Dirk Runge schwant nichts Gutes. Aber im zu Ende gehenden Jahr habe die Stadtverwaltung vieles geschafft, sagt der Bürgermeister.
Bilanz und AusblickWas sich Burscheid in der Krise noch leisten kann
Die finanzielle Lage ist inzwischen „katastrophal“. Acht Millionen Euro Defizit standen unter der ersten Berechnung des Burscheider Haushalts für das kommende Jahr. Damit wäre gut die Hälfte der Rücklage aufgebraucht worden. Das ging natürlich nicht. Mit einer ersten Sparrunde konnte das Minus halbiert werden. Dafür nimmt man im Rathaus unter anderem längere Vakanzen in Kauf: Eine Stelle, die nicht sofort wiederbesetzt wird, spart Geld.
Mit einem entsprechend abgespeckten Haushaltsentwurf wird Bürgermeister Dirk Runge vor den Stadtrat treten. Allerdings erst im Februar, so dass der Etat im nächsten März verabschiedet werden kann. Allein das ergibt einen Spareffekt: Ein Vierteljahr ohne gültigen Haushaltsplan bedeutet, dass nur das laufende Verwaltungsgeschäft abgewickelt werden kann. Investitionen müssen warten.
Burscheid: Die beiden größten Arbeitgeber haben Probleme
Burscheids Bürgermeister blickte am Freitag sorgenvoll in die Zukunft. Die beiden wichtigsten Steuerzahler gehören zur Autobranche, und das ist ein Problem auch für die Stadtverwaltung. „Tenneco hat seine Schwierigkeiten. Adient hat schon Stellen abgebaut“, daran erinnerte Runge im Rathaus. Der lahmende Absatz von Autos trifft den Sitz-Hersteller Adient, die wenn auch langsam fortschreitende Elektrifizierung von Autos den Kolbenring-Produzenten Tenneco auf längere Sicht sogar strukturell. Zwar rechnet die Kämmerei im kommenden Jahr noch mit stabilen Einnahmen. Aber das ist nur eine Annahme. Wie falsch man damit liegen kann, ist derzeit beim großen Nachbarn Leverkusen das beherrschende politische Thema.
Doch während dort alles auf den Prüfstand kommt, sollen in Burscheid einmal gefasste Pläne umgesetzt werden. Auch, wenn zum Beispiel auf der Baustelle neben dem Rathaus die Kosten gehörig aus dem Ruder gelaufen sind: Die Erweiterung des Hauses der Kulturen war mal mit viereinhalb Millionen Euro kalkuliert. Wenn der Bau im nächsten Oktober eingeweiht wird, dürften sich die Rechnungen auf zehn Millionen summieren. „Das ist für uns schon ein Brett“, räumte der Bürgermeister ein. Das die Stadt ohne Hilfe aus Düsseldorf auch nicht gebohrt bekommen hätte. Zwei Mal wurde die Landesförderung aufgestockt. „Das ist schon ungewöhnlich, und dafür sind wir sehr dankbar.“
Im Herbst soll das Kulturforum Burscheid eingeweiht werden
Zur Einweihung des – so der künftige Name – „Kulturforums Burscheid“ muss natürlich auch der Vorplatz fertig sein. Mit Pflasterung oben und einer zweiteiligen Rigole im Untergrund. Die wird mit einem Volumen von insgesamt knapp 50 Kubikmetern doppelt so groß ausfallen wie zunächst angedacht. Dass es von den Naturschützern trotzdem noch Kritik gab, nervt den Bürgermeister durchaus. Die Idee, einen Teil des aufgefangenen Regenwassers versickern zu lassen und so Reservevolumen für Starkregen zu haben, gehe auf dem Vorplatz des Kulturforums nicht auf: Der Untergrund ist felsig, „wir haben das geprüft“, unterstrich Runge am Freitag.
Aus seiner Sicht ist im Bereich Klimaschutz „noch nie so viel gemacht worden wie in diesem Jahr“, ist seine Bilanz. Dabei bezieht sich der Bürgermeister zunächst auf den Hitzeaktionsplan – wobei das noch eine der leichteren Übungen war: „Das ist für Burscheid kein dramatisches Thema.“ Komplizierter ist da schon die Wärmeplanung. Dafür liege ein erster Entwurf vor, im Februar oder März soll das Konzept, wie Burscheids Haushalte in Zukunft mit Heizenergie versorgt werden können, vom Stadtrat verabschiedet werden. Auf dass die nächsten Planungsschritte vollzogen werden können. „Wir sind früh dran“, so Runge. Was mit Blick auf absehbar aufwendige Projekte wie den Bau eines Fernwärmenetzes für dicht besiedelte Bereiche auf jeden Fall ein Vorteil ist.
Eigener Strom, eigene Straßenbeleuchtung
Schneller dürfte die Umrüstung der Straßenbeleuchtung zu bewerkstelligen sein. Vor einem Jahr hatte die Stadt das Netz von der Belkaw übernommen, der Versorger besorgt seitdem nur noch den Unterhalt der teils sanierungsbedürftigen Infrastruktur. Dass immer wieder Straßenlampen ausfallen, stört nicht nur die Bürger, sondern auch den Bürgermeister. Ein Plan, wie die Lampen nach und nach auf energiesparende LED-Technik umgerüstet und das Netz insgesamt smarter werden kann, werde gerade gemacht.
Wirklichkeit ist seit kurzem die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Rathauses. Das ist ebenfalls im Eigentum der Stadt, die Sonnenkollektoren liefern inzwischen Strom, aber das soll nicht alles sein: Ein Stromspeicher werde noch installiert, außerdem Wallboxen für die städtischen E-Autos. Das ergänzt die Ladeinfrastruktur am Rathaus: Am Ewald-Sträßer-Weg stehen zwei Säulen mit je zwei Anschlüssen; aber nur eine ist für jedermann nutzbar.
Ebenfalls in Betrieb sind die Sonnenkollektoren auf dem Hallendach des Bauhofs. Die beiden unabhängigen Anlagen haben insgesamt 800 Quadratmeter Fläche. Der Strom aus der einen wird im Bauhof verbraucht, der Ertrag der anderen fließt ins komplett ins Netz.
Für mehr Solarstrom von öffentlichen Gebäuden soll in nächster Zeit die Bergisch Gladbacher Energiegenossenschaft sorgen. Das ist weniger kompliziert, vor allem bei Gebäuden, die der Stadt nicht gehören. Wie die Johannes-Löh-Gesamtschule, deren große Dachflächen sich natürlich bestens für Kollektoren eignen. Das wird Burscheids nächstes großes Solar-Projekt.