Baustoffhandel Lutze & TörmerErfolgreicher Eigensinn im Luisental

Herbert Törmer und Stephan Lutze (rechts) proklamieren eine Trendwende, weg vom luftdichten Bauen.
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Burscheid – Über den Verkaufsregalen schwingt sich eine transparent-luftige Galerie auf. Dort steht ein gemütlicher Tisch – in Reichweite stehen unzählige, bunte Aktenordner. Gleich neben dem schrägen Glasdach thront auf der Werkshalle in der Luisenstraße ein kleiner Kamin mit einer klaren Botschaft für alle, die in den blauen Himmel hinaufschauen: Das Wort „Arsch“ hat jemand in den Putz gekratzt.
Stephan Lutze und Herbert Törmer haben Sinn fürs Unorthodoxe, wirken geerdet. Eine Postkarte an der Verkaufstheke ihres ökologischen Fachhandels für Holz, Baustoffe und Dämmtechniken zeigt einen speienden Biber, der sich über ungenießbares Laminat beklagt. Im Wald, wissen die beiden Handwerker, wächst das beste Baumaterial. Sie vertreiben Holz für Böden, Fassaden, ganze Gebäudekonstruktionen. Aus dem benachbarten Eifgental lagern sie Lärchenholz.
Seit 25 Jahren nun gibt es den Betrieb, der wohl vor allem deswegen als Exot in der Baubranche überleben kann, weil es gute Beratung und ein Wissen gibt, „an das wir mittlerweile auch selber glauben“, flachst Lutze. In der Branche sind sie jedenfalls anerkannt, tauschen sich im Öko-Plus-Verband mit anderen Betrieben aus. Und sie arbeiten mit Isofloc, dem Marktführer für Dämmungen mit einblasbaren Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen.
Idealismus statt Reichtum
Ein herausragendes Referenzobjekt ist das unter Denkmalschutz stehende Mutterhaus des Landschaftsverbands Rheinland (LVR-Hochhaus) nahe dem Kölner Rheinufer. Der Hochbau steht auf Stelzen, die Unterseite haben Lutze und Törmer mit ökologischen Dämmstoffen isoliert. Man brauche Idealismus in dem Laden, mit dem man nicht reich werde, sagen die Jubilare. Der Lohn sei ein nettes Umfeld mit Stammkunden, die nicht selten Freunde geworden seien. Doch in der Anfangszeit sei oft zähe Überzeugungsarbeit vonnöten gewesen. Denn Erfahrungswerte im Lehmbau oder der Dämmung mit aus zerfaserten Zeitungen gewonnener Zellulose gab es noch nicht.
Mit dem Slogan „Seit 25 Jahren diffusionsoffen“ umschrieben sie ihr Silberjubiläum. Will heißen: Vor einem Vierteljahrhundert wurde gerne luftdicht gebaut. Die Tücken zeigten sich, wenn Schimmel und schlechtes Raumklima die Folgen waren. Die Materialien, die Lutze und Törmer hingegen verarbeiten, atmen, sind natürlich und ohne Chemie. Lutze ist überzeugt, dass kleine Betriebe, die damals unter dem Siegel Öko firmierten, eigentlich Wegbereiter einer Trendwende weg vom luftdichten Bauen waren.
Verschwendung bei Neubauten
Dass ihre Materialien sich bewähren, merken die beiden auch, wenn es um die Sanierung von Denkmälern geht. „Da haben wir keine Schimmelprobleme.“ Lehm habe sich im klassischen Fachwerkhausbau bewährt, aber auch bei modernen Oberflächen. Beliebt ist der Lehm vor allem bei Menschen, die auf die Gesundheit achten müssen. „Es gibt Leute, die bauen Erholungswohnungen aus Lehm für Hyperallergiker“, sagt Lutze. Auch wenn sie am Markt nicht als Baulöwen gelten, sind ihre Aufträge doch beständig. Täglich werde ein Haus im Einblasverfahren mit aufgefaserten und mit Bohrsalz behandelten Papier gedämmt.
Das Handwerk danke es. Denn, so wissen die beiden Unternehmer, „Handwerker hassen Mineralwolle.“ Industriell gefertigte Fasern, die in früheren Jahrzehnten nicht selten mit Gesundheitsrisiken verbunden waren und auf der Haut jucken, werden als Dämmmaterial nach wie vor am häufigsten verbaut.
Keine Branche verbrauche so viel Material wie die Bauindustrie. Und der ökologische Handabdruck verhalte sich so, dass man mit der Energie, die für einen konventionellen Neubau benötigt wird, hundert Jahre ein Gebäude heizen könnte, das ausschließlich aus nachwachsenden Ressourcen gebaut wird. In vielen Neubaugebieten seien Sünden der Ressourcenverschwendung mitunter mit den Händen greifbar. Die Bauherren seien meist erst nachher schlauer. „Die Unkenntnis ist groß. Viele sind beim Autokauf besser informiert als beim Hausbau“, sagt Lutze.