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Burscheider SiedlungMieter in Sauers Weiden leben in unhaltbaren Zuständen

Lesezeit 4 Minuten
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SPD-Mann Klaus Becker (links) und Flüchtlingshelfer Matthias Schneider mit der kaputten Heizungsanlage.

Burscheid – Eigentlich ist der Gebäudekomplex in Sauers Weiden unbewohnbar. Doch die Mieterinnen und Mieter der 69 Wohnungen haben kaum Möglichkeiten, umzuziehen. Stattdessen leben sie teils seit Jahren mit Schimmel, Feuchtigkeit oder in Kälte.

Seit Jahren sind die Wohnungen marode

4,50 Euro kostet hier der Quadratmeter, aber die Nebenkosten betragen ein Vielfaches mehr als die Kaltmiete. Der ehrenamtliche Flüchtlingshelfer Matthias Schneider kennt die Bewohner und Bewohnerinnen schon seit einigen Jahren und setzt sich seither für eine Verbesserung der maroden Wohnungen ein. Er kennt die Menschen, die hier leben gut und zeigt die Missstände auf.

In einer Wohnung im 2. Stock ist ein Wasserschaden seit April 2021 nicht behoben. Unten an den Wänden zieht sich ein Streifen Schimmel durch die Zimmer. Die Möbel, die davor stehen, sind auch schon kaputt. Zwischen den Fliesen im Bad quillt Wasser hervor. Die verzweifelte Mieterin hatte die feuchte Luft im Winter „ausgeheizt“, aber dann kam der nächste Schlag: Seit 23. März 2022 funktioniert die Heizung des Hauses nicht mehr. Jetzt erhielt sie die Diagnose Asthma. Im ersten Stock kam das Wasser aus einer Sockelleiste an der Wand. Die ist abgeschlagen worden, die Löcher sind seit vier Wochen offen.

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Die Mieten in Sauers Weiden sind niedrig, doch viele Wohnungen marode.

Im Erdgeschoss schießt hin und wieder das Abwasser aus den Küchenbecken. Die Mieterin dort tröstet sich damit, dass wenigstes das Waschbecken groß genug sei, um das Wasser aufzufangen, bis es wieder abgelaufen ist. Derweil weisen in mehreren Wohnungen die Rohre der Fußbodenheizung diverse Löcher auf, sodass Wasser in die darunterliegenden Einheiten tropft. Die Mieterin im Erdgeschoss berichtet, dass bereits vor drei Jahren Reparaturen an der Fußbodenheizung vorgenommen wurden, das Problem aber nicht gelöst sei.

Mit Lungenentzündung im Krankenhaus

Nebenan wohnt eine Dialysepatientin, die wegen der nun komplett ausgefallenen Heizungsanlage im April eine Lungenentzündung bekam und seitdem im Krankenhaus behandelt wird. Und die Heizungsanlage im Keller verliert so viel Wasser aus ihrem Kreislauf, dass der Boden dauerhaft feucht bedeckt ist. „Bei uns ist nichts gut, alles kalt“, sagt ein Anwohner im Vorbeigehen. Und eben nass.

Die Immobilien gehören der Zentral Boden Immobilien Gruppe (ZBI) mit Sitz in Erlangen, die mehrheitlich zu Union Investment gehört, einer Investmentgesellschaft der Volksbank. Über Matthias Schneider sagt der Burscheider SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Becker, der eine Begehung der Wohnungen begleitete: „Leider kämpft er gegen Windmühlen!“

Weder den Mietern und Mieterinnen noch dem engagierten Flüchtlingshelfer antworte die Immobiliengesellschaft. Auch die ausgewiesene Wartungsfirma der Heizung reagiere nicht ausreichend auf die unzähligen Anrufe der Anwohnenden. Matthias Schneider, der Leiter des Bereichs Heizungs- und Feuerungstechnik an der Universität Aachen war und sich deshalb mit Heizungsanlagen auskennt, schaltete sogar schon das Ordnungsamt ein. Selbst behalfen sich die Mieter und Mieterinnen in den noch kühleren Wochen mit elektrischen Heizlüftern, die teils einen Stromverbrauch in Höhe von 20 Euro pro Tag verursachen – Geld, das in Sauers Weiden keiner hat.

Klaus Becker: „Wir wollen die Sozialwohnungen erhalten“

Der Flüchtlingshelfer befürchtet, dass jetzt, wenn nach 40 Jahren die Bindungsdauer der Anfang der 1980er Jahre gebauten Sozialwohnungen ausläuft, die maroden Gebäude abgerissen und durch Neubauten mit hohen Mieten ersetzt werden. Klaus Becker (SPD) sagt: „Wir wollen die Sozialwohnungen erhalten, wir können sie gar nicht ersetzen.“ Nun müsse der Investor die Heizungsanlage reparieren. „Wir fordern, dass die Menschen bewohnbare Wohnungen bekommen“, sagt Matthias Schneider und wünscht sich eine schnelle verbindliche Zusage, dass die undichten Fußbodenheizungen repariert und Feuchteschäden behoben werden.

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Auf eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ antwortet eine Sprecherin der ZBVV, die die Verwaltungstochter der ZBI ist: „Eine Reparatur der Heizanlage ist derzeit leider nicht möglich, da die notwendigen Ersatzteile aktuell nicht lieferbar sind und zunächst angefertigt werden müssen.“ Die Anfertigung verzögere sich aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges, welche die Lieferung und Beschaffung der Rohstoffe erheblich erschweren. „Ein Angebot für eine neue Anlage liegt uns bereits vor und wird aktuell geprüft.“ Außerdem seien 50 Heizlüfter für die Übergangszeit bestellt worden, die durch den Hausmeister zur Verfügung gestellt worden seien. Auch versichert die Sprecherin: „Sollte die Problematik bis zum Herbst noch nicht gelöst sein, wird hier soweit erforderlich auch ein Hotmobil eingesetzt.“

In Bezug auf die feuchten Stellen in den einzelnen Wohnung seien „verschiedene Fortschritte erreicht, nachdem wir einen Ortstermin am 27. April 2022 für die Besichtigung der Schäden durchgeführt haben.“ Teilweise seien Wasserschäden auch durch Mieter selbst verursacht worden, die demzufolge auch für die Beseitigung verantwortlich wären. In anderen Fällen seien Nacharbeiten bereits terminiert oder Mieter und Mieterinnen nicht erreichbar.