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Burscheider HistorieDie Kneipenhochburg des Bergischen

Lesezeit 3 Minuten

Elfie Meyer zapft im Hotel Heyder nach wie vor Bier. Wie es im 1836 gegründeten Haus weitergeht, will sie nicht sagen.

Hilgen – Die Regionalhistorikerin Marie-Luise Mettlach wird aufgrund ihres jüngsten Buchtitels nun zwar oft gefragt, ob sie denn eine Kneipengängerin sei. Aber sie muss verneinen. Trotzdem würde man gerne mit ihr ein Bier trinken, und es gäbe eine Garantie auf gute Unterhaltung, verbunden mit profunder Geschichts- und Menschenkenntnis. Als sie nun ihr neues Buch „400 Jahre Gastwirtschaften in Burscheid“ im Hotel Heyder vorstellte, war der Saal voll.

Fast so voll, wie es zu besten Zeiten gewesen sein dürfte. Von denen handelt ihr Buch, als Burscheid ebenso wie Hilgen eine Hochburg der Kneipen war und mancher gleich mehrere Häuser abklapperte, um schlussendlich ins Torkeln zu geraten. „Es sind weniger meine eigenen Erfahrungen als das Ergebnis von Archivstudien und Gesprächen, um sagen zu können, dass nirgends im ganzen Bergischen Land soviel getrunken wurde. Um nicht zu sagen, gesoffen“, erläuterte Mettlach.

Beherzten Schrittes in die Standuhr

Die Würze ihres Vortrags waren Dönekes. Wie die von einem Stammgast, der zur vorgerückten Stunde die Tür der alten Standuhr im Schankraum des heutigen Hotel Heyders aufriss. Fälschlicherweise hielt er sie für den Ausgang. Die Anekdote war den alten Hilgenern noch sehr präsent und wurde von Waltraud Küpper, der Vorsitzenden des Vereins „Hilgen lebt“, mit Geschichten von ihrem Großvater unterfüttert. Der musste jeden Abend „die Post wegbringen“, auch wenn er nur gelegentlich Briefe geschrieben haben durfte.

Kirchenleuten waren die Kneipengänger eigentlich ein Dorn im Auge, doch die Gaststätte zur Post in Hilgen erhielt einen „Kirchturm“.

Noch tickt die alte Standuhr, und die Inhaber Elfie und Erhard Meyer zapfen Bier, bereiten die Tische für eine große Gesellschaft vor und schütteln die 43 Betten der 26 Zimmer des traditionsreichen Hauses auf. Es wurde 1836 gegründet, ist seitdem in Familienbesitz und die älteste Gaststätte in Hilgen. Die Heyders hießen erst Heider, woher das y stammt konnte Mettlach nicht ausfindig machen. Heiders handelten mit Spirituosen, betrieben Landwirtschaft und hatten ein Fuhrunternehmen.

Der schönste Saal weit und breit

1881 wurde ausgebaut und der Saal wurde als der größte und schönste seiner Art in der Umgebung gepriesen. Das hatte sich ein halbes Jahrhundert später soweit herumgesprochen, dass sogar auswärtige Gesellschaften und Vereine in das Haus Heyder nach Hilgen kamen. Seit 1973 sind Hans Erhard Meyer und seine Frau Elfie die Inhaber. Doch seit einigen Jahren steht fest, dass sie gerne einen Nachfolger hätten und ihre Suche sehr beschwerlich ist.

Weil es so stark umgebaut wurde, steht das Haus Heyder nicht unter Denkmalschutz. Aber für die Abrissbirne ist das bergische Kleinod viel zu schade.

Die für das städtebauliche Integrierte Entwicklungs- und Handlungskonzept Burscheid 2025 zuständigen Architekten des Düsseldorfer Büros ASS preisen die Lage des aufgrund verschiedener Umbauten nicht unter den Denkmalschutz fallenden Gebäudes an der Kreuzung Kölner- und Witzheldener Straße als 1-A-Fläche.

Die Zukunft von Haus Heyder liegt im Dunkeln

Noch sei nichts spruchreif, sagt Elfie Meyer, die über die Zukunft ihres Hauses und mögliche Abrisspläne nichts sagen will. ASS schwärmt: „Das Hotel Heyder soll geschlossen und die Liegenschaft verkauft werden. Ein Verkauf der Immobilie bietet die Möglichkeit, einen zentralen, kleinen Platz mit rund 740 Quadratmetern an der Kölner Straße zu entwickeln, der den Hilgenern als Begegnungs- und Aufenthaltsraum zur Verfügung steht.“

Marie-Luise Mettlach hat viel recherchiert und mit Herzblut ein spannendes Stück Regionalgeschichte geschrieben.

Nordwestlich des Platzes schlägt ASS einen SB-Markt mit 1500 Quadratmetern Fläche, 105 Stellplätzen, Wohnungen und Büros vor. Gut, dass die Hilgener gegenüber im Traditionshaus Zur Post die Dorfkirche integriert haben. Eggert Schiffler vom Verein „Hilgen lebt“ trug die Anekdote bei.

Um 1900 herum wollten sich die Neuenhausener mit den Hilgenern zusammentun und eine Kirche bauen. Es wurde lange und letztlich ergebnislos verhandelt. Die Neuenhausener bauten ihre eigene Kirche. Den Hilgenern fehlte dafür das Geld. Wenigstens den Kirchturm wollten sie aber. Den erhielt das Gebäude zur Post.

Auf eine erneute Reise durch die lokale Kneipenkultur geht Marie-Luise Mettlach am Samstag, 30. März, im Alten Bahnhof an der Montanusstraße 15a, ab 19 Uhr. Es gibt ein Drei-Gänge-Menü. Pro Person kostet es 30 Euro, Anmeldungen unter ☎ 02174/ 6639936 oder Mail.reservierung@bahnhof-burscheid.de