Politiker mit harter Hand leitete, hatte sich einer Freilassung auf Kaution der acht in U-Haft verbliebenen Deutschen mehrfach widersetzt.
Es war ein für die Hobbykegler glücklicher Umstand, dass er im Urlaub weilte, als die Verteidigung neue mutmaßlich entlastende Beweismittel vorlegte und erneut die Freilassung auf Kaution beantragte. Eine als Ersatz eingesprungene Richterin gewährte sie.
Glücklicher Zufall? Die „Mallorca Zeitung”, die sich auf der Insel sehr gut auskennt, glaubt nicht daran und spricht von einem „geschickten Schachzug der Verteidiger” um die erst kürzlich als Verstärkung verpflichtete 31-jährige Barbancho Saborit, die während des Studiums drei Jahre in Heidelberg war und Deutsch spricht.
Aber einige Beobachter und Medien äußerten auf der Insel bereits die Vermutung, der Schuss könne letzten Endes auch nach hinten losgehen. Richter Rotger könne sich nämlich nun überrumpelt fühlen und bei der Entscheidung, ob ein Prozess gegen die Deutschen eingeleitet werden soll oder nicht, noch weniger wohlwollend handeln als üblich.
Den Deutschen wird vorgeworfen, am 20. Mai kurz nach ihrer Ankunft auf der Insel einen Brand in der Nähe des Ballermanns an der Playa de Palma ausgelöst zu haben. Sie sollen vom Balkon ihrer Hotel-Zimmer brennende Kippen und Alkohol auf das Schilfdach der Terrasse einer darunterliegenden Gaststätte geworfen haben. Das Dach fing Feuer. Zwei Gaststätten, eine Wohnung und Teile des Restaurants wurden beschädigt. Mehrere Menschen erlitten leichte Verletzungen.
Die Touristen bestreiten, das Feuer gelegt zu haben. Die Gruppe bestand ursprünglich aus 13 Urlaubern. Einer von ihnen war bereits am Tag nach dem Brand ohne Auflagen auf freien Fuß gesetzt worden. Er hatte nachweisen können, dass er bei Ausbruch des Feuers unter der Dusche war. Vier weitere Verdächtige hatten das Gefängnis nach rund zweieinhalb Wochen auf Kaution verlassen dürfen.
Um die eingesprungene Richterin zu überzeugen, hatte die Verteidigung als entlastendes Beweismittel ein Foto vorgelegt, auf dem ein rauchender Unbekannter auf dem Balkon des Nachbarzimmers der Gruppe zu sehen ist, der als Täter ebenfalls in Frage käme. Das Foto habe mit dazu beigetragen, dass die Staatsanwaltschaft sich erstmals auch für die Freilassung der Kegelbrüder ausgesprochen habe, sagte Anwältin Barbancho Saborit. Aber können das Foto und andere laut Verteidigung entlastende Beweismittel auch den Richter überzeugen? Immerhin hatten Augenzeugen die Deutschen belastet.
Vorerst herrscht in Münster noch große Freude. Sowohl vor dem Gefängnis als auch bei der Ankunft am Flughafen Münster/Osnabrück wurden die Kegler von Angehörigen und Bekannten glücklich in Empfang genommen. Wenn sie aber angeklagt und der fahrlässigen Brandstiftung für schuldig befunden werden, können die Männer zu Haftstrafen zwischen einem und drei Jahren verurteilt werden, wie Anwälte erklärten. Bei vorsätzlicher Brandstiftung sei Freiheitsentzug von bis zu sechs Jahren vorgesehen. Bei Vorsatz und der Gefährdung von Menschenleben könne das Urteil auch deutlich schärfer ausfallen.
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