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Adient bekommt BetriebsratGeschäftsführung scheitert mit Klage vor Gericht

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Ein Betriebsrat? Das war bei Adient, früher Johnson Controls, bisher undenkbar. Jetzt wird es wohl anders kommen.

Burscheid – Komplett gescheitert ist am Freitag die Burscheider Führung des Autozulieferers Adient mit dem Versuch, die Vorbereitung zur Wahl eines Betriebsrates im Werk zu torpedieren. Das Arbeitsgericht lehnte ihren Antrag ab, die Betriebsversammlung, auf der ein dreiköpfiger Wahlvorstand gewählt wurde, wegen formeller Fehler für nichtig zu erklären. Das sollte mit Hilfe einer Einstweiligen Verfügung geschehen. Damit kam die Adient-Führung nicht durch, will es aber weiter versuchen, vor dem Landesarbeitsgericht. Zu den Erfolgsaussichten äußerte Richterin Alexandra Rüter am Freitag eine klare Meinung: „Auch in Düsseldorf werden Sie keinen Blumentopf gewinnen, meiner Einschätzung nach.“

Geschäftsführung beanstandet formale Mängel

Am 30. Juli, einem Montag, hatte um 16 Uhr in der Aula der Gesamtschule eine Betriebsversammlung begonnen. 329 der rund 1100 Beschäftigten waren gekommen – für Joachim Oetken eine erfreulich große Beteiligung angesichts der Stimmungslage bei dem Autositz-Hersteller, der sich in amerikanischer Hand befindet. Oetken ist einer der drei Wahlvorstände und schilderte vor Gericht, was man bei der früheren Johnson Controls so hört, wenn man darüber redet, einen Betriebsrat etablieren zu wollen und dazu eine Versammlung in der Firma abzuhalten:

Deshalb hatten er und seine Kollegen Rolf Jülich und Ulrich Bergmann nicht in die Kantine eingeladen, sondern in die Schule, auf neutrales Terrain. Genau das war für die Arbeitgeberseite ein Ansatz, die Wahlversammlung als formal mangelhaft zu betrachten. Die Schule sei viel zu weit weg – mit dem Auto braucht man sechs Minuten, zu Fuß eine halbe Stunde – , über die Teilnehmer sei nicht vernünftig Buch geführt worden, allerlei Fragen seien in der Versammlung unbeantwortet geblieben, hieß es. Außerdem hätten die Mitarbeiter nicht ordentlich zu der Wahlversammlung eingeladen, erläuterte am Freitag Sven Kische, Europa-Personalchef bei Adient.

Vorschriften seien eingehalten worden

Tatsächlich waren die drei Kandidaten elf Tage vor der geplanten Versammlung an die Geschäftsleitung herangetreten mit der Bitte, die schriftlichen Einladungen aushängen zu dürfen und Kollegen zu benachrichtigen, die zum Beispiel zu Hause arbeiten, Urlaub haben oder aus anderen Gründen nicht erreichbar sind. Die entsprechenden Schriftstücke wurden aber erst einmal gar nicht angenommen, stellte sich heraus. Die Assistenz der Geschäftsleitung habe sich dazu nicht befugt gefühlt, hieß es. Was die Richterin zu der Frage führte: „Was macht eine Assistenz der Geschäftsleitung sonst, wenn sie keine Post für die Geschäftsleitung entgegen nimmt?“

Bestritten wurde von Kische sowie einer Kollegin aus der Personalabteilung zudem, dass die Aushänge überall gut sichtbar waren. Auch eine vierstündige Verteilaktion von Handzetteln auf dem Werksgelände am 20. Juli stelle doch nicht sicher, dass die Belegschaft hinreichend informiert sei. Die Richterin kam zu einer völlig anderen Bewertung der Situation. Die Initiatoren der Betriebsversammlung hätten allen Anforderungen genügt, man befinde sich schließlich in der Phase vor der Betriebsratswahl, die Vorschriften seien eingehalten worden. Die Versammlung als nichtig einzustufen, alles auf Null zu stellen und damit die anstehende Betriebsratswahl zu verhindern, wie es die Arbeitgeberseite wolle? „Davon sind wir meilenweit entfernt mit diesen Argumenten“, sagte Rüter.

Geradezu erbost war die Richterin über den Inhalt einer E-Mail an Joachim Oetken, in der die Geschäftsleitung ihm ihre Rechtsauffassung dargelegt hatte und betonte, dass er auf eigenes Risiko handle, wenn er in seiner Arbeitszeit etwas tut, was mit seiner Funktion als Wahlvorstand zu tun habe. Jedenfalls, so lange die Sache vor dem Arbeitsgericht liegt. „Sie haben Druck aufgebaut. Und das ist absolut unnötig.“ Rüter empfahl der Arbeitgeberseite, jetzt auf die Belegschaft zuzugehen: „Ich schlag Ihnen mal eine Mediation vor.“ Und ihr Beisitzer, wohlgemerkt von der Arbeitgeberseite, konstatierte mit Blick auf die Haltung der Adient-Spitze: „Sie haben ein Kulturproblem.“