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„Zeugin der Anklage“Ein Gerichtssaal voller Spannung im Megafon Burscheid

Lesezeit 2 Minuten
Die Volksbühne Bergisch Neukirchen präsentiert „Zeugin der Anklage“

Leonard Vole, gespielt von Mathis Färber, ist der Hauptangeklagte eines Mordprozesses in London, den die Volksbühne Bergisch Neukirchen mit „Zeugin der Anklage“ auf die Bühne bringt.

Im Megafon Burscheid werden die Zuschauenden der Volksbühne Bergisch Neukirchen mit Agatha Christies „Zeugin der Anklage“ förmlich in den Schwitzkasten der britischen Justiz genommen.

Das Stück „Zeugin der Anklage“ entfaltet in Burscheid unter der Regie von Dana Fischer in gelungener Gerichtsatmosphäre die verzweifelte Verteidigung des jungen Leonard Vole (gespielt von Mathis Färber), eines Mannes, der aufgrund einer Freundschaftserbschaft des Mordes beschuldigt wird.

Burscheid: Ein Spiel um Leben und Tod

Der Strafverteidiger Sir Wilfrid Robarts, gespielt von Georgios Politis, zieht das Publikum mit seiner scharfsinnigen Rhetorik und seinem Hauch von Ironie sofort in den Bann: Er flaniert durch den Gerichtssaal – wie ein Künstler durch sein Atelier – während er mit scharfem Blick die Geschworenen und Zuschauenden gleichermaßen mustert.

Politis verleiht Sir Wilfrid Robarts eine majestätische Präsenz und lässt die Zuschauer im nächsten Moment an seiner Seite grübeln. Mit einem Hauch von Vergnügen sagt er: „Ein Testament, wie Frauen in dem Alter das ständig machen.“

Die Volksbühne Bergisch Neukirchen präsentiert „Zeugin der Anklage“

Spannung auf der Suche nach der Wahrheit: Die Volksbühne Bergisch Neukirchen mit „Zeugin der Anklage“ von Agatha Christie

Mathis Färber als Leonard Vole ist der Inbegriff der Zerrissenheit. In den ersten Minuten des Prozesses bricht er schon unkontrolliert aus: „Aber das stimmt nicht!“, und seine Worte hallen im Saal nach, gepaart mit einem verängstigten Blick, der ebenso verzweifelt wie unschuldig wirkt. Ist Vole ein Wolf im Schafspelz oder wirklich das unschuldige Opfer, das er vorgibt zu sein? „Er wirkt zu nett“, ist die allgemeine Analyse.

Volksbühne Bergisch Neukirchen: Die Vorstellungen sind bereits alle ausverkauft

Die Aussage der Frau Christine Vole – gespielt von Annika Siller – folgt. Das geheimnisvolle Funkeln in ihren Augen lässt keinen Zweifel: Diese Frau verfolgt ein Ziel. In einem Moment bricht sie fast beiläufig heraus: „Leonard will, dass ich das so sage.“ Sofort durchzieht das Publikum eine Welle der Ahnung.

Politis spielt parallel den Strafverteidiger mit einer Brillanz, die unweigerlich an Sherlock Holmes erinnert. Sein Blick ist wie ein Dolch, der die Aussagen der Zeugen seziert. In einem entscheidenden Moment legt er Janet MacKenzie, die Haushälterin der Ermordeten, eine Falle, und als er ihren Widerspruch einfängt, blitzt ein siegessicheres Lächeln auf seinem Gesicht. Ein Höhepunkt ist die Kreuzvernehmung von Christine Vole. Die Wahrheit ist hier eine Ware, die Sir Wilfrid meisterhaft zu verhandeln weiß. Sein abschätziger Blick, als Christine betont „es bleibt also sein Wort und meins – mehr muss ich nicht wissen“, lässt das Publikum erschaudern.

Eine Londoner Kanzlei und ein Gerichtssaal wurden auf die Bühne gebaut

Am Ende bleibt das Publikum nachdenklich zurück. Sir Wilfrid, der nun die überraschende Wendung verdaut, bleibt allein im Gerichtssaal zurück. Ein kurzes, fast resigniertes Lächeln huscht über sein Gesicht, als er bemerkt, wie weit die Wahrheit tatsächlich gehen kann. Eine Hommage an das Verwirrspiel von Moral und Gesetz, die zeigt, dass Agatha Christie sich keineswegs mit simplen Antworten zufriedengibt.