Der „Endbericht“ zum künftigen Heizen ruft bei Christ- und Sozialdemokraten scharfe Kritik hervor.
EnergiewendeIn Burscheid herrscht großes Unbehagen an der Wärmeplanung

Abwärme aus der Industrie, wie hier aus dem Werk zwei von Tenneco, ist für Heizungen in Burscheid keine Lösung.
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Das „Heizungsgesetz“ traumatisiert offenkundig einige Politiker auch in Burscheid. Allerdings nicht bei den Grünen, sondern bei Christ- und Sozialdemokraten. Das wurde am Donnerstagabend im Stadtentwicklungsausschuss sehr deutlich: Ungewohnt heftige Kritik schlug Frank Schäfer vom Büro für Energiewirtschaft und technische Planung, kurz BET, entgegen. Er stellte den „Endbericht“ zur kommunalen Wärmeplanung vor.
Und allein der Begriff brachte in SPD- und CDU-Fraktion offenbar einige in Rage. Sozialdemokratin Kirsten Kühn zeigte sich „bitterst enttäuscht“ von dem Gutachten. Und aus der CDU weigerten sich sowohl Fraktionschef Hartmut Schepanski als auch sein Parteifreund Peter Röttger, den Wärmeplan einfach so passieren zu lassen. Dass zum Beispiel untersucht werden soll, ob sich in einem Teil der Stadt ein Wärmenetz lohnt, ging den Christdemokraten schon zu weit. Und dass überall in dem Bericht eine Abkehr von der Gasheizung beschrieben und ihr Ersatz durch Wärmepumpen skizziert wird, nährt offenkundig die Befürchtung einer Zwangswirtschaft in Sachen Heizung.
Nur „ein möglicher Weg"
Da half es auch nichts, dass im Gutachten betont wird, dass die kommunale Wärmeplanung nur „einen möglichen Weg aufzeigen soll“ und keinerlei Verpflichtungen nach sich zieht: Weder müssten Hausbesitzer „eine bestimmte Technologie nutzen“, noch müssten die Versorger eine entsprechende Infrastruktur erreichten oder betreiben. Es gehe um nichts anderes als „eine Orientierung für alle Beteiligten“ – die zudem nicht in Stein gemeißelt sei: Alle fünf Jahre wird sie überprüft, und wenn sich neue Möglichkeiten der Versorgung auftun, sollen sie eingearbeitet werden.
Kühns Kritik bezog sich auch auf die Datenbasis des „Endberichts“: Wegen des Datenschutzes werden dort weder Gebäude-scharfe Angaben zum Alter, noch zur Heizungsart gemacht. Für die Sozialdemokratin zieht das alles in Zweifel, was die Experten von BET planen. Was den Bürgermeister wiederum „überrascht“: Dirk Runge versuchte, etwas Ruhe in die aufgeheizte Debatte zu bringen: „Wenn Sie genaue Daten haben wollen, melden Sie sich“ – da gebe es auf jeden Fall Möglichkeiten.
Drei mögliche Fernwärmenetze
Dass BET drei Bereiche ausgemacht hat, in denen Fernwärmenetze verlegt werden könnten, ruft bei den Kritikern auch eher Unbehagen hervor. Dabei ist das im Prinzip eine sehr effiziente Methode, Häuser zu heizen. Bisher gibt es nur ein einziges Wärmenetz in Burscheid. Es liegt im Zentrum, ist ganze 600 Meter lang und versorgt 61 Gebäude. Würden tatsächlich die drei Wärmenetze verwirklicht, könnte man rund 600 Gebäude anschließen, darunter relative Großverbraucher – die beiden Tenneco-Werke am Rand der Innenstadt – und das Gewerbegebiet Massiefen. Der Bereich an der Flosswiese in Hilgen kommt dazu.
Unvergleichlich viel größer ist das Netz der Erdgasleitungen: 115 Kilometer, und der älteste Teil wurde schon 1944 verlegt. Es erschließt 4339 Gebäude. Gemessen am Verbrauch sind vier von fünf Heizungen gasbetrieben. „Entsprechend hoch sind die Dekarbonisierungspotenziale“, stellen die Gutachter fest. Denn 87 Prozent des Bedarfs in Burscheid könnten durch Wärmepumpen abgedeckt werden.
70 Prozent der Häuser sind älter als 50 Jahre
Ein Viertel der Gebäude in der Stadt stammt aus der Zeit vor 1945, weitere 45 Prozent sind zwischen dem Krieg und 1970 gebaut worden. Lediglich fünf Prozent der Häuser sind in den vergangenen zwei Jahrzehnten entstanden. Für die Energieexperten bedeutet das: „Insgesamt ist daher von einem hohen Potenzial bei der Energiebedarfsreduktion auszugehen. Das zeigt auch die Staffelung nach Energieeffizienzklassen. Häuser mit hohen Verbräuchen der Klassen G und H stehen für 47 Prozent des Endenergiebedarfs. Das heißt: „Hier ist mit hohem Einsparpotenzial durch Sanierung zu rechnen.“
Das alles sorgt in CDU und SPD aber nicht für Optimismus. Dort fürchtet man offenbar, dass die Wärmeplanung von den Bürgern als Diktat betrachtet wird. Der Beschluss, die Wärmeplanung einfach dem Stadtrat zu empfehlen, mochten sie am Donnerstagabend nicht fassen. Dort wird ein anders formulierter Beschlussvorschlag vorliegen, versprach Bürgermeister Runge.