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BadehausBeethovens Leid ist in Burscheid große Freud'

Lesezeit 3 Minuten
Die Schauspielerin Chris Pichler mit der Burscheider Pianistin Ursula Schrage

Die Schauspielerin Chris Pichler (rechts) harmoniert hervorragend mit der Burscheider Pianistin Ursula Schrage.

Chris Pichler und Ursula Schrage lassen das Leben des großen Komponisten in Wort und Ton Revue passieren.

Ach, der Ludwig van Beethoven: „Sein ganzer Körper litt – und wir mit.“ So kann man den zweiten Lebensabschnitt des großen Bonners auch zusammenfassen. Und sehr Recht damit haben.

Chris Pichler macht das so, und der Sprachwitz ist natürlich nicht der einzige an diesem Abend im Burscheider Badehaus. Dort gastiert die Österreicherin am Samstag zum zweiten Mal – vor rund zwei Jahren war die Schauspielerin mit ihrem Programm über Romy Schneider dort zu Gast. Auch darin vermischte sie Biographisches mit Anekdoten. Eine lehrreiche Sache.

Das war am Samstag nicht anders. Höchst vergnüglich obendrein. Und musikalisch anspruchsvoll: Ursula Schrage ist in Burscheid eher als Chorleiterin bekannt. Am Samstag brilliert sie am Flügel; Beethovens Werk bietet genügend kurze Stücke, von denen viele so bekannt sind, dass sie jedes Publikum sofort mitnehmen. „Für Elise“ etwa.

Schnell entflammt und meist unglücklich verliebt

Dass die Ballade eigentlich „Für Therese“ heißen müsste, weiß man in Burscheid jetzt dank Chris Pichler. Sie schlüpft in die Rolle einer der vielen, vielen Haushälterinnen Beethovens. Dass der aufbrausende Mensch seiner Angestellten Barbara Holzmann den Namen „Frau Schnaps“ gab, sagt auch schon etwas. Die Frau ist eine scharfe Beobachterin – und im Gegensatz zu vielen anderen hat sie es 19 Jahre bei Beethoven in seiner Wiener Zeit ausgehalten.

Was offenkundig nicht immer leicht war. Zum Vergnügen des Publikums im voll besetzten Badehaus liefert Chris Pichler als Frau Schnaps eine detaillierte Beschreibung, wie es bei Beethoven daheim so aussieht, einschließlich voller Nachttöpfe und gesprenkelter Unterhosen. Der Komponist selbst beschreibt seine Lebensumstände leicht lyrisch als „Allegro di Confusione“ – war er hier und da zur Selbstironie fähig? Denkbar wäre das.

Beethovens skurrile Forderungen

Den Kontakt zu Beethoven fand die Haushälterin über eine Zeitungsannonce. Darin waren die Anforderungen der Herrschaft klar ausgesprochen: Bett und Kommode hatte man mitzubringen, das 1300 Seiten starke Wiener Kochbuch durfte der Bewerberin keine Angst einjagen.

Auch nicht unwichtig: „kann sich ihre Jungfernschaft bewahren“. Womit nicht unbedingt die Gefahr beschrieben ist, die vom Womanizer Beethoven ausging: Der orientierte sich in seinen ebenso zahlreichen wie fast immer unglücklichen Liebschaften immer gesellschaftlich nach oben. Erfolglos, der Mann hieß ja nur van Beethoven, nicht von Beethoven. Nix mit Adel also.

Die stetigen Zurückweisungen haben den Hitzkopf nicht eben gelassener werden lassen. Und besonders geschickt hat er sich wohl auch nicht angestellt, Liebesbriefe waren offenbar sein Ding nicht: „Die Töne waren mir williger als die Worte“, zitiert Chris Pichler. Diese Töne kamen indes bei der Kritik nicht immer gut an. Ein Meisterwerk wie die „Große Fuge“ sei „unverständlich wie Chinesisch“, fand ein Zeitgenosse. So etwas brachte Beethoven natürlich unverzüglich auf die Palme.

Aber er war auch zunehmend ein Leidender. Ab 1818 wurde er „harthörig“, wie das damals hieß. Und Pichler macht sehr anschaulich, wie sich das im Verhalten des Komponisten auf der Bühne zeigte. Das sieht erstmal lustig aus, ist aber in Wirklichkeit nur tragisch. Mit diesem Abend verhält es sich andersherum: Er ist ein bisschen tragisch. Aber das Vergnügen überwiegt bei weitem.