Die Burscheiderin war viele Jahre lang Vorsitzende der Bibliothek.
AuszeichnungEva Scholand ist Burscheiderin des Jahres
Keine Angst vor Veränderungen, die Dinge immer voranbringen. Hätte man nur zwei Eigenschaften zur Verfügung, um Eva Scholand (73) Burscheiderin des Jahres 2022, zu charakterisieren, wären es wohl diese. Leuchtende Augen, ein strahlendes Lächeln, sie wirkt zufrieden, geerdet, aber auch voller Energie, wie sie da am Tisch in der Burscheider Bibliothek sitzt und aus ihrem Leben erzählt.
Die Bibliothek ist etwa seit dem Jahr 2000 ein wesentlicher Bestandteil ihres aktiven Lebens. Direkt nach dem Eintritt in den Ruhestand übernahm sie einen Posten im Förderverein, dessen Vorsitzende sie später wurde, und brachte viele Projekte durch Beharrlichkeit, Engagement und Geduld ans Laufen.
Geboren in Weißenfels an der Saale, wo sie die ersten Jahre ihres Lebens aufwuchs, bekam sie damals genau die Stimmung in der erst wenige Jahre alten DDR mit. Man musste aufpassen, mit wem man sprach. Sie war neun, als die Familie die Heimat verließ, um im Westen des Landes ein neues Leben zu beginnen.
Familie zog zunächst nach Köln
Das war zunächst nicht einfach. Um eine gute Arbeit für den Vater zu finden, zog die Familie in den kommenden zwei Jahren mehrfach um, bis sie sich schließlich 1961 in Köln niederließ. Hier besuchte Eva Scholand die Schule und blieb doch abenteuerlustig. Im Amerikahaus in Köln bekam sie damals Informationen zur Möglichkeit, als Schülerin für ein Jahr in die USA zu gehen. Was heute als Normalität gilt, war damals Neuland.
Sie bewarb sich, wurde genommen und verbrachte 1966/67 „ein großartiges Jahr“ in Orange County, das zum Großraum von Los Angeles gehört. Auch Disneyland, gegründet 1955, besuchte sie damals. Zurück in Köln beendete sie die Schule und begann, Geschichte und Englisch zu studieren. Zunächst war nicht klar, wo die Reise hingeht, aber dann entschied sie sich, auf Lehramt zu studieren. Geschichte gab sie jedoch wieder auf.
„Eine Kommilitonin hatte immer so tolle Sachen dabei“, erzählt sie mit einem Lächeln. „Ich wollte wissen, woher sie die hat.“ Es stellte sich heraus, dass die Kommilitonin Textilgestaltung belegte. Scholand folgte ihr und wechselte das Fach. Ab 1974 absolvierte sie zwei Jahre lang das Referendariat in Neuss und Düsseldorf und stürzte sich 1976 ins Arbeitsleben.
Damals wurde gerade die gymnasiale Oberstufe reformiert, die Schülerinnen und Schüler sollten mehr Wahlmöglichkeiten haben. Das war nicht bei allen Lehrkräften gerne gesehen. Gemäß ihres Charakters, nie stehenzubleiben, die Dinge weiterzubringen, entschied sie sich für das Landrat-Lucas-Gymnasium, wo diese Art der Oberstufe bereits eingeführt war.
Bis ins Jahr 2000 brachte die Lehrerin den Kindern und Jugendlichen die englische Sprache und die Textilgestaltung nahe. „Wir hatten dort Theaterprojekte, die richtig groß waren“, erinnert sich die 73-jährige. „Meine Gruppen und ich unterstützten das Theater beim Schminken und wir nähten die Kostüme.“ Das lief allerdings dann irgendwann aus, was schade war.
Im Jahre 2000 endete die Schullaufbahn für Eva Scholand, aber das bedeutete nicht, dass sie sich zurücklehnte. Wie ihr Einstieg fiel auch ihr Ausscheiden in eine Reformphase im Schulbereich. Mehr selbständiges Lernen sollte vermittelt werden, allein oder in Gruppenarbeiten. Fortbildungen dazu hatte sie bereits besucht und nutzte dieses Wissen, um die Kinder auch außerhalb der Schule weiterzubringen.
Burscheid: Das Budget der Bücherei war klein
Bis 2008 gab sie Kindern und Jugendlichen Nachhilfe in Selbstmanagement, Kommunikation und mehr. Gleichzeitig begann sie mit ihrer Arbeit als Vorsitzende des Fördervereins der Bücherei. Das Budget war klein, die Pläne groß. Sie lernte, Anträge für Projekte zu stellen und so deren Finanzierung zu sichern. Eine Bücherwoche entstand, die Lesekarawane, bei der teilnehmende Geschäfte ihre Räumlichkeiten fürs Vorlesen zur Verfügung stellten.
Einmal im Monat gab es ein Überraschungskino. Drei Filme, die im Vorfeld geheim blieben, standen dann zur Wahl. Auch Reiseberichte zogen interessierte Menschen in die Bücherei. Ende 2022 gab sie den Vorsitzt im Förderverein der Bücherei in jüngere Hände, aber wie immer in ihrem bisherigen Leben bedeutete das nicht, dass sie sich zur Ruhe setzt.
Burscheiderin bietet Kurse an
Jeden zweiten Freitag im Monat bietet sie in der Bücherei einen literarischen Vormittag an. Hier sprechen Interessierte über Bücher, die sie gerne lesen. Jeder ist willkommen. Zusätzlich bietet sie zweimal im Monat englische Konversation an, montags von 15 bis 17 Uhr.
Ein großes Projekt hat die ehemalige Vorsitzende des Fördervereins noch mit angeschoben. In einem alten Haus gleich bei der Bibliothek soll ein Bereich entstehen, in dem sich die Menschen an technischen Geräten wie Druckern und Plottern kreativ ausleben können. Es soll ein Bereich der Begegnung neben der Bibliothek werden.
Einige Wünsche hat sie noch für die Bibliothek. „Die Öffnungszeiten müssten angepasst werden“, erklärt sie. „Die aktuellen passen nicht zum Lebensalltag vieler Burscheider.“ Mehr Personal wäre auch wichtig. Um am Puls der Zeit zu bleiben, solle man über ein automatisches Ausleihsystem nachdenken, aber dafür müssten alle Bücher mit einem weiteren Scan-Code ausgestattet werden. Das ist Arbeit. Und an die Burscheider appelliert sie: „Nutzt eure Stimme, sagt, was ihr euch für die Bücherei wünscht. Nutzt sie.“ Und an die Kinder und Jugendlichen heute hat sie auch einen Rat parat. „Habt keine Angst vor Veränderungen, bringt das Leben voran.“