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Burscheider GeschichtsvereinZeitdokumente in der einstigen Zoohandlung

Lesezeit 3 Minuten

Der promovierte Jurist Karl Ulrich Voss ist neuer Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Burscheid.

Burscheid – Karl Ulrich Voss arbeitet mit dem Akkuschrauber, baut Regale und Paravents. Zwischen Leimtuben und Klebeband liegen die Bestände des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Burscheid, und der neue Vorsitzende blättert zwischen Schrauben, Leimen und Kleben immer wieder in einem Buch nach.

Recherche über Franzosenzeit im Bergischen

Wie die Jungfrau zum Kinde sei er zu seinem Amt gekommen sagt der Jurist aus Kuckenberg, der die Nachfolge von Anne Marie Frese antrat, die nicht mehr für den Vorsitz kandidierte (wir berichteten). Im Verein ist er auch erst seit Herbst Mitglied und bewogen habe ihn seine Recherche über die Franzosenzeit im Bergischen Land.

Im nostalgischen Koffer findet sich der Nachlass der Familie Luchtenberg.

Das Thema interessiert ihn brennend, im Dezember wird er einen Vortrag halten und aus dem Archiv bis dahin ganz viel über Persönlichkeiten wie „Kappes Gottfried“ erfahren, einem Haudegen aus Odenthal, der den Franzosen das Haupt abtrennte, als seien es Kohlköpfe auf dem Feld. „Das war wie bei den Taliban“, sagt Voss, der in der Zeitschrift für Rechtspolitik unter anderem kritische Artikel zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr schrieb. 2013 kandidierte er als unabhängiger Direktkandidat bei der Bundestagswahl und bezeichnete sich damals als „erster Einzelkandidat im Rheinisch-Bergischen Kreis seit der letzten Eiszeit.“

Archiv im einstigen Zoofachgeschäft

Nun ist die Geschichte seine Passion und das gilt für die Steinzeit ebenso wie für die Zeitgeschichte. Auch ein Buch, das der Bergische Geschichtsverein in Burscheid über Pfarrer Friedrich Wilhelm Berg herausgab, hat er gleich zur Hand. In der Nazizeit war er Beauftragter für den Kirchenkreis und als deutsch-christlicher Geistlicher ganz regimetreu. Voss saugt derzeit alles zur Buscheider Vergangenheit in sich auf. Und im Ladenlokal des einstigen Zoofachgeschäfts an der Höhestraße 27, wo Wellensittiche kreischten und Kaninchen mümmelten, baut er Regale für die Bestände auf, will alles so herrichten, dass die Arbeit des Vereins auch nach außen sichtbar wird.

Neue Mitglieder braucht der Verein

Neue Mitglieder brauchen die Lokalhistoriker in ihren Reihen. Mit Veranstaltungen wie Obstwanderungen und Exkursionen will man das Interesse wecken. Am vergangenen Wochenende ging es unter dem Titel „Amazonas des Ruhrgebiets“ bei einer Schiffsrundfahrt auf den Baldeneysee und den angrenzenden „Amazonas“, die Ruhr. „Die Veranstaltung ist schon ganz gut angelaufen“, zieht Voss Bilanz. Im Juni oder Juli überlege der Verein, ein Sommerfest mit Kaffee und Kuchen auszurichten. Weitere Busreisen und Exkursionen sollen folgen. Weiterhin gelte es, vieles aus dem Fundus zu schöpfen, die Geschichte Burscheids immer wieder neu zu beleuchten. Engagierte Frauen wie Grete Klippert oder Marie Luise Mettlach schürfen tief und man merkt Voss an, dass ihn das beeindruckt. Jetzt gilt es erst einmal, eine Systematik in die Buchbestände zu bringen, die aus dem Haus der Kunst an die Höhestraße 27 gewandert sind, in einem Koffer ist der Nachlass der Familie Luchtenberg gepackt, Schriftenreihen des Bergischen Geschichtsvereins wie die „Romerike Berge“ stehen im Regal oder die Aufsätze aus der Abteilung Niederwupper.

Bergische Skizzen

Mit Kreppband hat er einzelne Abschnitte in den Regalen markiert, darin steht zum Beispiel Zuccalmaglio für den Heimatdichter aus Schlebusch, der das Bergische Land sogar besungen hat. Noch lose liegen Skizzenbücher Walther Schliephakes im Regal. Der Burscheider Künstler malte darin Schnecken so realistisch, dass man meint, sie knabberten sich durch das Skizzenbuch. Auch Szenen aus der Landwirtschaft fing er ein. „Dunkelblauer Himmel, unten hell, schwefelgelb“ notierte sich Schliephake für die Bildkomposition zu einem Regenbild.

Auch das Eifgental skizzierte und malte Landschaften, die mittlerweile Bauten oder Parkplätzen weichen. Im Geschichtsverein hat man alles im Blick. Voss bereitet sich bereits auf seinen Vortrag im Dezember vor. Die Bücher, in denen er immer wieder über die Franzosenzeit im Bergischen Land nachschlägt, hat er dabei, in Griffnähe zum Akkuschrauber und der Leimtube.